Ärztin Stark und Sozialarbeiterin Peter versorgen einen Mann
ORF
ORF
Soziales

Gegen Scham: Ärzte begleiten Streetworker

Grundsätzlich gibt es Wien für wohnungs- und obdachlose Menschen eine gute medizinische Versorgung. Aus Scham und Angst gehen diese aber oft nicht in die Hilfseinrichtungen. Deshalb begleiten nun geschulte Ärztinnen und Ärzte die Streetworker.

Caritas-Sozialarbeiterin Susanne Peter und Med4Hope-Ärztin Monika Stark sind nicht einmal eine Minute auf dem Schwedenplatz – und schon mit einem ernsten medizinischen Problem konfrontiert. Bei einem obdachlosen Mann aus Tschechien hat sich eine Wunde bereits stark entzündet.

„Das passiert ganz oft“, sagt Stark im Interview mit „Wien heute“. „Die stürzen irgendwo, haben einen epileptischen Anfall, kommen in eine Unfallchirurgie, werden genäht – kriegen dann wohl einen Zettel mit, verstehen das aber natürlich nicht und haben außerdem Angst vor den Kosten.“

Ärztin Stark und Sozialarbeiterin Peter versorgen einen Mann
ORF
Sechs Ärztinnen und Ärzte können von den Streetworkern angefordert werden

Projekt seit dem Sommer

Erkrankte wohnungslose und obdachlose Menschen gehen also aus Angst vor den Ärztinnen und Ärzten oder aus Scham über ihre Situation oft nicht in medizinische Hilfseinrichtungen, obwohl sie von Streetworkern dazu aufgefordert werden. „Es war so, dass zwei Klienten heuer im Sommer verstorben sind, denen es somatisch sehr schlecht gegangen ist“, schildert Peter, leitende Sozialarbeiterin bei der Caritas. „Wir sind alle keine Ärzte – das heißt, wir wissen nicht, wie können wir da tun.“

Deshalb ist Med4Hope entstanden. Alle Streetwork-Einrichtungen der Stadt, nicht nur die Caritas, können seit dem Sommer Ärztinnen und Ärzte aus dem Projekt anfordern. „Ich schaue dann, ob schon der Versuch da war, irgendwo hinzugehen, und dann schau ich, welcher Arzt hat Zeit und verknüpfe quasi Arzt mit Sozialarbeit“, erklärt Peter das Vorgehen. Arzt bzw. Ärztin und die Streetworker würden dann gemeinsam zu den Betroffenen gehen.

Weitere Ärztinnen und Ärzte dringend gesucht

Die Behandlungen brauchen Zeit, weil erst einmal Vertrauen aufgebaut werden muss. Ärztin und Med4Hope-Obfrau Stark wünscht sich generell eine Ausbildung für Straßenmedizin in Österreich, weil es das noch nicht gibt. „Es ist so sinnvoll“, sagt sie. „Es ist wirklich Medizin und zum Angreifen und unmittelbar Arztsein einfach.“

Während „Wien heute“ den Einsatz begleitet, wird noch ein weiterer Patient versorgt. Er hat noch Schmerzen wegen eines gebrochenen Fußes. Der Mann bekommt eine Salbe und eine Bandage. Weil das Projekt noch neu und nicht so bekannt ist, gibt es derzeit erst sechs Ärztinnen und Ärzte, die an Bord sind. Weitere Freiwillige werden dringend gebraucht. Am 17. November gibt es für Interessierte in der Wiener Ärztekammer eine zweistündige Informationsveranstaltung am Abend.