Wahlurne
ORF
ORF
Politik

Bundespräsident: „Pass Egal“-Wahl

Am 9. Oktober wird der neue Bundespräsident gewählt. In Wien darf aber jede dritte oder jeder dritte keine Stimme abgeben – weil er oder sie keinen österreichischen Pass hat. Eine symbolische Wahlstimme bekommen sie wieder bei der Pass-Egal-Wahl.

Auch wenn die Wahlzettel bei der Auszählung der Bundespräsidentschaftswahl am 9. Oktober nicht zählen – ein Zeichen soll trotzdem gesetzt werden. Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch gibt auch nicht-österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern die Möglichkeit, über Österreichs künftiges Staatsoberhaupt abzustimmen. In Wien wurden zahlreiche Wahllokale eingerichtet. Hier ist die Anzahl der Menschen, die nicht wählen dürfen, besonders hoch. Die symbolischen Wahlen finden seit 2013 rund um offizielle Wahltermine auf Bundes- und Landesebene statt.

Für manche ist es die erste Wahl ihres Lebens

Eine Erstwählerin verdeutlichte im Wahllokal der Wiener Arbeiterkammer, was die „Pass-Egal Wahl“ für sie bedeutet: „Das war das erste Mal für mich in meinem Leben. Ich habe noch nie gewählt. Ich bin gebürtige Syrerin und deswegen habe ich auch noch nie in meinem Leben einen Stimmzettel in eine Urne reingeworfen. Und auch wenn es nur symbolisch ist – eine Freude.“ Demokratie lebe von Beteiligung, nicht von Ausschluss, betonten die Wahlveranstalter.

„Pass Egal Wahl“ läuft wieder

Am 9. Oktober wird der neue Bundespräsident gewählt. In Wien darf aber jede dritte oder jeder dritte keine Stimme abgeben – weil er oder sie keinen österreichischen Pass hat. Eine symbolische Wahlstimme bekommen sie wieder bei der Pass-Egal-Wahl.

Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, sieht Handlungsbedarf für die Politik: „Es bräuchte Veränderungen für Menschen, die schon Jahre hier leben. Insbesondere für Personen, die hier aufgewachsen sind. Wir sagen, nach drei Jahren Aufenthalt in Österreich ist man so gut eingelebt, dass man eigentlich an den Wahlen teilnehmen können sollte.“

Ein Drittel der Menschen in Wien nicht wahlberechtigt

Die Schere zwischen Menschen im wahlfähigen Alter und Wahlberechtigten wird vor allem in Wien immer größer. Zwischen 1985 und Mitte 2022 ist die Wahlausschluss-Schere auf rund 540.000 Wienerinnen und Wiener angestiegen und hat sich in 37 Jahren fast versiebenfacht.

Zwischen 1985 und Mitte 2022 ist die Wahlausschluss-Schere auf rund 540.000 Wiener:innen angestiegen und hat sich in 37 Jahren fast versiebenfacht.
Statistik Austria/Wien Heute

Eine Übersicht über alle Wahltermine und Wahllokale für die Betroffenen stellt SOS Mitmensch online zur Verfügung. Auch österreichische Staatbürgerinnen und Staatsbürger werden zur Wahl aufgerufen: Sie könnten so ein Zeichen gegen den Ausschluss von demokratischer Mitbestimmung setzen und ihre Solidarität ausdrücken.

Unterstützung von der Arbeiterkammer Wien

Besonders groß ist die Diskrepanz bei den Arbeiterinnen und Arbeitern. In einem durchschnittlichen Wiener Betrieb, wo etwa zehn Leute arbeiten, „die alle ihre Leistungen erbringen und hier dafür sorgen, dass der Laden läuft, dürfen am Abend sechs von diesen zehn nicht darüber entscheiden, wer Bundespräsident werden soll,“ erklärte Sybille Pirklbauer von der Arbeiterkammer Wien. In den Räumen der AK Wien wurde ein eigenes Wahllokal eingerichtet.