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Chronik

Ansturm auf Online-Seelsorge

Jugendliche mit Problemen und Sorgen wenden sich vermehrt an die TelefonSeelsorge der katholischen und evangelischen Kirche in Wien. Die Betreiber sprechen von einem Ansturm. Vor allem sehr junge Klienten nützen dabei bevorzugt die Möglichkeit zu chatten.

Per Telefon, per E-Mail und per Chat: Im Vorjahr haben mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 19 Jahren das kostenlose und anonyme Angebot genutzt, Tendenz extrem steigend, wie es nun heißt. 2012 startete die TelefonSeelsorge mit der Beratung via E-Mail. Seit 2016 sind auch Chats im Angebot, seit 2020 täglich von 16.00 bis 23.00 Uhr. Im Vergleich zum Telefon nutzen überwiegend jüngere Menschen das Online-Angebot, vor allem wenn es um heikle Angelegenheiten geht

"Bei jüngeren Menschen beobachten wir, wie das Bewusstwerden der Zerbrechlichkeit ihrer Lebenswelt zu einer gewissen Orientierungslosigkeit führt“, sagte Antonia Keßelring, Leiterin der Telefonseelsorge Wien. Thematisch stehen psychische Erkrankungen oder Symptome wie etwa Selbstverletzung, Beziehungsprobleme oder quälende Suizidgedanken im Vordergrund. „Gerade jetzt in den ersten Wochen eines neuen Schuljahres wenden sich auch vermehrt Jugendliche mit Schulangst bei uns“, erzählte Keßelring.

Kostenlos, anonym und ohne Anmeldung

Unter der Telefonnummer 142 helfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TelefonSeelsorge Menschen Krisenzeiten durchzustehen. Für die Mailberatung ist eine einmalige Registrierung mit (anonymisierter) E-Mail-Adresse und Passwort notwendig, damit die Antworten abgerufen werden können. Der Chat ist aus ganz Österreich kostenlos, anonym und vom eigenen Wohnzimmer aus erreichbar. Ohne Anmeldung kann direkt mit geschulten Beratern gechattet werden. Eine Verschlüsselung gewährleistet dabei Sicherheit und Datenschutz.

Die Unterhaltung findet online und auf schriftlichem Wege statt. Probleme werden niedergeschrieben und von Beratern beantwortet. Sie bieten Entlastung, unterstützen beim „Sich-Sortieren“ und helfen, Wege zur Angstreduktion zu finden. Oft bringe das Schreiben über das, was beschäftigt, eine erste Entlastung für junge Menschen, wie Keßelring betonte: „Im Schutz der Anonymität öffnen sich Jugendliche häufig leichter und schneller, sodass auch schambesetzte Themen wie selbstverletzendes Verhalten, Suizidgedanken, Missbrauch oder Suchtproblematiken angesprochen werden."

Funktionierender neuer Weg der Beratung

Während der Corona-Pandemie sei es selbstverständlich geworden, auch über Telefon und Internet zu beraten. Die Krise hat bewirkt, dass Onlineberatung in der medialen Wahrnehmung nicht nur endlich angekommen ist, sondern auf breite Akzeptanz gestoßen ist. Keßelring sieht es als wichtige Entwicklung, „dass im Zeitalter der digitalen Transformation auch die psychosoziale Beratung auf eine breite Basis gestellt wird.“ Wichtig dabei sei, Onlineberatung im Rahmen etablierter Qualitätsstandards weiter zu entwickeln.

Die Onlineberatung hat sich als wertvolle Ergänzung zum telefonischen Angebot der TelefonSeelsorge erwiesen. „Die Onlineberatung gibt der Telefonseelsorge ein ‚Gesicht mit Zukunft‘“, ist Keßelring überzeugt. Auch an der Einbindung weiterer Kanäle werde derzeit gearbeitet. „Gerade entwickeln wir ein Konzept, wie wir eine sichere Messenger-Beratung anbieten können“, verrät Keßelring.