Gerhard Pürstl
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Politik

Keine Entschuldigung nach Polizeiseminar

Wiens Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl hat eine vom ukrainischen Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, geforderte Entschuldigung für ein umstrittenes Ukraine-Seminar der Wiener Polizei verweigert und Chymynez selbst schlechte Informiertheit vorgehalten.

„Ich bedauere, sehr geehrter Herr Botschafter, dass Sie in dieser Angelegenheit leider missverständliche Informationen erhalten haben dürften“, heißt es in einem der APA vorliegenden Brief Pürstls vom 17. August.

In seinem Schreiben, in dem er auf einen Brief des ukrainischen Botschafters vom 4. August reagierte, vermied der Polizeichef inhaltliche Kritik an Aussagen von zwei Expertinnen und einem Experten, die der kremlloyale „Koordinationsrat der Organisation russischer Landsleute“ (KSORS) für ein internes Ukraine-Seminar der Wiener Polizei nominiert hatte – mehr dazu in Ukraine-Protest nach Polizeiseminar.

„Kriminalpräventive Veranstaltung“

„Die Informationsveranstaltung, die den Dialog mit den in Österreich lebenden Menschen sucht, sollte im Rahmen der in Österreich geltenden Meinungsfreiheit ihre Sichtweisen subjektiv darstellen“, erläuterte Pürstl.

In seinem Schreiben wiederholte der Landespolizeipräsident zudem die Thesen einer Presseerklärung seiner Behörde vom 3. August: Die Veranstaltung habe im Zuge der kriminalpräventiven Veranstaltungsreihe „Sicherheit und Polizei“ stattgefunden. Hier würden Fremde aufgeklärt und informiert, die Kompetenz von Polizistinnen und Polizisten erweitert sowie die Kommunikation zwischen gesellschaftlichen Gruppen in Österreich gefördert, informierte er.

Bereits zuvor seien von der Wiener Polizei Syrien, Irak, Afghanistan und der arabische Raum ebenso „mehrperspektivisch“ beleuchtet worden. Die Experten der Veranstaltung zur Ukraine seien dementsprechend ausgewählt worden und stammten aus den Bereichen der öffentlichen Verwaltung, Bildung sowie der Leben- und Sozialberatung.

„Rechtfertigungen für Kriegsverbrechen“ bei Seminar

Pürstl erinnerte daran, dass Bundespolizeidirektor Michael Takacs in seinem Gespräch mit dem ukrainischen Botschafter darlegen habe können, dass das auf Facebook von der russischen Organisation veröffentlichte Video der Polizeiveranstaltung bereits gelöscht worden sei.

Chymynez selbst hatte am 4. August an Pürstl schriftlich das „Erstaunen und Entsetzen“ der ukrainischen Botschaft darüber zum Ausdruck gebracht, dass „in der Landespolizeidirektion Wien eine Gruppe von prorussischen Aktivisten ihre menschenfeindlichen, verzerrten und höchst manipulativen Argumentation“ habe verbreiten können.

„Dabei wurden auch ‚Rechtfertigungen‘ für Kriegsverbrechen und Gräueltaten, die vom russischen Militär gegen das ukrainische Volk verübt wurden, präsentiert“, hatte der Botschafter geklagt und von der Notwendigkeit einer öffentlichen Entschuldigung seitens der Landespolizeidirektion Wien geschrieben. Damit sollte laut dem Ukrainer vermieden werden, dass die Wiener Polizei selbst in die Geiselhaft der russischen Propaganda gerate.

Einleitung von Schritten von Bundespolizeidirektor

Auf APA-Nachfrage zum Schreiben Pürstls an Chymynez erinnerte die Pressestelle der Landespolizeidirektion Wien am Mittwoch lapidar an eine vergangene Erklärung, in der der persönliche Charakter dieser Antwort betont worden war. Auf dieselbe Erklärung verwies gegenüber der APA am Donnerstag auch ein Sprecher des Innenministeriums, der gefragt worden war, ob Pürstls Antwort an den Botschafter mit Bundespolizeidirektor Takacs akkordiert worden ist.

Chymynez selbst hatte nach einem „sehr konstruktiven Gespräch“ mit Takacs gegenüber der APA erklärt, dass Letzterer in Bezug auf die Veranstaltung die Einleitung von Schritten angekündigt habe, damit „so etwas“ in Zukunft nicht mehr passieren werde.