Bäume im städtischen Raum haben es nicht leicht: Ihr Wurzelraum ist eingeengt, der Boden versiegelt, und Wiesen saugen ihnen in Parks Regen und Nährstoffe weg. Asphalt, Randsteine und Häuserfassaden heizen sich extrem auf und erreichen oft 50 bis 60, in manchen Fällen sogar 80 Grad. Eiweiß gerinnt bei 42 Grad Celsius, auch bei Bäumen. Das führt dazu, dass Äste, Asttriebe und Blätter abfallen und Jungbäume sterben.
Viele Tiefwurzler in Wien
Der Terminaltrieb – jener Teil eines Baumes, der die Wuchsrichtung bestimmt – fängt bei manchen Bäumen an, einzuziehen. Laut Baumchirurg Manfred Saller ist das ein beunruhigendes Zeichen: „Wenn das passiert, weiß man, dem Baum geht es extrem schlecht.“ Die Trockenheit und Hitze bereitet den Bäumen Schwierigkeiten, Wien hat jedoch einen Vorteil: Viele Bäume der Stadt sind Tiefwurzler.

Buchen, Eichen, Kastanienbäume, Linden und Kiefern können sich mit ihren langen Wurzeln Wasser aus der Tiefe holen. Fichten, die es in Wien kaum gibt, breiten ihr Wurzelwerk hingegen in den obersten 15 bis 20 Zentimetern der Erde aus, wo es momentan kein Wasser gibt und das Überleben schwierig ist.
Altern durch Trockenheit
Neben der sommerlichen Hitze sorgt die geringe Schneemenge des vergangenen Winters für zusätzliche Trockenheit im Grünen. Wiener Forstdirektor Andreas Januskovecz beschreibt das Problem: „Die Bäume brauchen die Winterfeuchtigkeit aber, wenn sie im Frühjahr zu wachsen beginnen und die Blätter austreiben.“
Laut Baumchirurg Saller halte ein Baum Trockenerscheinungen von zirka drei Wochen aus, das Andauern der Trockenheit über zwei bis drei Monate stelle jedoch ein großes Problem dar. Eine mögliche Folge sei vorzeitiges Altern: „Es gibt eigentlich tausendjährige Linden. In der Stadt werden sie aber nur noch 60 bis 65 Jahre alt“, sagt Saller.
Weil Bäume theoretisch sehr alt werden können, muss bei Neubepflanzungen weit vorausgeschaut werden. Wien setzt dabei auf klimaresistente und südländische Arten, die den Hitzestress besonders gut aushalten. Für die Stadt sei besonders der Zürgelbaum und verschiedene südeuropäische Baumarten gut geeignet, in Wäldern würden verstärkt Linden, Eichen und Buchen gepflanzt, sagt Forstdirektor Januskovecz.

Das Umfeld zählt
Saller begrüßt das Pflanzen resistenterer Sorten, das Begrünen von Fassaden und das vermehrte Einsetzen von Hecken, die mit ihrer größeren Laubmasse und dem kleineren Laub mehr Kühlpotential haben, betont aber die Wichtigkeit des Umfelds eines Baumes: „Man muss dem Baum mehr Wurzelraum lassen, mehr offenen Boden und Nährstoffe geben und die Wassergabe erhöhen“, so Saller.
Die Bäume werden durch die Stadt Wien sowie von privaten Bewohnerinnen und Bewohnern gegossen, zudem gibt es in Wien das sogenannte Schwammstadtprinzip: Es werde das Substrat unterhalb der Bäume so angepasst, dass es – wie ein Schwamm – besonders viel Wasser halten kann, erklärt Januskovecz.
Während viele Bäume um Wien herum dank ihrer Wurzeln für die Trockenheit gerüstet wären, kann ein unvorsichtiger Mensch schnell zur Gefahr werden. „Wir haben ein Feuerverbot im Wald ausgerufen“, sagt Forstdirektor Januskovecz. „Es genügt eine Zigarette, um einen Waldbrand auszulösen. Es reicht, wenn man mit einem heißen Autokatalysator in der Wiese steht, um einen Wiesenbrand auszulösen.“ Er appelliert an Hausverstand und Logik, kein Feuer in Waldnähe zu entzünden.