Keine G-Regeln, keine FFP2-Maskenpflicht, keine auf möglichst viel Abstand ausgerichtete Sitzordnungen: Es ist der erste Theaterherbst seit Pandemiebeginn, der ohne Schutzmaßnahmen startet. Laut dem Variantenmanagementplan der Bundesregierung soll es erst im Falle von ansteckenderen, immunevasiveren und krankmachenderen Varianten als der aktuellen Omikron-Varianten zu strengeren Maßnahmen kommen.
Maßnahmen angesichts der Energiekrise gibt es sehr wohl: Auf das Dach der sanierten Volksoper kommt eine Photovoltaikanlage. Außerdem soll die Zeitspanne der Außenbeleuchtung so kurz wie möglich gehalten werden, sagt etwa der kaufmännische Direktor der Volksoper, Christoph Ladstätter, unlängst im „Wien heute“-Interview.
Ü18-Performance am Volkstheater
Am Samstag startet das Volkstheater mit „NV/Night Vater/Vienna“ in seine dritte Saison unter Direktor Kay Voges. Die Performance von und mit U.S.-Künstler Paul McCarthy und Lilith Stangenberg verspricht eine Art öffentlicher Dreharbeiten und bezieht sich auf den in Wien gedrehten Film „The Night Porter“ aus 1974. Zentral ist dabei die sadomasochistische Beziehung des ehemaligen SS-Offiziers Max mit seinem ehemaligen Opfer Lucia. Die Performance ist für unter 18-Jährige nicht zugänglich.
Viel Neues an der Volksoper
Die Volksoper feiert ab Samstag die Eröffnung ihrer ersten Saison unter der neuen Direktorin Lotte de Beer. Das zweitgrößte Opernhaus Wiens ist frisch saniert und hellrosa gestrichen, auf der Fassade prangt ein neuer, dunkelblauer „Volksoper“-Schriftzug. Die erste Premiere ist die der Millöcker-Operette „Die Dubarry“, bei der unter anderem Annette Dasch und Humorist Harald Schmidt auf der Bühne stehen. Regie führt Jan Phillipp Gloger, den Dirigentenstab hält Kai Tietje.
Eislaufschuhe und Ziegen
Die Dramatisierung des Tolstoi-Romans „Anna Karenina“, inszeniert von Amélie Niedermeyer, hätte eigentlich schon vor einem Jahr ihre Premiere im Theater an der Josefstadt feiern sollen. Mehrmals wurde sie verschoben, am Donnerstagabend durfte unter anderem Silvia Meisterle in Eislaufschuhen endlich ihr Bestes geben.
Am Freitagabend findet die Premiere von Arthur Schnitzlers Gesellschaftspanorama „Das weite Land" am Akademietheater statt. Die Inszenierung von Barbara Frey ist eine Koproduktion mit der Ruhrtriennale, die erstmals am 20. August in Bochum zu sehen war und nun nach Wien übersiedelt. Im Burgtheater macht ebenfalls eine Koproduktion den Anfang: Am Sonntag kommt Ivo van Hoves Inszenierung von Marieluise Fleißers „Ingolstadt" nach der Premiere bei den Salzburger Festspielen erstmals in Wien auf die Bühne.
Ebenfalls am Samstagabend zeigen die Kammerspiele der Josefstadt die Komödie „Die Ziege oder Wer ist Sylvia?“ von Edward Albee, inszeniert von Elmar Goerden. Im Haupthaus spielt ab 6. September neben „Anna Karenina“ auch Stephanie Mohrs Horvath-Bearbeitung „Ein Kind unserer Zeit“. Am 22. September folgt die Premiere von „Ein Volksfeind“, dem Beginn der Ibsen-Triologie mit Regisseur David Bösch.
Krankheitsbedingte Verzögerung in Staatsoper
Die Staatsoper startet etwas später mit ihrer ersten Premiere der Saison. Die für 5. September geplante Premiere der Wiederaufnahme von „La Juive“ in der aus 1999 stammenden Regie von Günter Krämer musste krankheitsbedingt abgesagt werden. So macht am 29. der Gustav Mahler-Abend „Von der Liebe Tod“ den Anfang. Calixto Bieito widmet sich dabei Mahlers Kantate „Das klagende Lied“ und seinen „Kindertotenliedern“, Lorenzo Viotti dirigiert.
Auch in der freien Opernszene ist diesen Herbst viel los. Ab 12. September zeigt die Neue Oper Wien Jörg Widmanns „Das Gesicht im Spiegel“ nach einem Libretto von Roland Schimmelpfennig in der Halle E des Museumsquartiers. Eine dystopische Oper aus der Ukraine eröffnet am 14. September die Musiktheatertage Wien im WUK. Die Oper „Chornobyldorf“ von Roman Grygoriv und Illia Razumeiko zeigt Nachkommen einer Menschheit, die eine Serie von Katastrophen überlebt haben. Bis 24. September werden im Rahmen des Festivals „neueste Werke des Musiktheaters aus Europa und darüber hinaus“ gezeigt.
Neuerlich Premiere für Hitchcock-Adaption
Das Musical „Rebecca“ von Michael Kunze und Sylvester Levay kehrt am 22. September nach Wien zurück. Im Raimund Theater feiert die hier 2006 uraufgeführte Hitchcock-Adaption, die mittlerweile zwei Millionen Besucher in zwölf Länder auf zehn Sprachen gesehen haben, neuerlich Premiere.
Ebenfalls am 22. September startet der Dschungel Wien mit den Premieren „Tabu“ und „Hexen“ in die letzte Saison der künstlerischen Leiterin Corinne Eckenstein. Das Kosmos Theater eröffnet bereits am 13. September seine Spielzeit. Anna Marboe inszeniert „Jeeps“ von Nora Abdel-Maksoud, „eine radikale Versuchsanordnung zur gerechten Umverteilung und Chancengleichheit“. Die erste Rabenhof-Premiere gilt am 20. September einer „Bachmann-Preis-Alternative“ namens „Österreichs Writing Stars“, bei der Christoph Grissemann und Dirk Stermann aus den Autobiografien heimischer Celebrities lesen.