Michael Strebl
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Wirtschaft

Wien-Energie-Chef: „Wirklich ein Tsunami“

In der Causa Wien Energie meldet sich nun erstmals der Geschäftsführer des Unternehmens zu Wort. Michael Strebl verteidigt das Vorgehen: „Was an diesem letzten Freitag passiert ist, das ist wirklich ein Tsunami, der uns hier überrollt hat“, sagte Strebl in „Wien heute“.

Die Energiepreise seien schon lange stark gestiegen, schilderte Strebl: „Wir haben gesehen, dass es hier zu Verwerfungen kommt. Wir haben die Liquiditätsreserven erhöht. Wir haben auch unsere Gespräche mit den Banken geführt, um hier Möglichkeiten zu haben“, so der Wien-Energie-Geschäftsführer.

Überrascht habe das Unternehmen dann am vorigen Freitag der enorm hohe Anstieg der Strompreise, bei einem gleichzeitigen Nicht-Ansteigen der Gaspreise. Diese Kombination habe der Wien Energie „diesen Tsunami beschert“, beschrieb Strebl. Die Preise seien an dem Tag von etwa 500 auf 1.000 Euro gestiegen. „Und wir haben am Samstag in der Früh erfahren, dass wir am Montag eine Rechnung für Sicherheitsleistungen von 1,7 Milliarden Euro zahlen müssen.“

„Sehr risikoarme Strategie“

Der Wien-Energie-Chef verglich die Sicherheitsleistungen mit einer Kaution, die man hinterlegen muss, wenn man eine Wohnung mietet. Wenn man wieder ausziehe, bekomme man die Kaution zurück, so Strebl. So ähnlich sei es auch, wenn man an der Börse handeln wolle. Die Höhe der „Kautionen“ für die Energiebörsen seien im Wesentlichen davon abhängig, wie hoch der Energiepreis und wie hoch die Preisschwankungen sein.

Wien-Energie-Chef: „Wirklich ein Tsunami“

In der Causa Wien Energie meldet sich nun erstmals der Geschäftsführer des Unternehmens zu Wort. Michael Strebl verteidigt das Vorgehen.

Wien Energie habe nicht spekuliert, betonte Strebl – im Gegenteil, die nun in der Kritik stehenden Börsengeschäfte seien Teil einer „sehr, sehr risikoarmen Strategie“. Man wolle die Wienerinnen und Wiener und die Wiener Betriebe bestmöglich mit Strom, Gas und mit Fernwärme versorgen.

Die Alternative zur Strombörse wäre das Einkaufen auf dem sogenannten Spotmarkt: „Da haben Sie jeden Tag andere Preise. Da können können wir unseren Kundinnen und Kunden nicht fixe Preise garantieren. Das wollen wir nicht.“ Die zweite Möglichkeit wäre der sogenannte OTC-Handel, also Geschäfte direkt mit anderen Handelspartnern. „Der ist aber, da sind sich glaube ich alle einig, noch viel riskanter als ein Handel an der Börse.“

Mehrere Spezifika zusammengekommen

Dass in Wien bisher nur die Wien Energie von derartigen finanziellen Turbulenzen betroffen ist, erklärte Strebl damit, dass hier einige Spezifika des Unternehmens zusammenkommen würden. Zum einen sei Wien der größte Markt in Österreich: „Das heißt, natürlich sind
die Volumina hier naturgegebenermaßen größer als in anderen Bereichen.“

Der zweite Faktor sei die Fernwärmeerzeugung durch die Kraft-Wärme-Koppelung. Man müsse also das Gas für die Fernwärme einkaufen. Gleichzeitig müsse man diese langfristigen Verträge absichern.

„Haben momentan die Liquidität, die wir brauchen“

Zum Vorwurf des Cash-Poolings, etwa von Seiten der FPÖ, sagte Strebl, das sei „ein völlig normaler Vorgang“, den alle großen Unternehmen und Konzerne machen würden. Aktuell sei die finanzielle Lage der Wien Energie so, dass man die Zahlungen an die Börsen geleistet habe. „Wir haben in den nächsten Tagen 500 Millionen und 800 Millionen Euro wieder zurückbekommen. Wir haben momentan die Liquidität, die wir brauchen. Wir haben also diese Bundesmittel noch nicht verwenden müssen.“ Es sei jedoch wichtig, die Wien Energie für die Zukunft abzusichern.

Als Szenarien für die Zukunft habe man zum einen – hypothetisch – angenommen, dass so etwas wie vorigen Freitag erneut passiert, jedoch mit doppeltem Ausmaß. In einem „Worst worst case“-Szenario würde das ein weiteres Mal passieren. „Hier in dieser Spannweite wird sich nach menschlichem Ermessen auch abspielen“, so Strebl im Interview mit „Wien heute“. Der konkrete Liquiditätsbedarf werde von den Preisen an den Börsen abhängen.