Das Vorgängermodell des VSC 5, der Supercomputer VSC 4
APA/HANS PUNZ
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Wissenschaft

Neuer Supercomputer nimmt Betrieb auf

Mit fast 99.000 Rechenkernen und einer Gesamtleistung von 4,3 PetaFLOPS – ein PetaFLOP bedeutet eine Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde – ist am Freitag der Supercomputer Vienna Scientific Cluster 5 (VSC-5) gestartet. Er gehört zu den 500 schnellsten Rechner weltweit.

Schon während des Aufbaus schaffte er es in das neue Top-500-Ranking der weltweit schnellsten Supercomputer. Praktische Forschungsanwendungen erledigt der VSC-5 rund doppelt so schnell wie sein Vorgänger – bei weniger Stromverbrauch.

Rangliste hat „rein sportlichen Wert“

Hätte man bei der Planung der neuen Rechnerarchitektur nur auf das Ranking geschielt, wäre man mit den Investitionen von rund zehn Millionen Euro, die durch das Bildungsministerium über die Leistungsvereinbarungen mit den Unis gestemmt wurden, in etwa auf Rang 80 gelandet, so Herbert Störi vom Fachbereich VSC Research Center der Technischen Universität (TU) Wien bei der Eröffnung am Freitag.

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Der Vienna Scientific Cluster ist ein Gemeinschaftsprojekt der TUs Wien und Graz, der Universitäten Wien, Innsbruck und Linz, der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien und neuerdings auch der Uni Linz. Für Störi, der die VSC-Leitung nach 14 Jahren im Sommer an Andreas Rauber (ebenfalls TU Wien) übergeben hat, ist die „Liste eher von sportlichem Wert“.

Aufgrund des anderen Aufbaus des VSC-5 landet er im aktuellen Supercomputerranking sogar hinter dem Vorgänger VSC-4. In der noch in der Aufbauphase erschienenen Rangliste erreichte der neue Rechner Platz 301. Etwa durch die größeren Hauptspeicher sei er aber bei Anwendungen in der Wissenschaft deutlich schneller unterwegs.

Klimamodelle und Gaslager

Der VSC-5 könne nämlich mehr Rechenleistung parallel abrufen, wie es Uni-Wien-Rektor Heinz Engl – einer der Initiatoren des VSC-Programms – ausdrückte. Genau das brauche man, wenn es etwa darum geht, große Klimamodelle durchzurechnen – eine der vielfältigen Anwendungen, für die die neue „High Performance Computing“-Infrastruktur gebraucht wird, sagte der scheidende Rektor zur APA.

Benötigt werde derart große Rechenleistung mittlerweile in vielen Forschungsbereichen. So beispielsweise, wenn es darum geht zu analysieren, welche Blutverwirbelungen in unserem Herz entstehen, was sich auf atomarer Ebene in neuartigen Materialien tut, oder wenn es um die Frage der Stabilität von Österreichs Gaslagern geht – eine entsprechend aktuelle Forschungsfrage.

Acht Millionen Kilowattstunden Strom

Damit in engem Zusammenhang steht auch die Frage des Energieverbrauchs des Computers selbst. Erst am Donnerstag meldeten die heimischen Universitäten u. a. aufgrund gestiegener Stromkosten ein Budgetloch von 1,2 Milliarden Euro für die Leistungsvereinbarungsperiode 2022–2024. Bei der Anschaffung des VSC-5 habe man schon besonders auf Energieeffizienz geachtet, denn immerhin benötige die in Wien-Landstraße angesiedelte VSC-Infrastruktur rund acht Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr. Das entspreche in etwa einem Achtel der Verbrauchs der gesamten TU Wien.

Mit dem laut ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek nun „leistungsstärksten Supercomputer Österreichs“ könne man sich jedenfalls noch besser den großen Fragen der Zeit stellen. Auch wenn es mitunter „organisatorisch anstrengend“ sei, eine solche Struktur gemeinschaftlich im Univerbund zu planen und zu betreiben, zahle es sich aus, weil „alle darauf zugreifen können“, so Polaschek.

Gedanken an Nachfolger

Derartige Investitionen brächten aber auch die Verpflichtung mit sich, immer weiter voranzuschreiten. So denke man schon zum VSC-5-Start über dessen Nachfolger nach. Parallel zum neuen Großrechner wird auch der VSC-4 aufgrund der großen Nachfrage weiter betrieben. Insgesamt hätten solche Systeme aber eine vergleichsweise kurze Lebenszeit, sagte Johannes Fröhlich, Vizerektor Forschung und Innovation der TU Wien.

In weiterer Folge soll die „VSC-Gemeinschaft“ erweitert und bis 2025 zum Austrian Scientific Cluster (ASC) mit ausgebauten Standorten etwa in Innsbruck und Linz werden. „Mögen hier nicht förderalistische Kräfte wirken“, so Fröhlich. Zuletzt war der VSC-Verbund im Rahmen Forschungsoffensive „Quantum Austria“ erfolgreich.

Aus dem Schwerpunkt „Update der High-Performance-Computing-Infrastruktur“ des neuen Förderprogramms erhielt das Projekt „MUSICA“ („Multi-Site Computer Austria“) eine Förderzusage in Höhe von 20 Mio. Euro. Das Ziel ist es, in den kommenden Jahren eine zusätzliche Forschungsinfrastruktur in dem Bereich aufzubauen, die auch die Basis für eine Koppelung mit einem Quantencomputer liefern soll.