Lichtermeer am Stephansplatz
APA/Georg Hochmuth
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Politik

Tote Ärztin: Stilles Gedenken mit Lichtermeer

Der Tod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr nach Morddrohungen von Impfgegnern hat tiefe Betroffenheit und Bestürzung ausgelöst. Am Montagabend fand am Wiener Stephansplatz eine Mahnwache mit Lichtermeer statt. Tausende Menschen nahmen am berührenden Gedenken teil.

Ab 20.00 Uhr sammelten sich die Menschen am Stephansdom, um 20.45 Uhr läuteten die Glocken und tausende Kerzen wurden entzündet, dazu erstrahlten unzählige Handy-Lichter. Der gesamten Platz vor dem Dom war voll mit Menschen. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung stimmten mehrere Lieder an, darunter das Protestlied „We Shall Overcome“.

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Lichtermeer am Stephansplatz
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Lichtermeer am Stephansplatz
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Lichtermeer am Stephansplatz
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Eine Frau hält eine Kerze in der Hand
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Toni Faber und Daniel Landau
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Eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift „Mehr Schutz für Frauen im Internet und im realen Leben“
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Stephansdom-Glocken läuteten

„Ich glaube, dass gemeinsam Trauern einer Gesellschaft gut tut“, sagte Initiator Daniel Landau der APA. Er kannte Kellermayr persönlich, hatte sie erst Mitte Juli in ihrer Ordination getroffen. Dabei hätten sie auch über den Glauben gesprochen, das sei der Medizinerin wichtig gewesen, schilderte Landau. In Gedenken an die Verstorbene läuteten auch die Glocken des Stephansdoms.

Dompfarrer Toni Faber unterstützt die Initiative, ebenso die Österreichische Ärztekammer. Am Wochenende ging laut Präsident Johannes Steinhart eine Verständigung an alle Wiener Ärztinnen und Ärzte mit der Bitte, an der Gedenkveranstaltung teilzunehmen und so als Ärzteschaft „ein eindrucksvolles Zeichen für Solidarität und gegen Gewalt und Hass“ zu setzen.

Mahnwachen für Ärztin nach Suizid

Weil sich die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr öffentlich für die Impfung gegen das Coronavirus ausgesprochen hat, bekam sie Morddrohungen von Impfgegnern. Monatelang hatte sie Behörden, Ärztekammer und Politik um Hilfe dagegen ersucht. Vor wenigen Tagen hat sie sich das Leben genommen.

Prominente Teilnehmer

Auch Wissenschafter nahmen an der Mahnwache teil, darunter beispielsweise der Molekularbiologe Ulrich Elling. Am Stephansplatz fanden sich unter anderem auch der frühere SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger sowie Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) ein. Auch der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gedachte der toten Ärztin. Gedenkveranstaltungen fanden am Montagabend auch in Linz, Steyr, Wels und Graz statt.

Arzt schloss am Montag seine Ordination

Ein Zeichen setzte am Montag auch der Wiener Arzt Werner-Heinz Kallay. Der Allgemeinmediziner ließ seine Ordination in der Donaustadt am Montag geschlossen. „Ich habe sie schon bevor das ganze begonnen hat, diese Häme und dieser Hass, kennengelernt. Ich habe einen sehr fröhlichen, sehr engagierten Menschen kennengelernt. Innerhalb von ein paar Monaten ist es leider so eskaliert, man konnte richtig sehen, wie sie zunehmen in die Ecke getrieben wird un ihr niemand hilft.“

Er kannte Kellermayr von einer Facebookgruppe, in der sich Ärzte und Ärztinnen in der Pandemie austauschen. Dass Lisa-Maria Kellermayr Häme, Hass und massiven Drohungen ausgesetzt war, macht ihn wütend, sagt der Mediziner. „Das würde ich mir erwarten, dass man einfach den Menschen hilft, die sich so einsetzen. Ist das nicht die ureigenste Aufgabe des Staates, dass die Menschen, die den Staat tragen, für die anderen da sind, dass man ihnen den Rücken stärkt.“

Große Anteilnahme nach Tod von bedrohter Ärztin

Ein Zeichen setzen wollen viele bei einem Lichtermeer am Montagabend beim Stephansdom für die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die am Freitag durch Suizid gestorben ist. Sie ist monatelang von Impfgegnern und CoV-Leugnern massiv bedroht worden. Ein Zeichen setzen möchte auch ein Arzt aus Wien, der die engagierte Ärztin kannte. Er hat seine Ordination für einen Tag geschlossen.

Hilfe in Notsituationen

Berichte über Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.