Kontrollen der Polizei
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Chronik

Polizei verliert Personal

Die angespannte Personalsituation bei der Wiener Polizei verschärft sich weiter. Einerseits findet sich nur schwer Nachwuchs, andererseits quittieren fertig ausgebildete Beamte und Polizeischüler zunehmend ihren Job. Gründe sind laut Gewerkschaft unter anderem die Bezahlung und die Zahl an Überstunden.

Im Vorjahr sind in Wien rund 40 Polizistinnen und Polizisten aus dem Exekutivdienst ausgetreten. In diesem Jahr sind es laut Innenministerium schon „rund 35“. Dazu kommen noch die Polizeischülerinnen und -schüler, die ihre Ausbildung abbrechen. In Wien haben im Jahr 2020 rund 90 Schülerinnen und Schüler die Ausbildung vorzeitig verlassen, im Jahr 2021 waren es rund 120. Und in diesem Jahr sind es schon rund 90 Schülerinnen und Schüler.

„Drop-out-Quoten heute viel höher“

Die Entwicklung beobachtet auch der ÖVP-nahe Gewerkschafter Gerhard Zauner von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). „Es betrifft vereinzelt durchaus auch ältere Kollegen, aber die große Masse sind in erster Linie jüngere Kolleginnen und Kollegen.“ Die Gründe sind laut Zauner vielfältig, „der Hauptgrund sind die schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen in Wien Dienst zu versehen ist, insbesondere die massiven Überstundenleistungen“. Mehr als zwei Millionen waren es bei der Wiener Polizei im Vorjahr.

Auch der SPÖ-nahe Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger von der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) beobachtet die Entwicklung mit Sorge. „Es ist ganz einfach so, dass die Drop-out-Quoten heute viel höher sind als noch vor einigen Jahren.“ Auch er sieht dafür „breit gefächerte Gründe“.

Die jüngeren Kolleginnen und Kollegen würden etwa merken, dass „die Wertschätzung der Polizei in der Öffentlichkeit irgendwie gesunken ist und dass es immer mehr verletzte Beamte gibt“, sagte Greylinger. Außerdem gebe es „keine wirkliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ und „keinen wirklichen Ausgleich von Belastung und Entlastung“. Und auch das Gehaltssystem kritisierte Greylinger als veraltet.

Gewerkschafter für Besoldungsreform

Aus dem Innenministerium hieß es dazu auf Anfrage, dass „beim Großteil der Dienstaustritte als Grund ‚Private Gründe‘ angegeben“ werden. Außerdem verwies ein Sprecher bei den Austritten an der Polizeischule darauf, dass eben „einige ihre Lernziele nicht erreichen und dann beschließen aufzuhören“. Überhaupt gebe es „ein sehr breites Feld, warum jemand diese Ausbildung vorzeitig beendet und austritt. Wir sprechen hier von rund 20 Prozent Austrittsquote.“

Beide Gewerkschafter fordern angesichts der steigenden Zahlen das Innenministerium zum Handeln auf, damit die Abgänge wieder weniger werden. „Wir brauchen einen Ausgleich zwischen Belastung und Entlastung. Wir brauchen eine Besoldungsreform, die weggeht von einem rein zulagenlastigen System. Wir müssen die Leute bei den Überstunden entlasten“, forderte Greylinger.

Problem auch in Vorarlberg

Das Problem mit den Abgängen hat derzeit nicht nur die Wiener Polizei. Auch bei der Vorarlberger Polizei wird die Personaldecke immer dünner. Im laufenden Jahr haben dort bereits 40 Polizistinnen und Polizisten ihren Dienst quittiert, darunter auch Polizeischüler – mehr dazu in Vorarlberger Polizei laufen Mitarbeiter davon.

Und die Abgänge heizen die ohnehin angespannte Personalsituation bei der Polizei zusätzlich an, denn es werden händeringend neue Bewerberinnen und Bewerber gesucht. So ist in Wien noch nicht gewiss, ob alle 392 Planstellen, die genehmigt wurden, bis Jahresende mit neuen Polizeischülerinnen und -schülern auch besetzt werden können.