Hand hält Schlüssel
ORF.at/Zita Klimek
ORF.at/Zita Klimek
Soziales

Immer mehr von Wohnungsverlust bedroht

Immer mehr Wienerinnen und Wiener haben Schwierigkeiten, ihre Miete zu bezahlen, und sind von Wohnungsverlust bedroht. Die Fachstelle für Wohnungssicherung (FAWOS) der Wiener Volkshilfe verzeichnet heuer bereits um ein Viertel mehr Erstberatungen.

„Wir beobachten, dass gerade in Wien in den letzten zwei Jahren pandemiebedingt die Klagen und die Räumungstermine gesunken sind“, sagt Anne Wehrum, Leiterin der Fachstelle für Wohnungssicherung der Volkshilfe. Es habe auch viele Mietstundungen gegeben.

Heuer sei der Ansturm dafür „sehr hoch“. Es würden nun sehr viele Menschen Beratung brauchen, weil sie in Gefahr seien, ihre Wohnung zu verlieren. Denn nun würden viele Hausverwaltungen und Genossenschaften die entstandenen Mietrückstände einklagen. „Wir hatten letztes Jahr im Gesamtjahr 1.700 Erstberatungen und waren dieses Jahr mit August schon bei 1.500 Erstberatungen“, schildert FAWOS-Leiterin Wehrum im Interview mit Radio Wien.

FAWOS bietet kostenlose Beratung

Die Fachstelle wird bei drohenden Räumungen von den Wiener Bezirksgerichten informiert. Doch auch schon davor wird kostenlos beraten. Wehrum rät, sich möglichst früh Unterstützung zu holen. Denn schon ab der ersten nicht bezahlten Miete könne eine Klage eingebracht werden: „Damit kommen auch Kosten auf die Mieter und Mieterinnen zu, da sie die Kosten für das Verfahren tragen müssen.“

Bei einer frühen Beratung sei auch ausreichend Zeit, um abzuklären welche Beihilfen möglich seien und dann bei der Beantragung zu unterstützen. „Sobald man weiß, im nächsten Monat kann man die Miete nicht zahlen, oder auch im aktuellen Monat konnte man bereits die Miete nicht zahlen, kann man sich bei uns melden und bekommt eine Beratung“, betont Wehrum.

FAWOS betreut dabei alle, die in privaten Miet- und Genossenschaftswohnungen leben. Für Gemeindebauten betreibt die MA 40 eine eigene Stelle – das Zielgruppenzentrum Zielgruppenzentrum Erdbergstraße, das sich an der gleichen Adresse wie FAWOS befindet.

MA 40 hilft bei Mietrückständen

Wer in Wien Mindestsicherung bezieht, kann zum Beispiel Wohn- oder Mietbeihilfe bekommen. Allerdings muss man zuerst versuchen, Wohnbeihilfe zu bekommen, bevor man Mietbeihilfe beantragen kann. Auch die MA 40 hilft bei Mietrückständen – unter dem Titel „Hilfe in besonderen Lebenslagen“. Dabei handle es sich um keine dauerhafte Unterstützung, sondern um eine einmalige finanzielle Aushilfe in einer Notsituation, sagt Wehrum.

Als Beispiel nennt sie eine alleinerziehende Frau, die ihren Job verloren hatte. „Durch das geringere Einkommen konnte sie vorübergehend die Miete nicht zahlen und hatte zusätzliche Ausgaben für die Kinderbetreuung, da sie sehr bemüht war, wieder einen neuen Job zu finden.“ Das sei ihr auch gelungen, doch habe sie keine Rücklagen gehabt, um die Mietrückstände zu bezahlen. Diese wurden dann von der MA 40 übernommen.

Wohnschirm aufgestockt

Seit März gibt es zudem einen vom Bund eingerichteten Wohnschirm, der in Wien von der Volkshilfe abgewickelt wird. Über den Wohnschirm bekommen Mieterinnen und Mieter Hilfe, die aufgrund der Pandemie Zahlungsschwierigkeiten haben. Es gibt beispielsweise eine Übersiedelungspauschale, die beim Umzug in eine günstigere Wohnung unterstützt. Die Pauschale beträgt 2.500 Euro für eine Einzelperson und 500 Euro für jede weitere Person, die mitzieht. Der Wohnschirm wurde aufgrund der Teuerung kürzlich um 60 Millionen Euro aufgestockt.

Mehr Betroffene im nächsten Jahr erwartet

Bei der Wiener Volkshilfe rechnet man mit einem weiteren Anstieg der Zahl der Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihre Mieten zu bezahlen. Die Preissteigerungen im Energiebereich würden wahrscheinlich erst in den Jahresabrechnungen Ende nächsten Jahres sichtbar, sagt Wehrum.

Entwicklungen wie die aktuelle Teuerung würden in der Beratungsstelle immer erst einige Monate später bemerkbar, erklärt die FAWOS-Leiterin. „Weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass ganz viele Menschen vorher versuchen, die Situation selber zu schaffen, die Problematik selber zu lösen. Und erst wenn sie merken, sie schaffen es wirklich nicht, dann zu uns in die Beratungsstelle kommen.“