Corona-Teststraße im Schloss Neugebäude in Wien-Simmering am Samstag, 20. Februar 2021.
APA/HANS PUNZ
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Politik

Erster Stadt-RH-Bericht zu CoV-Management

Der Wiener Stadtrechnungshof hat am Montag eine Reihe neuer Prüfberichte veröffentlicht. Neben den Geschäftsgruppen wie Kultur und Wissenschaft sowie Mobilität wurde auch das Gesundheitsressort der Stadt geprüft – allen voran das CoV-Management der Stadt.

Geprüft wurden auf 280 Seiten etwaige Versäumnisse beim Management der Stadt zwischen März 2020 und März 2021, analysiert wurden Themen wie die Organisation des Krisenstabs, das Gesundheitstelefon 1450, die Teststrategie, das Contacttracing, die Bescheiderstellung und die Einrichtung von Notunterkünften.

Empfohlen wird vor allem, aus dieser Phase eine Lehre für künftige Pandemien zu ziehen. Negativ fiel etwa zu Beginn der Pandemie die Überforderungen beim Contacttracing auf. Hier sollte es künftig eine eigene Koordinationsstelle geschaffen werden.

Zusammenarbeit mit Bund empfohlen

Generell empfiehlt der Stadtrechnungshof, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gemeinsam mit dem Bund evaluiert werden sollten, um festzustellen, wie sich diese auf die Gesundheitsversorgung der Wienerinnen und Wiener ausgewirkt haben. Er kritisiert, dass es dazu weder Daten noch Analysen gebe. Diese seien allerdings essentiell, um auf weitere Krisen vorbereitet zu sein.

Stadtrechnungshof prüft CoV-Maßnahmen

Der Wiener Stadtrechnungshof hat heute eine Reihe neuer Prüfberichte veröffentlicht. Neben den Geschäftsgruppen wie Kultur und Wissenschaft sowie Mobilität wurde auch das Gesundheitsressort der Stadt geprüft – allen voran das CoV-Management der Stadt.

„Eine umfassende Beurteilung aller Maßnahmen, welche die Stadt Wien zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie in die Wege geleitet hat, war nicht Ziel dieser Prüfung“, heißt es gleich zu Beginn des umfangreichen Berichts. Der Stadt-RH hob hervor, dass für die Bewältigung der „globalen Gesundheitskrise“ auf keinerlei Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte. Somit wolle man Feststellungen und Empfehlungen im Sinn von „Lessons Learned“ aussprechen.

Medizinischer Krisenstab seit Jänner 2020

Verwiesen wurde in dem Bericht etwa auf den rechtlichen Rahmen der Maßnahmen – also vor allem das Covid-19-Maßnahmengesetz – sowie die prinzipielle Zuständigkeit des Bundes. In Wien wurde für die Organisation des Vorgehens am 27. Jänner 2020 ein wichtiger Schritt gesetzt: Bei der Magistratsabteilung 15 (Gesundheitsdienst) wurde der „Medizinische Krisenstab betreffend Covid-19-Pandemie“ eingerichtet.

Als zumindest problematisch wurde erkannt, dass an der Spitze des Krisenstabs die stellvertretenden Leiterin der MA 15 tätig war. Aufgrund einer Erkrankung der Abteilungsleiterin musste sie diese vorübergehend dann auch vertreten. In dieser Zeit übte die Krisenstabchefin zudem die Funktion einer Landessanitätsdirektorin aus. Im Mai 2020 übernahm sie dann eine gänzlich neu eingerichtete Funktion, sie wurde „Projektleiterin“ für Covid-19. Diese Fülle an Aufgaben war laut Stadt-RH als „kritisch“ zu betrachten. Die „bestmögliche“ Erfüllung aller Tätigkeiten seien vermutlich erschwert worden, heißt es.

Gleichzeitig bis zu 538 Anrufer bei 1450

Die Rolle des in der Bundeshauptstadt vom Fonds Soziales Wien organisierten Gesundheitstelefons 1450 wurde ebenfalls erörtert. Das Gesundheitsministerium habe dieses als Erstkontaktstelle für Verdachtsfälle etabliert – über seine ursprüngliche Aufgabenstellung hinaus, wie die Prüfer betonen. Die Zuständigkeit wurde überdies wiederholt ausgedehnt. So konnten bald auch Testtermine über 1450 vereinbart werden. „Umfangreiche organisatorische, infrastrukturelle, personelle sowie technische Maßnahmen“ seien bei der Gesundheitsberatung dadurch nötig geworden.

Die Anzahl der Anrufe schnellte rasch nach oben. Im September 2020 wurden fast 200.000 Gespräche geführt. Personalaufstockungen im externen Callcenter gab es wiederholt. In Summe waren im Jahr 2020 laut Bericht gleichzeitig bis zu 538 Personen bei der telefonischen Gesundheitsberatung tätig. Trotzdem war oft viel Geduld gefragt. „Ungeachtet der dargestellten Bemühungen kam es im Verlauf der Pandemie punktuell zu Überlastungen der Gesundheitsberatung 1450 Wien, die zu Wartezeiten für die Anrufenden führten“, konstatierten die Prüfer.

Lob für Teststraßen

Die Teststrategie samt Teststraßen, Hausbesuchen und den im Prüfzeitraum vorgenommen ersten Schritten zu einer Untersuchungsmöglichkeit via Gurgellösung wurde gelobt. Das System in Wien stelle einen „essenziellen Bestandteil“ der Pandemiebekämpfung dar, hieß es. Ungeachtet dessen empfahl der Stadtrechnungshof der Stadt, die gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen – und vorbereitende Maßnahmen zu setzen. Näher ansehen soll man sich laut Stadt-RH Bereiche wie Beschaffung, Lagerhaltung, Kompetenzen, Zuständigkeiten, Koordinierung, Dokumentation und Kontrolle.

Auch provisorische Unterbringungs-Einrichtungen wie das „Großlazarett Messe Wien“ wurden unter die Lupe genommen. Dort wurden im Zeitraum März bis Juni 2020 insgesamt 305 Personen betreut. Beim weitaus größten Teil handelte es sich um Verdachtsfälle. 58 der im Notspital betreuten Personen waren nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Die Kosten für die Maßnahme wurden mit 13,7 Mio. Euro beziffert. „Vor dem Hintergrund prognostizierter Entwicklungen des Pandemiegeschehens war die Entscheidung zur Einrichtung eines Großlazaretts in der Messe Wien als zweckmäßig anzusehen.“

Kritik an Vergabe an Arbeitersamariterbund

Eingerichtet wurden auch andere Unterkünfte bzw. Betreuungszentren. Die Vergabe des Betriebes an den Arbeitersamariterbund (ASB) sorgte beim Stadt-RH für wenig Begeisterung. Ein Aussetzen einer Ausschreibung sei prinzipiell in solchen Situationen möglich, wurde festgehalten, es sei allerdings nirgends dokumentiert worden, warum man nicht auch andere Anbieter gefragt habe.

Die mehrmalige Verlängerung des Betriebsvertrages sorgte schließlich für offene Kritik an der direkten Vergabe: „Bei der ersten Verlängerung im Juni 2020 lagen bereits geänderte Rahmenbedingungen hinsichtlich des künftig erforderlichen Bedarfes an Leistungen vor. In den folgenden Sommermonaten waren kaum Plätze in den Covid-19-Betreuungseinrichtungen nachgefragt. Eine zwingende Dringlichkeit, die eine Einhaltung der allgemeinen oder verkürzten Fristen nicht zuließ, war daher nach Ansicht des Stadtrechnungshofes Wien nicht mehr gegeben.“

Hacker-Büro: Rasch reagiert, Schlüsse gezogen

Aus dem zuständigen Büro des Gesundheitsstadtrates Peter Hacker(SPÖ) hieß es am Montag dazu, man habe so rasch wie möglich auf die Pandemie reagiert und bereits zahlreiche Schlüsse aus den Lehren der Pandemie gezogen. So würden die Bescheiderstellung nach einem positiven PCR-Test als auch das Contacttracing inzwischen digital erfolgen.

Personal, Strukturen, Teststrategien und Abläufe seien zügig angepasst und gestrafft worden. Als „Pionierarbeit“ wird das PCR-Testangebot genannt. Auch auch der Medizinische Krisenstab der Stadt Wien habe in einigen Bereichen Pionierarbeit geleistet und als erstes einen Psychosozialen Krisenstab, einen Bildungskrisenstab sowie einen Pflegekrisenstab eingerichtet.

Die FPÖ beklagte hingegen die dokumentierte „Freunderlwirtschaft“. Die MA 15 habe bei der Vergabe an den ASB „komplett versagt“, es gebe weder Sitzungs- noch Entscheidungsprotokolle, bemängelten die Freiheitlichen. „Offensichtlich hat die Stadt Wien die Pandemie doch nicht so professionell gemeistert, wie stets nach außen hin behauptet wurde“, so die Wiener ÖVP-Gesundheitssprecherin und Gemeinderätin Ingrid Korosec in einer Aussendung.

Kritik an intransparenter Vergabe von Turnsälen

Die – nicht öffentliche – Sitzung des Stadtrechnungshofausschusses des Wiener Gemeinderates, in dem alle am Montag öffentlich einsichtig gemachten Berichte beraten werden, findet Dienstag, in einer Woche unter dem Vorsitz von Gemeinderat David Ellensohn (Grüne) statt. So ortet der aktuelle Bericht etwa auch eine intransparente Vergabe der rund 600 städtischen Turnsäle der Stadt Wien. Die Stadt stellt grundsätzlich die Turnsäle der öffentlichen Schulen kostengünstig für außerschulische Nutzung zur Verfügung.

„Der Stadtrechnungshof stellt in seinem Bericht fest, dass die Vergabe dieser außerschulischen Nutzung „einer modernen, transparenten und effizienten Verwaltung“ nicht entspricht. So wäre es etwa für Antragssteller und -stellerinnen unmöglich, festzustellen, wann welcher Turnsaal in Wien frei verfügbar wäre, weil es dazu keine öffentlich zugänglichen Informationen gibt, so Ellensohn in einer Aussendung am Montag.

Der Stadtrechnungshof empfiehlt für die Vergabe der Turnsäle ein einheitliches Online-Buchungssystem. „Dieser Forderung können wir uns als Grüne Wien vollinhaltlich anschließen.(…) Die Vergabe dieser Turnsäle gehört daher auf ganz neue Beine gestellt“, so Ellensohn.

45 Tage für Bearbeitung von Beschwerden

Das Beschwerdemanagement ließ laut Bericht des Stadtrechnungshof auch zu Wünschen übrig: So ergab die Prüfung, dass die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Beschwerden vom Einlangen bis zur finalen Beantwortung 45 Tage betrug und somit deutlich über der internen Frist von 14 Tagen lag. In einem Fall, so der Bericht des Stadtrechnungshofes, wurde die die Frist zur Beantwortung zehn Mal verschoben, die Bearbeitung dauerte somit insgesamt 187 Tage.

DIF-Mitveranstalter setzte RH-Empfehlungen großteils um

Der Verein Wiener Kulturservice – einer der Mitveranstalter des Wiener Donauinselfests – setzte die Empfehlungen einer 2019 durchgeführten Rechnungshofprüfung „größtenteils umgesetzt“, geht aus einem am Montag veröffentlichten Prüfbericht des Stadtrechnungshofes weiter hervor. Dennoch besteht weiteres Verbesserungspotenzial etwa im Bereich der Transparenz und Organisation des Vereins, der von der Stadt Wien jährlich Förderungsmittel in Millionenhöhe erhält.

Der Stadtrechnungshof Wien untersuchte den Verein im Betrachtungszeitraum 2018 bis 2020. In dieser Zeit unterstützte dieser etwa das Donauinselfest, das Maifest, diverse Bezirksveranstaltungen wie Straßen- und Grätzelfeste sowie den Gürtel Nightwalk und das Donaukanaltreiben. Von der MA 7 (Kulturabteilung) erhielt man im Jahr 2020 knapp unter zwei Mio. Euro – 1,5 Mio. Euro davon für das Donauinselfest.

Insgesamt 24 Empfehlungen

Insgesamt 24 Empfehlungen hatte der Stadtrechnungshof nun für den Verein parat, der auch Thema in der Untersuchungskommission des Gemeinderates zum Thema „Missstand bei der Gewährung und Überprüfung der widmungsgemäßen Nutzung von Förderungsgeldern durch die Gemeinde Wien“ war. So seien etwa manche Belege nicht auffindbar gewesen, was die Rechnungsprüfer der Bundeshauptstadt dazu veranlasste, auf die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten von Buchhaltungsunterlagen hinzuweisen. In mehreren Fällen wurden vom Kulturservice keine schriftlichen Vergleichsangebote bei Beauftragung von nicht künstlerischen Leistungen über 3.000 Euro eingeholt.

„Zusammenfassend kann man sagen: Trotz vorangegangener Kritik des Bundesrechnungshofs bleiben weiterhin große Missstände im Bereich der Transparenz“, so der Vorsitzende des Stadtrechnungshof-Ausschusses, Ellensohn, in einer Aussendung.

Lob für schwimmende Gärten am Donaukanal

Lob gibt es für die Gestaltung der schwimmenden Gärten am Donaukanal: Der Stadtrechnungshof hatte die Umgestaltung der Kaiserbadschleuse unter die Lupe genommen und festgehalten, „dass das Projekt wesentlich günstiger als die genehmigten Projektkosten abgewickelt werden konnte", so Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in einer Aussendung am Montag.