Zwischen altehrwürdigen Gebäuden befindet sich eine U-Bahn-Baustelle.
ORF/ Hélena Gugerell
ORF/ Hélena Gugerell
Wirtschaft

U-Bahn-Bau vertreibt Kunden und Gäste

Bagger, Absperrungen und Baugruben: So sieht es aktuell bei der U-Bahn-Baustelle im Siebensternviertel aus. Seit Baubeginn sehen sich die umliegenden Unternehmen mit Herausforderungen wie Schmutz und Lärm konfrontiert.

Bei der Kreuzung Kirchengasse/Lindengasse wird seit April 2021 die U-Bahn-Station Neubaugasse ausgebaut. Von Anfang an waren seitens der Unternehmerinnen und Unternehmer die Sorgen um finanzielle Einbußen groß – so auch bei Stephan Klein, dem Obmann der Interessensgemeinschaft der Kaufleute im Siebenten.

Klein erzählt, wie er anfangs von der Baustelle erfuhr: „Man hat uns vor Baubeginn gesagt, dass wir mit 80 Prozent weniger Frequenz rechnen müssen. Aber es war dann doch nicht so schlimm.“ Für das Babyausstattungsgeschäft Herr und Frau Klein Wien, das er gemeinsam mit seiner Ehefrau leitet, lagen die Umsatzeinbußen bei höchstens 40 Prozent. Trotz der Bauarbeiten habe das Unternehmen noch niemanden von seinen rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entlassen müssen.

Unternehmen unterschiedlich stark betroffen

Im Restaurant Figar habe man hingegen laut Kellner Benedikt Öllinger die Hälfte des Personals gekündigt. Seit Baubeginn hat das Restaurant nämlich seine Öffnungszeiten verkürzt, da vor allem in der warmen Jahreszeit weniger Gäste kommen. „Im Sommer wollen die Leute draußen sitzen, aber bei uns gibt es leider keinen Schanigarten. Im Winter sitzen die Leute dann eh drinnen und der Baustellenlärm ist auch eher mit geschlossener Tür auszuhalten. Das ist auf jeden Fall besser“, so Öllinger.

Ein Bagger steht auf der Baustelle.
ORF/ Hélena Gugerell
Wo sonst Touristinnen und Touristen schlendern, wird momentan die U-Bahn-Station Neubaugasse ausgebaut

Auch die Stickdesignerin Alexandra Stadler verzeichnete Umsatzeinbußen von rund zwei Dritteln, da es keine Laufkundschaft mehr gibt: „Natürlich kämpfe ich sehr. Ich musste die letzten Monate schon Erspartes dazugeben. Ich weiß nicht, ob ich den Winter überstehe“, so Stadler. Obwohl es Förderungen von der Stadt Wien gibt, sei für sie ein großes Problem, dass man oft die Dinge zuerst finanzieren müsse und erst danach um Fördergelder anfragen könne.

Hohe Belastung durch Schmutz und Lärm

Vor allem in der ersten Zeit, wo Pfahlbohrarbeiten durchgeführt wurden, war der Baustellenlärm für die Lokale und Shops belastend. Öllinger erinnert sich: „Mittlerweile ist es in Ordnung. Es gab auch Zeiten, da hat man auf der Baustelle in die Erde gebohrt. Da haben wirklich die Gläser gewackelt, und die Gäste sind deswegen auch wieder gegangen.“

Die Eingangstür von Stadlers Shop ist diesen Sommer immer geschlossen. Früher sei sie offen gewesen. Aufgrund des Baustellenlärms und des hohen Staubvorkommens sei das nicht mehr möglich. „Das ist fatal für mein Geschäft: Die Leute haben eh schon Hemmungen, bei kleinen Shops reinzugehen, und eine geschlossene Tür ist einfach nicht einladend“, so Stadler.

Laut Klein ist zudem die Schmutzbelastung eine Herausforderung: Mittlerweile habe ihm die vierte Putzkraft gekündigt, da die Putzarbeit wegen der Baustelle schwer zu stemmen wäre. Von der WKO gebe es zwar alle paar Wochen eine Unterstützung beim Fensterputzen, aber das sei nicht ausreichend, finden sowohl Klein als auch Stadler.

Ein schmaler Weg führt an der Baustelle vorbei.
ORF/ Hélena Gugerell
Ein schmaler Weg führt an den Shops in der Lindengasse vorbei

Blick in die Zukunft

Trotz der Schwierigkeiten schaut Klein optimistisch in die Zukunft: Zuletzt wanderten die Arbeiten zunehmend in den Untergrund, weswegen der Lärm weniger geworden ist. Ab Mitte 2023 werden die Bauarbeiten größtenteils unter der Erde stattfinden, bestätigten auch die Wiener Linien. Da die Baustelle aber erst 2026 beendet werden soll, wünsche sich der Unternehmer für die Zukunft mehr konkrete Informationen. „In den vergangenen Monaten war für uns schrecklich an der Baustelle, dass uns oft niemand sagen konnte, was genau in den nächsten Wochen passiert.“

Im Restaurant Figar hofft man, dass man kommenden Sommer wieder den Schanigarten vor der Haustür eröffnen kann. Denn dann soll sich die Baustelle nicht mehr direkt vor dem Restaurant befinden. Fraglich ist aber, wie die Gäste das Angebot in Hinblick auf den Baustellenlärm annehmen werden, hieß es seitens des Restaurants.