Ein Kind lernt
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Bildung

Nachhilfeboom vor Schulstart

In drei Wochen beginnt in Wien wieder die Schule. Für die Nachhilfeinstitute der Stadt ist jetzt Hochsaison. Durch die Bank wird heuer eine deutlich höhere Nachfrage gemeldet: Die Pandemie mit Homeschooling habe zu Wissenslücken geführt, heißt es.

Allein im Juli gab es ein Plus von 25 Prozent bei den Anmeldungen zu den Nachhilfekursen, sagte Angela Schmidt vom Lernquadrat – und zwar im Vergleich mit 2019, dem Jahr vor der Pandemie. Für Schmidt ist auch ganz klar die Pandemie schuld daran, dass jetzt verstärkt Nachhilfe gebraucht wird: „Wir spüren einfach diese Wissenslücken, die die Schülerinnen und Schüler sich in den Corona-Jahren aufgebaut haben. Die kommen jetzt zum Vorschein.“

Das Ziel: Ein möglicherweise verkorkstes Schuljahr 2021/22 mit einer Nachprüfung zu retten. Oder sich zumindest gut auf das kommende Schuljahr vorbereiten. Doch die Wartezeiten bei den Nachhilfeinstituten sind mitunter lang, wie Martina Polleres-Hyll erzählte. Sie leitet die Caritas-Lerncafes in Wien. „Es ist so, dass die Eltern, die Mütter, die Väter, die Kinder sogar bei uns vor der Tür stehen und um einen freien Platz bitten.“

Einschränkungen durch Ressourcenmangel

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei das eine belastende Situation, so Polleres-Hyll. „Natürlich würden wir gerne so viele Kinder wie möglich aufnehmen. Aber wir sind gewissen Ressourceneinschränkungen unterworfen.“ Man wolle mit einem guten Betreuungsschlüssel arbeiten, um auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen zu können. Daher sei die Zahl limitiert. Die Caritas ist allerdings auf der Suche nach neuen Unterstützerinnen und Unterstützern, um künftig mehr Plätze in ihren Lerncafes anbieten zu können.

Nachhilfe: Zu große Nachfrage vor Schulstart

In drei Wochen beginnt in Wien wieder die Schule. Für die Nachhilfeinstitute der Stadt ist jetzt Hochsaison. Durch die Bank wird heuer eine deutlich höhere Nachfrage gemeldet: Die Pandemie mit Homeschooling habe zu Wissenslücken geführt, heißt es.

Die Arbeiterkammer (AK) Wien hat mit ihrem Nachhilfebarometer berechnet, dass im Jahr 2022 mehr als ein Viertel aller Schülerinnen und Schüler Nachhilfe benötigen. Im Jahr davor – einem Jahr mit sehr viel Fernunterricht und Schichtbetrieb in den Schulen – lag dieser Wert noch bei 37 Prozent.

Run auf Gratisangebote

Doch dafür kommen jetzt andere Probleme zutage. Besonders die Nachfrage nach Gratisnachhilfe steigt, weil die Kosten im Alltag steigen. „Die Leute haben einfach immer weniger im Geldbörsel, und es ist immer weniger Geld dafür da, um es in Nachhilfe zu stecken. Das heißt, auch da merken wir einfach, dass die Anfragen mehr werden“, sagte Polleres-Hyll.

Wer noch spontan nach einem Platz für die Kinder sucht, wird am ehesten bei der Lernhilfe der Stadt mit 19 Sommerlernstationen in Volkshochschulen fündig. Dort gibt es laut Stadt noch Restplätze. Die Lerntafel mit rund 400 Plätzen ist komplett ausgebucht. Im Herbst werden erstmals auch Elternkurse angeboten.

Im Studio: Bildungsexpertin Heidi Schrodt

Bildungsexpertin Heidi Schrodt erklärt, was es braucht, damit Kinder und Jugendliche Nichtgelerntes aufholen können.

Mittel an Schulen gerechter zuteilen

„Wir lassen genau die Kinder zurück, die es am meisten brauchen würden“, erklärte Bildungsexpertin Heide Schrodt angesichts der großen Nachfrage nach Gratis-Nachhilfe. Es sei ein erschreckender Zustandsbericht, aber nicht überraschend, so die Vorsitzende der Bildungsinitiative "BildungGrenzenlos“. Sie plädiert unter anderem dafür, die Mittel an Schulen gerechter zuzuteilen. Damit jene Schulen, die es brauchen, entsprechend mehr Mittel bekämen, um etwa Kinder gezielt zu fördern.