Anneliese Rohrer im Studio
ORF Wien
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Politik

Rohrer: Telefonprotokoll entlastet Kurz nicht

Anneliese Rohrer, eine der profiliertesten Innenpolitik-Journalistinnen, geht in der Interviewreihe „Bei Budgen“ mit der durch die Korruptionsaffäre belasteten ÖVP hart ins Gericht. Das von Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Geständnis von Thomas Schmid veröffentlichte Telefonprotokoll entlaste den Ex-Kanzler nicht.

Beim Durchlesen des Telefonprotokolls habe man „das eigenartige Gefühl, da sagen zwei Männer Dinge, die eigentlich für Dritte bestimmt sind“, so Rohrer Samstagabend im „Wien heute“-Interview. „Die reden so im Bewusstsein, sie werden abgehört. Er (Kurz, Anm.) sagt dreimal: Wie kommt man auf die Idee, dass ich (…) .“ Das sei eigenartig.

„Schmid kann nicht gelogen haben“

Schmid könne nicht gelogen haben. „Das wäre zu dumm“, sagt die langjährige „Presse“-Kolumnistin hinsichtlich des angestrebten Kronzeugenstatus des ehemaligen Finanz-Generalsekretärs Schmid. Ob er diesen Status erlangen werde, könne sie nicht beurteilen, dafür sei sie zu wenig „juristisch geschult“. Aber sie weigere sich zu glauben, dass man in einer solchen Situation die Staatsanwaltschaft anlüge.

Die Affäre rage insgesamt „in ihrer Lächerlichkeit“ heraus. „Warum muss sich das ganzes Land über die Befindlichkeiten einer Gruppe unterhalten, die offenbar nicht wusste, wo ihre Grenzen sind?“, , sagt die Journalistin, die seit fast 50 Jahren in der innenpolitischen Berichterstattung tätig ist.

„Sobotka nicht tragbar“

Für „nicht tragbar“ hält Rohrer außerdem den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) – schon seit den Wirren im U-Ausschuss nicht mehr. Er gehöre einer Generation und einem Typus an, die ein sehr geringes Bewusstsein darüber haben, was ginge und was nicht.

Anneliese Rohrer über die ÖVP-Korruptionsaffäre

„Nicht den Hauch einer Bereitschaft“ zur Reflexion

Die letzte Woche habe eine überraschende Dynamik gebracht. „Wer weiß, was da noch daherkommt.“ Weder erkenne sie genügend Distanzierung vom System Kurz noch „den Hauch einer Bereitschaft, in sich zu gehen und zu diskutieren: ‚Wie konnten wir dorthin kommen, wie konnten wir das zulassen? Was haben wir zu tun, dass das nicht noch einmal passiert? Was ist unser Anteil an der Sache? Da gibt es null (…), dass sich irgendwer Gedanken machen würde.‘“