Polizisten vor Eingang zum Großen Schwurgerichtssaal
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Chronik

Prozess: Angeklagte bestreiten Terrorpläne

Sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien stehen seit Dienstag vor Gericht. Sie bestreiten, den Anschlag von 2. November 2020 mit vorbereitet zu haben. Die Staatsanwältin sprach hingegen von einem Angriff auf den öffentlichen Frieden.

Zum Auftakt des Prozesses hielt die Staatsanwältin fest, dass es um die Frage gehe, "wie es überhaupt so weit kommen konnte“. Sie verlas die Namen der vier Getöteten. Angeklagt sind sechs Männer im Alter zwischen 22 und 32 Jahren, die laut Staatsanwaltschaft dem Attentäter im Vorfeld tatkräftig geholfen haben sollen. „Ich bin davon überzeugt, dass jeder Einzelne von Ihnen weiß, was er am Abend des 2. November 2020 gemacht hat“, wandte sich die Anklägerin zu Beginn ihrer Ausführungen direkt an die Geschworenen.

Sie räumte ein, sie habe damals selbst „Angst und Panik verspürt“. Dem Attentäter und seinen Beitragstätern sei es gerade darauf angekommen: „Ein IS-Mann hat im Namen der IS-Miliz einen Terroranschlag verübt und damit nicht nur die Angehörigen, die Familie und die Freunde der Opfer, sondern uns alle, ganz Österreich ins Herz getroffen.“ Die Angeklagten bestritten den zentralen Vorwurf, in die terroristischen Pläne des Attentäters eingeweiht gewesen zu sein und diesen dabei unterstützt zu haben.

Prozess: Angeklagte bestreiten Terrorpläne

Sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien stehen seit Dienstag vor Gericht. Sie bestreiten, den Anschlag von 2. November 2020 mit vorbereitet zu haben. Die Staatsanwältin sprach hingegen von einem Angriff auf den öffentlichen Frieden.

„Unfassbarer Fehler“ bei Rufdatenerfassung

So soll laut Anklage ein 32-jähriger Tschetschene ein Sturmgewehr samt Munition und eine Pistole besorgt und dem Attentäter übergeben haben. Er soll nur Stunden vor dem Anschlag die Wohnung des Attentäters aufgesucht und diesem bei den letzten Vorbereitungen geholfen haben. Der 32-Jährige bekannte sich zum Waffenverkauf schuldig, aber „der Waffenhändler ist nicht der Mörder“, warf seine Anwältin Astrid Wagner ein. Der Deal sei über mehrere Ecken gelaufen, ihr Mandant habe die vom Attentäter gewünschte Ware besorgt. Insofern sei es nicht verwunderlich, dass sich seine DNA-Spuren auf der Waffe und der Munition fanden.

ANSCHLAG IN WIEN: AUFTAKT TERROR-PROZESS, Anwältin Astrid Wagner
APA/GEORG HOCHMUTH
Anwältin Astrid Wagner

Allerdings habe der 32-Jährige nicht die geringste Kenntnis von den terroristischen Absichten des Käufers gehabt. Wagner schilderte ihn als unpolitischen, anständigen Menschen aus gutem Hause. Dass er in der Wohnung des Attentäters gewesen sei, sei auf einen „unfassbaren Fehler“ bei der Rufdatenauswertung zurückzuführen, so Wagner. Man habe sich beim Sendekataster vertan und die Handydaten ihres Mandanten irrtümlich einem Sendemasten nahe der Täterwohnung zugeordnet.

Die Verhandlung wird am 1. Dezember mit den Einvernahmen der Beschuldigten fortgesetzt. Alle sechs Angeklagten kündigten an, sich ausführlich zu den gegen sie gerichteten Vorwürfen äußern zu wollen. Die Hauptverhandlung wird sich über mehrere Monate erstrecken. Urteile wird es voraussichtlich frühestens Anfang Februar 2023 geben. Den erwachsenen Angeklagten drohen bei anklagekonformen Verurteilungen bis zu 20 Jahre oder lebenslange Haft. Zwei Angeklagte waren zum Tatzeitpunkt noch keine 21 Jahre alt, sie müssen daher mit maximal 20 Jahren Haft rechnen.

Großes Medieninteresse

Die sechs Angeklagten – mit einer Ausnahme den Verfassungsschützern seit vielen Jahren als Anhänger der radikalislamischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt – hätten „ursächlich zur Ausführung der Tat beigetragen“ und damit „auf den öffentlichen Frieden abgezielt“. Eine Spezialeinheit der Justizwache hatte fünf Angeklagte pünktlich um 10.00 Uhr in den fast bis auf den letzten Platz gefüllten Großen Schwurgerichtssaal gebracht.

Zahlreiche Medienvertreter aus dem In- und Ausland wohnten der Verhandlung bei. Ein weiterer Angeklagter befindet sich auf freiem Fuß. Die sechs Männer im Alter zwischen 22 und 32 Jahren waren laut Staatsanwaltschaft zwar nicht direkt am Terroranschlag beteiligt, sollen dem Attentäter im Vorfeld aber geholfen haben. Ihnen werden im Wesentlichen die Verbrechen der Beteiligung an terroristischen Straftaten in Verbindung mit Mord, terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation vorgeworfen.

Bekennervideo abgespielt

Mit ihrer Hilfe soll der Attentäter an seine Waffen und Munition gelangt und in seinen terroristischen Absichten bestärkt worden sein. Ein 32-Jähriger tschetschenischer Abstammung soll ein vollautomatisches Sturmgewehr samt passender Munition sowie eine Pistole besorgt und dem Attentäter übergeben haben. Nur wenige Stunden vor dem Anschlag sollen der 32-Jährige und ein 24-Jähriger afghanischer Herkunft sich in die Wohnung des Attentäters begeben und diesem bei den letzten Vorbereitungen zum Anschlag, insbesondere bei der Aufbereitung und Munitionierung der Tatwaffen sowie der Herstellung einer Sprengstoffgürtelattrappe, zur Hand gegangen sein.

Vorschau auf Terrorprozess

Seit Dienstag stehen sechs Männer vor Gericht: Sie sollen laut Staatsanwaltschaft dem Attentäter bei dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt vor zwei Jahren im Vorfeld geholfen haben.

Die Staatsanwältin bezeichnete das Attentat als „Schreckenstat“. Der Attentäter habe „unschuldige Menschen erschossen, geradezu kaltblütig hingerichtet“. Es sei nur „einem großen Glück zu verdanken, dass in der Innenstadt nicht mehr Menschen ihr Leben lassen mussten“. Die Anklägerin begleitete ihre rund einstündigen Ausführungen mit einer PowerPoint-Präsentation. Auch ein vom Attentäter vor dem Anschlag aufgenommenes Bekennervideo, das einer der Angeklagten weitergeleitet und das dann IS-Medien übernommen hatten, wurde im Verhandlungssaal abgespielt.

Verteidiger: Keine Beweise

Die Verteidiger wiesen die Vorwürfe der Anklagebehörde zurück. „Es ist kein einziger Beweis da. Es sind nur Indizien. Aber die Indizienkette ist nicht schlüssig, sie bröckelt da und da“, stellte Rechtsanwalt Manfred Arbacher-Stöger fest, der einen Angeklagten vertritt, der den Attentäter in seinen Terrorabsichten bestärkt und begleitet haben soll, als diesem das bei der Tat verwendete Sturmgewehr übergeben wurde. Sein Mandant habe den Attentäter gekannt („Sie sind im selben Gebäude aufgewachsen“), es gebe aber keinen Beweis, dass er je in dessen Wohnung war. Er habe Videos bekommen und weiter verbreitet, „mehr“ sei aber nicht da.

Dessen ungeachtet sitze sein Mandant inzwischen seit fast zwei Jahren „unschuldig im Gefängnis“, monierte Arbacher-Stöger. Dieser sei mit 19 Jahren in U-Haft genommen worden und werde seither im Gefängnis „abgesondert. Nicht einmal seine Mutter darf ihn besuchen.“ Verteidiger Rudolf Mayer vertritt einen 24-Jährigen, der gemeinsam mit dem späteren Attentäter vom Wiener Landesgericht wegen terroristischer Vereinigung zu 22 Monaten Haft verurteilt worden war, weil die beiden IS-Propagandamaterial verbreitet und zudem versucht hatten, nach Syrien zu gelangen, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen.

„Keine geschlossene Indizienkette“

Im Dezember 2019 kamen beide Männer unter Anrechnung der U-Haft frei. Mayer verneinte, dass sein Mandant danach weiterhin – wie von der Anklage inkriminiert – Anhänger des IS gewesen sei. Er warf der Staatsanwältin vor, unsauber gearbeitet zu haben. In der Anklage fänden sich wesentliche Punkte anders wiedergegeben als im Abschlussbericht der Ermittler. „Es gibt keine geschlossene Indizienkette“, betonte Mayer. Eine solche brauche man aber für einen Schuldspruch: „Wir befinden uns in einem Rechtsstaat. Und der Rechtsstaat muss Beweise liefern.“