Das Wiener Kanalnetz ist darauf ausgelegt, Regenwasser mehr oder weniger sofort abzutransportieren. Gut 90 Prozent der Kanalkapazitäten werden für Regenwasser genutzt, die restlichen zehn Prozent für Abwasser. Dabei ist das Regenwasser meist weitgehend sauber und wird umsonst unter ganz Wien hindurch bis in die Kläranlage gepumpt. Das kostet Geld und Energie.
Besser wäre es, das Regenwasser vor Ort im Boden zu speichern, wo es später verdunsten kann und somit die Hitzeinseln der Stadt kühlt. Christian Härtel, Leiter für räumliche Entwicklung bei der Umweltschutzabteilung der Stadt Wien, ergänzt: „Zudem versorgt das Regenwasser so die Vegetation und man muss zum Gießen nicht mehr ganz auf Trinkwasser setzen. Auch dem Grundwasser kommt es zugute.“ Genau das passiert in der Natur, wo der Boden nicht versiegelt ist und Regenwasser nicht sofort abfließt.
Vor Ort verdunsten
In der Natur dürfen rund 80 Prozent des Regenwassers dort verdunsten, wo der Regen fällt. In der Stadt sind es wegen der weitgehenden Bodenversiegelung nur etwa fünf Prozent. Durch „nachhaltiges Regenwassermanagement“, wie es die Wiener Umweltschutzabteilung nennt, versucht die Stadt, diesen Vorgang umzudrehen und auch in Siedlungsgebieten mehr Wasser lokal zurückzuhalten.
In Pilotprojekten wurden über die vergangenen Jahre Dachbegrünung, Sickergruben, Grünflächen oder das Schwammstadtprinzip getestet. Regenwasser wird hier zugeleitet und bleibt an Ort und Stelle, sei es in der Erde, in Teichen oder Speicherbecken. Noch gibt es keine großflächige Offensive für diese Maßnahmen, die Anzahl der Projekte nehme jedoch zu, so Härtel.
Das lokale Speichern entlastet außerdem das Kanalnetz, für das unregelmäßiger und heftiger Niederschlag zum Problem werden kann. Es gibt deswegen bereits Regenwasserspeicher in der Stadt, die dienen aber eher dazu, Regenwasser bei extrem starkem Niederschlag kurz zurückzuhalten, um es dann verzögert in die Kanäle zu leiten – nicht dazu, es weiter zu nutzen.
Vorsicht bei verschmutztem Regenwasser
Härtel macht auf Supermarktparkplätze aufmerksam, auf denen Regenwasser kaum genutzt wird. Er schlägt kleine Grünflächen vor, auf die das Regenwasser geleitet wird, um dort zu versickern. An stark befahrenen Orten ist jedoch Vorsicht angebracht, da das verschmutzte Regenwasser Schadstoffe im Boden hinterlässt.
Hier könne man ein- bis zweijährige Stauden oder Gräser einsetzen, so Härtel. „Sollte der Nährboden dann nach zehn bis 20 Jahren zu viele Schadstoffe angesammelt haben, kann man ihn nach einer Bodenprobe auswechseln“, erklärt Härtel. Im Winter müsse man im Regenwassermanagement aber sowieso auf die Kanalisation zurückgreifen, weil das Regenwasser sich mit dem Salz auf den Straßen mische und so den Pflanzen schade.
Der vergangene Monat zählt zu den 20 trockensten Julis der Messgeschichte. Der Klimawandel führt zu heißen, trockenen Sommern und plötzlichen Starkregenereignissen. Heiße Luft nimmt mehr Wasser auf, und die Hitze zieht viel Wasser durch Verdunstung aus dem Boden. „Gerade in einem Sommer mit so wenig Niederschlag muss man möglichst jeden Tropfen zurückhalten, also speichern“, so Härtel.