Selim Aslan
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Politik

Keine Staatsbürgerschaft für Ex-Professor

Seit 35 Jahren ist Selim Aslan regelmäßig in Wien. Der Veterinärmediziner kam 1987 zum Forschen und Lehren an die Veterinärmedizinische Universität und blieb seither. Er hat eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, eine Staatsbürgerschaft bleibt ihm aber verwehrt.

Auf Einladung der Österreichischen Agentur für Bildung und Internationalisierung (ÖAD) kam Aslan nach Wien. Er bekam ein Stipendium, um seine Doktorarbeit zum Thema „Die Auswirkung verschiedener Behandlungen während der Periode auf die Fruchtbarkeit von Kühen“ an der Vetmeduni zu absolvieren. Dabei lernte er seine künftige Frau kennen und lieben.

Wunsch nach „Familie Österreich“

Seine Hauptanstellung hatte an der Universität in Ankara, zusätzlich war er Gastprofessor an der Klinik für Geburtshilfe und Gynäkologie der Vetmeduni. Aufgrund seiner Frau, die Lehrerin an einer Wiener Schule ist, verlegte er seinen Wohnort nach Wien. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn und lebt in einer Wohnung in Liesing.

Selim Aslan
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Aslan veröffentlichte wissenschaftliche Beiträge in Deutsch, Englisch und Türkisch

Nach seiner Pensionierung beschloss Aslan, dass er doch noch um die Staatsbürgerschaft ansuchen will. Lange spielte für ihn seine Staatszugehörigkeit – er ist Türke – keine Rolle. Mehr Verbundenheit hat er aber zu Österreich, wie er „Wien heute“ erzählt. „Wenn ich das Land nicht lieben würde, wieso soll ich dann die Staatsbürgerschaft beantragen? Ich meine, ich habe einen Daueraufenthaltstitel. Aber ich möchte Mitglied dieser Familie, Mitglied in Österreich sein.“

Keine Staatsbürgerschaft für Ex-Professor

Seit 35 Jahren ist Selim Aslan regelmäßig in Wien. Der Veterinärmediziner kam 1987 zum Forschen und Lehren an die Veterinärmedizinische Universität und blieb seither. Er hat eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, eine Staatsbürgerschaft bleibt ihm aber verwehrt.

Zu oft auf Forschungsreisen

Er sei pensioniert, brauche keinen Arbeitsplatz und für sein weiteres Leben sei gesorgt. Doch sein Antrag auf Staatsbürgerschaft wurde von der MA 35 abgelehnt, wie der „Falter“ berichtet. Er war in den vergangenen Jahren zu oft im Ausland – auf Forschungsaufenthalten und Kongressen. Georg Hufgard-Leitner, Abteilungsleiter der MA 35, erklärt: „Wer die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten möchte, muss sich in der anspruchsberechtigenden Zeit mindestens zu 80 Prozent im Bundesgebiet aufgehalten haben. Das umfasst auch Dienstreisen, Urlaube und so weiter.“

Aslan kam laut eigener Berechnung, die er der MA 35 vorlegte, in den letzten zehn Jahren auf 954 Tage außerhalb Österreichs. Hingegen war er 1.263 Tage in Österreich. Es käme immer wieder dazu, dass Antragstellerinnen und Antragsteller deshalb keine österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, so Hufgard-Leitner. So sei es etwa für Reiseleiterinnen und Reiseleiter fast unmöglich, weil sie so oft im Ausland sind. Geregelt ist das in einem Bundesgesetz. Der Stadt seien die Hände gebunden.

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Auch in der Schweiz und in Deutschland forschte er

Ruf nach Reformen

Wie sich die Betroffenen fühlen, zählt nicht. Aslan bejaht die Frage, ob er sich als Österreicher fühlt. Seine gesamte Familie, engsten Freunde und seine Wohnung seien in Wien – sein größter wissenschaftlicher Förderer kam von der Vetmeduni. Aus dem Büro von Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) wird der Ruf nach einer Gesetzesreform laut. „Es ist völlig absurd, dass ein zu langer Aufenthalt im Ausland ein Grund für einen negativen Bescheid ist. Das ist in einem Europa im Jahr 2022 einfach nicht tragbar und gehört abgeschafft.“

Die Reform könne aber nur auf Bundesebene passieren. Im zuständigen Bundesministerium für Inneres verweist man auf Nachfrage an die Parlamentsfraktionen der Regierungsparteien. Bei denen hatte es in der Vergangenheit deutliche Unterschiede gegeben. Die Grünen traten für eine einfacheren Zugang zur Staatsbürgerschaft, die ÖVP ist klar dagegen.

Aslan nimmt es mit Humor. „Manchmal sage ich mir, wenn ich ein Fußballer wäre, ein mittelmäßiger Fußballer wäre und kein Tor schießen würde, würde ich vielleicht die Staatsbürgerschaft bekommen.“ Ob er nochmal den Antrag stellen wird, weiß er noch nicht. Spätestens wenn er eines Tages in Liesing beerdigt werde, sagt er, sei er sowieso Österreicher.