Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb
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Klimaforscherin: „Würde Eistraum absagen“

Die renommierte Wiener Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb spricht sich in der Interviewreihe „Bei Budgen“ dafür aus, den „Wiener Eistraum“ auf dem Rathausplatz abzusagen. Die Stadt müsse sich klimafreundlichere und energiesparendere Alternativen überlegen.

„Ich glaube, dass wir uns von diesen sehr energieintensiven Formen der Vergnügungen trennen müssen“, sagt die BOKU-Professorin in „Wien heute“. Gerade wird am Wiener Rathausplatz der Christkindlmarkt aufgebaut, der von 19. November bis 26. Dezember stattfindet. Wie jedes Jahr soll auch der „Eistraum" wieder öffnen. „Ich würde den Eistraum absagen. Ich würde mir aber überlegen was kann ich sonst machen, was für die Wienerinnen und Wiener attraktiv ist“, sagte die Klimaforscherin.

Sendungshinweis

„Wien heute“ am 29. Oktober 2022 um 19.00 Uhr, ORF 2

Angesichts des Klimawandels und der hohen Strompreise sollte sich die Stadt Alternativen überlegen. „Aber die sollten nicht so energieintensiv sein. Wir sollten ja auch nicht im Winter Erdbeeren essen. Wenn das Eis nicht sowieso in Wien vorhanden ist, weil es kalt genug ist, dann müssen wir nicht unbedingt Eis erzeugen“, so Kromp-Kolb. Zur Weihnachtsbeleuchtung hingegen sagte sie: „Die gehört einfach dazu. Es ist wichtig, dass wir auch noch Freude haben am Leben.“ Allerdings müsse nicht jede Straße „exzessiv“ geschmückt werden und im Privatbereich sei es nicht notwendig, die Beleuchtung „bis Ostern zu lassen“.

Wärmster Oktober der Messgeschichte

Der heurige Oktober ist der wärmste der Messgeschichte, das steht jetzt bereits fest, wie Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) bestätigten.

Der Herbst sei die Jahreszeit, wo der Klimawandel am stärksten spürbar wäre. „Also bis jetzt ist es noch abnormal, aber es kann durchaus häufiger werden“, so Kromp-Kolb. Aber es könne natürlich immer wieder solche Wetterlagen geben, die eben warme Luft aus der Sahara Region nach Europa transportieren und die auch länger anhalten, erklärte die Klimaexpertin. Das länger anhalten sei durchaus ein Aspekt des Klimawandels.

Als Expertin bei Klimarat der Stadt Wien ausgetauscht

Die Stadt Wien hat einen eigenen Klimarat geschaffen, der aus insgesamt mehr als 40 Mitgliedern besteht. Diese beraten den Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Jürgen Czernohorszky (SPÖ), amtsführender Stadtrat für die Klima-Agenden, unmittelbar und persönlich betreffend klimapolitischer Herausforderungen und möglicher Maßnahmen Wiens.

Die Klimaexpertin war dort ebenfalls als Expertin tätig, wurde allerdings ausgetauscht, denn die Mitglieder sollen rotieren. „Es war ein bisschen überraschend. Ich glaube, es ist insofern verständlich, als man zunächst einmal den Klimarat geschaffen hat, ohne sich wirklich zu überlegen ‚Wie schaut das in einer dauerhaften Situation aus?‘ Und das ist heute weniger diskutiert worden im Klimarat selber, sondern ist dann einfach beschlossen worden und umgesetzt worden.“ Dass die Expertinnen und Experten allerdings ausgetauscht werden, findet sie „gut“, denn dadurch kämen neue Ideen hinein.

International sieht die Expertin keine Fortschritte in Sachen „Klimapolitik“. Am 6. November startet die Weltklimakonferenz in Ägypten in Scharm El-Scheich. Die Expertin sieht die politische Lage „nicht so, dass da wirklich Fortschritte erzielt werden können, aber wir verlieren ein ums andere, wenn wir die Klimakonferenzen nicht wirklich nützen.“

Klima-Proteste „Ausdruck der Verzweiflung“

Zu Bildern aus Wien, auf denen zu sehen ist, wie sich Klimaschützerinnen und -schützer auf den Boden geklebt haben, sagte Kromp-Kolb: „Es ist eigentlich ein Ausdruck der Verzweiflung, und ich finde es schade, dass wir die jungen Menschen in diese Verzweiflung treiben. Und ich möchte nicht daran denken, wie weit das noch gehen kann.“

Sie sieht die Proteste als notwendig und glaubt, „dass sich auch die jungen Leute ziemlich genau überlegen, dass sie zwar Aufmerksamkeit erwecken, ohne wirklichen Schaden anzurichten.“