Verkehrskontrolle durch Wiener Polizei
LPD Wien
LPD Wien
Chronik

Bis zu 1.000 Roadrunner in Wien

Nachdem bei einem Wettrennen zwischen zwei Autofahrern auf dem Ring am Sonntagabend eine unbeteiligte Frau getötet wurde, hat die Wiener Polizei Informationen zur Roadrunner-Szene preisgeben. Groben Schätzungen zufolge sind in Wien 800 bis 1.000 Menschen in der Szene aktiv.

Laut Oberstleutnant Thomas Losko von der Landesverkehrsabteilung Wien geht es ihnen um das „Sehen und Gesehenwerden“ und darum, „ihr Fahrzeug so zu tunen, um damit größtmöglich aufzufallen“. An entsprechenden Auspuffanlagen, überdimensionierten Reifen und Felgen, Heckflügeln und einem tiefergelegten Fahrwerk seien die Mitglieder der Szene zu erkennen.

Höhere Strafen

Eine Maßnahme gegen illegale Straßenrennen sei das „Raserpaket“, das mit 1. September 2021 in Kraft trat. Damit wurden beispielsweise die Strafen von 70 auf 150 Euro bei plus 30 km/h nach oben gedrückt. Die Mindeststrafen bei noch höheren Vergehen (plus 40 km/h im Ort, 50 km/h Freiland) wurden von 150 auf 300 und die Höchststrafen von 2.180 auf 5.000 Euro angehoben.

Zudem wird seit dem Beschluss der Führerschein doppelt so lange entzogen – einen Monat – und bei wiederholtem Vergehen drei Monate. Ab einer Überschreitung von 80 bzw. 90 km/h wird die Fahrlizenz ein halbes Jahr abgenommen und der Beobachtungszeitraum auf vier Jahre verdoppelt.

Bis zu sechs Schwerpunktaktionen im Monat

Am Sonntagabend raste ein 26-Jähriger mit seinem Fahrzeug auf dem Schottenring bei Rot über eine Kreuzung und prallte gegen den Pkw einer 48-jährigen Lenkerin, die daraufhin starb. Zeugen berichteten von einem Rennen zwischen dem 26-Jährigen und einem weiteren Pkw-Lenker.

„Wir versuchen, zu klassischen Zeiten wie Samstagabend vier bis sechs Schwerpunktaktionen pro Monat durchzuführen“, so Losko. Aktuelle Hotspots seien nach wie vor die Gegend um den Kahlenberg, die Triester Straße, der Bereich Oberlaa und der Gewerbepark Kagran. „Bei den ersten Maßnahmesetzungen hat es insofern Wirkung gezeigt, weil teilweise nicht mehr 250, sondern 600 Euro zu zahlen sind.“ Wie sehr das Raserpaket auch in Zukunft Wirkung zeigt, bleibe abzuwarten.

Betonleitwände auf dem Kahlenberg-Parkplatz

Maßnahmen gegen die Roadrunner-Szene wurden erst im August auf dem Szenehotspot Kahlenberg-Parkplatz gesetzt. 65 Betonleitwände sollen dort ein Driften mutmaßlicher Raser unterbinden, und ein Nacht-30er auf der Zufahrtsstraße soll für ruhigere Verhältnisse in der Nacht sorgen. Auch Schwerpunktaktionen gegen Raser wurden ausgeweitet. „Diese Orte sind mobil. Mit dem Kahlenberg ist zwar eine Option verschwunden, aber eigentlich ist es nur eine Verschiebung“, so Losko.

Anfänge in den 1990er Jahren, Schub im Lockdown

Die Szene hatte ihren Beginn bereits in den 1990er Jahren. Damals sei es allerdings nur eine Randerscheinung gewesen. „Es ist damals auch schon schwerpunktmäßig überwacht worden, aber die Szene war klein und überschaubar“, so der Oberstleutnant. Mittlerweile können schon einige hundert Menschen bei einem einzigen Treffen auftreten. Besonders in den 2000er Jahren haben sich die Szenetreffen stark entwickelt und mit den CoV-Lockdowns nochmals erheblich vergrößert.

„Echte Tuner“ heben sich entschieden von der Roadrunnerszene ab, erklärte Losko. Sie seien nicht diejenigen, die um jeden Preis mit stark getunten Autos auffallen wollen, sondern jene, die aus Liebe ihren Wagen zu einem Kunstobjekt verarbeiten. „Die echten Tuner kommen zu diesen Treffen nicht. Das sind die, die aus ihrem Auto Kunstwerke machen“, so Losko. Vor allem seien „echte Tuner“ jene, die ihr Auto legal aufpimpen.

Hierarchien in Szene

„Das geübte Auge erkennt, dass an diesem Fahrzeug getunt wurde“, sagte Losko. Besonders angesehen seien in der Community ohnehin schon teure Autos ab 100.000 Euro, die dann nochmals getunt werden. „Die stechen besonders raus und werden extrem bewundert.“ Damit fiele es auch leichter, in der szeneninternen Hierarchie leichter aufzusteigen.

Das Raserproblem sei aber keineswegs auf städtische Gebiete begrenzt. „Am Land gibt es mindestens die gleichen Probleme wie bei uns“, sagte Losko. Einen konkreten Lösungsansatz könne er aber nicht nennen: „Die Maßnahmen gehen in die richtige Richtung und funktionieren in den ersten Wochen gut. Man wird sehen, ob sich das hält.“