Politik

Urteil im Terrorprozess: 19 Monate Haft

Mit einem Schuldspruch wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation hat heute in Wien der Prozess gegen einen 24-Jährigen geendet. Der Kontaktmann zum späteren Wien-Attentäter wurde verurteilt und dann enthaftet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Mann nahm nach längerer Besprechung mit seinem Anwalt das Urteil an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Der Mann befand sich bereits seit 3. November 2020 und damit seit fast zwei Jahren im Gefängnis. Er war wenige Stunden nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt festgenommen worden.

Im Hinblick darauf und angesichts des Umstands, dass ein Teil der Gesamtstrafe auf Bewährung ausgesprochen war, wurde er nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Was nicht nur sein Verteidiger mit Zufriedenheit („Das war unser vorrangiges Ziel“) zur Kenntnis nahm, sondern auch einige Zuhörer, die als Sympathisanten des Mannes zu erkennen waren.

„Sie sind ein IS-Mann. Davon sind wir überzeugt“, sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Bei der Strafe war auf ein Urteil in einem separaten, vorangegangen Verfahren wegen Diebstahls Bedacht zu nehmen. Der Angeklagte hatte für die Beteiligung an Fahrraddiebstählen fünf Monate ausgefasst. Insgesamt hätte er somit – sollte das nunmehrige Urteil Rechtskraft erlangen – zwei Jahre zu verbüßen.

Urteil im Terrorprozess: 19 Monate Haft

Mit einem Schuldspruch wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation hat heute in Wien der Prozess gegen einen 24-Jährigen geendet. Der Kontaktmann zum späteren Wien-Attentäter wurde verurteilt und dann enthaftet.

„Entscheidung für Salafismus nicht strafbar“

Hingegen distanzierte sich der Angeklagte in seinem Schlusswort klar vom Anschlag in Wien und ersuchte um einen Freispruch. Er sei von den Medien immer wieder im Zusammenhang mit dem Anschlag „persönlich erwähnt“ worden, obwohl er damit nichts zu tun habe. Zum Attentat bemerkte er: „Ich will ganz klarstellen, dass ich das, was passiert ist, bedaure.“ Der Gott, an den er glaube, gehe nicht durch die Straßen und töte Menschen.

Er habe den Attentäter zwei-, dreimal gesehen und von dessen Plänen nichts gewusst: „Wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich das gemeldet.“ Seine Intention sei nicht gewesen, IS-Propaganda zu machen, versicherte der Angeklagte. Er schließe auch aus, Predigten mit dschihadistischen Inhalten gehalten zu haben.

„Ich hoffe, dass ihr das genauso seht und dass ich mit einem Freispruch nach Hause gehen kann“, meinte der Angeklagte abschließend. Sein Anwalt betonte, es handle sich um einen ganz normalen Mann, der sich für den Salafismus entschieden habe, was nicht strafbar sei.

Rüstzeug für den späteren Attentäter

Angeklagt war der 24-Jährige, weil er dem späteren Attentäter vom 2. November 2020 in Wien das ideologische Rüstzeug geliefert haben soll. Er hatte laut Anklage eine Wohnung in St. Pölten, in der er Gleichgesinnten nicht nur Arabisch beibrachte, sondern auch Gedankengut der radikalislamischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vertrat. Der Mann und sein Verteidiger wiesen sämtliche Vorwürfe zurück.

Die Staatsanwältin hingegen sah in ihm ein IS-Mitglied und warf ihm die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation vor. Er soll in der Wohnung eine Bibliothek mit salafistischen Büchern aufgebaut, zwei einschlägige Bücher vertrieben und in diversen Chatkanälen Inhalte geteilt haben, die direkt von der IS-Propagandastelle kamen.

Zeugen im Einklang mit Angeklagten

Am letzten Tag des Prozesses kamen langjährige Bekannte des Angeklagten zu Wort. In der Wohnung habe man sich „zum Teetrinken“ getroffen. Ab und zu habe man Arabisch gelernt und über Alltagsthemen gesprochen, sagte ein Mann, der sich in U-Haft befindet. Er soll laut Staatsanwaltschaft Kämpfer für den IS rekrutieren haben. Zudem habe er einen Betreuer der Deradikalisierungsstelle Derad zur Unterzeichnung eines „Schutzvertrags“ bringen wollen. Dann werde er ungeschoren davonkommen.

Ein weiterer Zeuge konnte sich daran erinnern, den späteren Attentäter „drei- bis viermal“ in der Wohnung getroffen zu haben. Mit diesem habe er einmal kurz über den IS geredet, der in der Wohnung grundsätzlich aber „nie“ ein Thema gewesen sei. Die Wohnung habe vielmehr als „Rückzugsort“ gedient: „Wir haben zusammen gechillt. Wir haben Tee getrunken, Pizza bestellt.“ Einen Arabischkurs habe es auch gegeben: „Jeder, der kommen wollte, war willkommen. Es war kein geschlossener Kreis. Wir hatten nichts zu verheimlichen.“

Dass der spätere Attentäter einen Siegelring des IS am Finger hatte, fiel zumindest zwei Männern auf. „Ich habe ihm gesagt, dass er den nicht tragen soll, weil man ihn nicht tragen darf. Er ist der Ring des Propheten“, schilderte einer von ihnen dem Gericht. Der spätere Attentäter habe darauf gelacht.

Ein zweiter erläuterte, der IS habe den Siegelring Mohammeds vereinnahmt. Dieser gelte jetzt unter IS-Sympathisanten als Erkennungszeichen, es sei aber „wirklich verboten“, den Ring zu tragen: „Das ist der Ring des Propheten, Frieden und Segen auf ihn.“