Sarg von Lotte Ingrisch
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Abschied von Lotte Ingrisch

Wien hat Abschied von Lotte Ingrisch genommen: Die Schriftstellerin war vor knapp einem Monat im Alter von 92 Jahren verstorben. Am Vormittag wurde sie am Hietzinger Friedhof aufgebahrt, die Bevölkerung konnte sich in ein Kondolenzbuch eintragen.

Die Aufbahrung fand bis 12.00 Uhr statt. Für die Öffentlichkeit bestand die Möglichkeit, Abschied zu nehmen und sich in das Kondolenzbuch einzutragen. Die Beisetzung in das Familiengrab erfolgt unter Ausschluss der Öffentlichkeit in aller Stille.

Spezialistin für das Leben nach dem Tod

Am Abend des 24. Juli starb Lotte Ingrisch, kurz nach ihrem 92. Geburtstag, an den Folgen eines Sturzes. Die Witwe von Komponist Gottfried von Einem war Spezialistin für das Leben nach dem Tod und hat mehrmals für Aufregung gesorgt: 1980 mit der mit von Einem konzipierten Mysterien-Oper „Jesu Hochzeit“ wegen blasphemischer Textstellen.

Das „gotteslästerliche Libretto“ war laut Franz Fuchs auch der Grund, warum der Attentäter 1996 eine Briefbombe an die Verfasserin schickte – allerdings irrtümlich an eine alte Adresse. 1988 sorgte sie mit dem „Donnerstagebuch“ für Aufsehen. Die Zeilen soll ihr der verstorbene Wiener Stadtrat Jörg Mauthe aus dem Jenseits diktiert haben.

Wollte Menschen die Angst vor dem Tod nehmen

Ingrisch wurde 1930 in Wien als Charlotte Gruber geboren. Von 1949 bis 1965 war sie mit dem Philosophen Hugo Ingrisch verheiratet und veröffentlichte in dieser Zeit unter dem Pseudonym Tessa Tüvari drei Unterhaltungsromane. Größeren Publikumserfolg erzielte sie mit ihren eingängigen Theaterstücken, meist Einaktern, darunter „Damenbekanntschaften“ und die im Akademietheater aufgeführten „Vanillekipferln“. Mitte der 60er Jahre lernte sie Gottfried von Einem kennen, den sie 1966 heiratete.

1993 gründete die Grenzgängerin eine „Schule der Unsterblichkeit“, um den Menschen die Angst vor dem Tod zu nehmen: „Sterben für Anfänger“, „Sterben für Fortgeschrittene“ und „Gespenster-Knigge“ lauten Auszüge aus dem Kursprogramm. Ingrisch unterhielt sich laut eigenen Angaben nicht nur mit Hexen, Hausgeistern, Feen und Engeln, sondern auch mit ihrem 1996 verstorbenen Mann.