Epidemiologe Gerald Gartlehner
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Coronavirus

Gartlehner für „Stichproben“ bei CoV-Tests

Die CoV-Infektionszahlen geben aufgrund der niedrigen Testzahlen laut Expertinnen und Experten kaum noch Aufschluss über die aktuelle CoV-Lage. Laut Abwasseranalysen sinken die CoV-Zahlen in Wien. Der Epidemiologie Gerald Gartlehner fordert nun aber „Stichproben“ in der Bevölkerung zu nehmen.

Die Bevölkerung testet immer weniger. Die täglich eingemeldeten CoV-Zahlen seien deshalb „kaum noch aussagekräftig“, kritisieren Expertinnen und Experten. „Wir haben einfach keinen Tachometer mehr sozusagen, wo wir an den Fallzahlen sehen, ob das jetzt schneller oder langsamer geworden ist“, sagte etwa der Komplexitätsforscher Peter Klimek jüngst in der ZIB2.

Die Zahl der gemeldeten infizierten Personen ist in Wien seit dem vergangenen Monat von 46.202 (Stand: 10. Juli) auf 28.337 (Stand: 11. August) gesunken. Die Zahl der täglich durchgeführten Tests schwankt zwischen 30.000 und 60.000 – zuletzt waren es 45.000.

Epidemiologe für Stichproben

Gerald Gartlehner, Epidemiologe der Donau-Uni Krems, ist zu Gast im Studio und spricht über die aktuelle CoV-Lage in Wien. In Wien ist die Zahl der gemeldeten infizierten Personen seit dem vergangenen Monat von 46.202 auf 29.251 gesunken. Laut Experten geben die aktuellen Zahlen jedoch keinen genauen Überblick über die aktuelle Lage.

„Sollten wie in anderen Ländern auch Stichproben nehmen“

Eine wirkliche Einschätzung der Lage sei derzeit nicht möglich, sagte auch Gartlehner. „Was man aber sagen muss: Es sollte nicht daran liegen, wie viel sich die Bevölkerung testet, dass wir das einschätzen können, sondern man sollte wie in anderen Ländern auch Stichproben nehmen, um das wirklich besser einschätzen zu können. Und das passiert eben in Österreich leider nicht“, kritisierte Gartlehner im „Wien heute“-Studiogespräch. Warum keine Stichproben genommen würden, wisse er nicht.

„Abwasserdaten bestätigen, dass es heruntergeht“

Zur Erhebung der CoV-Lage bleibt damit derzeit vor allem die Abwasseranalyse. Dreimal in der Woche werden in Wien aus dem Abwasser von Haushalten und Betrieben Wasserproben genommen. „Wenn man konkret Wien anschaut, da gehen die Testzahlen runter und die Abwasserdaten bestätigen, dass es auch hier heruntergeht“, sagt Norbert Kreuzinger vom Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement der TU Wien gegenüber „Wien heute“. Das sei seit etwa zwei Wochen zu beobachten.

Coronavirus-Zahlen sinken laut Abwasseranalyse

In Wien ist die Zahl der gemeldeten infizierten Personen seit dem vergangenen Monat von 46.202 auf 29.251 gesunken. In den Spitälern ist der im Juli prognostizierte starke Anstieg ausgeblieben. Laut Experten geben die aktuellen Zahlen jedoch keinen genauen Überblick über die aktuelle Lage.

Neue Variante Centaurus in einzelnen Kläranlagen

Dennoch gibt es auch hier Unschärfen, denn viele Wienerinnen und Wiener sind derzeit auf Urlaub. „Wir sehen allein an der Abwassermenge die anfällt, sehr, sehr niedrige Werte heuer, das ist nicht aufgrund des Wetters oder der Niederschläge, sondern das ist auch der Mobilität geschuldet. Und da wird es dann in dem sehr niedrigen Bereich methodisch ein bisschen schwierig, die Daten so solide zu haben wie unter dem Jahr“, so Kreuzinger.

Die CoV-Varianten betreffend, sind die Omikron-Subtypen BA.4/BA.5 nun in Wien vorherrschend. „Und jetzt gibt es bereits Beobachtungen in einzelnen Kläranlagen, wo BA.275 auftaucht“, so Kreuzinger und „auch möglicherweise eine stärkere Bedeutung erlangen kann“.

Spitäler nicht an Belastungsgrenze

In den Spitälern ist der im Juli prognostizierte starke Anstieg bisher ausgeblieben. Die Kliniken stoßen derzeit nicht an ihre Belastungsgrenzen. Die Lage, vor allem auf den Normalstationen, sei aber angespannt, heißt es vom Gesundheitsverbund. Das liegt daran, dass nach wie vor viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenstand oder auf Urlaub seien. Zumindest für den Istzustand im August kann mit Abwasseranalysen und Spitalsbelegung ein Trend abgelesen werden. Prognosen für den Herbst daraus abzuleiten, ist laut Expertinnen und Experten aber kaum möglich.

Dass die Spitäler im Herbst an die Belastungsgrenze kommen, glaubt Gartlehner nicht. „Omikron ist ja deutlich weniger krankmachend als die vorherigen Varianten. Und die Spitäler sind derzeit bei Weitem nicht ausgelastet. Gott sei Dank“, so der Epidemiologe.

Im Winter könnte die Situation dann aber anders aussehen und auch die Maskenpflicht wieder eingeführt werden. „Es könnte dann natürlich im Winter schon die Gefahr sein, dass wenn Grippe und eine Omikron-Welle zusammenkommen, dass die Spitäler wirklich überlastet werden. Und die Maske schützt eben vor Grippe und vor Corona“, so Gartlehner.