Viele Polizisten stehen um eine Aktivistin herum
Wolfgang Kindler
Wolfgang Kindler
Politik

„Terror“ bis legitim: Politik zu Klimaaktionen

Immer öfter legen Klimaaktivistinnen und -aktivisten mit Klebeaktionismus in Wien den Verkehr lahm. Strafrechtliche Konsequenzen hatte das bisher allerdings kaum. Die Rathausparteien sehen diese Proteste unterschiedlich: von „berechtigten Sorgen“ bis hin zu „Klimaterroristen“.

In Deutschland wären in bestimmten Fällen auch Gefängnisstrafen für Klimaaktivisten möglich – etwa bei Sachbeschädigung von Kunstwerken und wenn eine Straßenblockade Einsatzkräfte behindert. Das könnte dann als Nötigung oder fahrlässige Körperverletzung bestraft werden. In Österreich würde das im Anlassfall ähnlich aussehen.

Bisher kaum strafrechtliche Anzeigen

Bisher kam es etwa in Wien aber kaum zu strafrechtlichen Anzeigen im Zuge der Klebeproteste, so die Polizei auf APA-Anfrage. Denn in der Bundeshauptstadt hatten die Blockaden – wie in Berlin – zu keinen ernsthaften Problemen der Einsatzkräfte geführt. Und es wurden noch keine Beschädigungen von Kunstwerken vorgenommen. Bisher habe es sich größtenteils nur um Verwaltungsübertretungen gehandelt.

Klimaaktivist liegt auf der Straße
Extinction Rebellion Österreich
Immer wieder blockieren Klimaaktivistinnen und -aktivisten Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen

Nur am 15. September wollten sich im Naturhistorischen Museum Aktivisten bei einem Exponat ankleben. Das wurde jedoch im letzten Moment verhindert. Es wird gegen drei Personen wegen des Verdachts der versuchten Sachbeschädigung bzw. der versuchten schweren Sachbeschädigung ermittelt. Alle drei wurden auf freiem Fuß angezeigt. Der Fall ist bereits bei der Staatsanwaltschaft anhängig.

SPÖ verweist auf Demonstrationsfreiheit

Die Rathausparteien bewerten diese Form der Proteste sehr unterschiedlich: Die SPÖ verweist auf das Demonstrations- und Versammlungsrecht, die „wesentliche Grundpfeiler unserer demokratischen Werte und als Mittel der freien Meinungsäußerung besonders schützenswert“ seien. Weiter heißt es auf Radio-Wien-Anfrage: „Ob Aktionen wie das Festkleben am Straßenbelag oder das Blockieren des Frühverkehrs jedoch zielführend sind, bleibt aber stark anzuzweifeln.“

Dass man durch solche Aktionen viel Aufmerksamkeit erregen könne und wolle, sei „nachvollziehbar“. Allerdings sind sie laut SPÖ eher kontraproduktiv und würden Menschen von gemeinsamen Klimaschutzanstrengungen abschrecken. Ob schwerere Strafen sinnvoll wären, will die SPÖ nicht beurteilen: Es liege nicht „im Kompetenzbereich der Stadt Wien, über den Schweregrad allfälliger Strafen zu urteilen“.

NEOS pocht auf friedliche Proteste

Auch für den Koalitionspartner der SPÖ, NEOS, stellt die Versammlungsfreiheit „ein zentrales Grundrecht“ dar – sowohl beim Thema des Protests als auch der Gestaltung. Wichtig sei, dass dieser friedlich stattfinde und „auch die Rechte anderer nicht einschränkt“. Verstöße dagegen seien gesetzlich geregelt, über darüber hinaus gehende Strafen entscheide die Bezirksverwaltungsbehörde oder die Landespolizeidirektion.

ÖVP will Strafrahmen ausschöpfen

Für die Wiener Volkspartei sind die Proteste und die dadurch entstehende Beeinträchtigung des öffentlichen Lebens „schlichtweg inakzeptabel“. Es gehe den Aktivisten „vor allem um die Blockade und die Störung der öffentlichen Ordnung“, die Protestierenden würden Wien in „Geiselhaft“ nehmen und auch Einsatzfahrten behindern. Daher will die ÖVP auch strengere Strafen: Der bestehende Rahmen solle „zur Spezial- und Generalprävention bis hin zur Verhängung von Primärarreststrafen ausgeschöpft werden“. Zudem will die ÖVP prüfen, ob Daten der „Blockierer“ an Geschädigte weitergegeben werden, um diese zivilrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.

Proteste laut Grüne „irritierend“, aber berechtigt

Die Wiener Grünen haben grundsätzlich Verständnis, allerdings „die Form des Protestes irritiert und trifft auch Leidtragende, die keine direkten politischen Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise setzen können“. Angesichts der zunehmenden Klimakrise seien die Sorgen der Aktivistinnen und Aktivisten sowie der Wissenschaft allerdings „berechtigt und nachvollziehbar“. Die politischen Reaktionen sei hingegen „bei Weitem unzureichend“ – vor allem beim Verkehr in Wien. Für strengere Strafen sehen die Grünen keine Notwendigkeit.

FPÖ sieht „Klimaterroristen“

Für die Wiener FPÖ sind die handelnden Personen dieser Aktionen keine Aktivisten, sondern „Klimaterroristen“. „Diesen Gruppierungen geht es nicht um Inhalte, sondern um das Schikanieren der arbeitenden Bevölkerung sowie um plumpe Selbstdarstellung.“ Zudem würden Einsatzfahrzeuge behindert. Deshalb müsse die Polizei „mit voller Härte durchgreifen und diese Personen umgehend entfernen“. Die FPÖ wünscht sich außerdem die Prüfung einer Verschärfung der Gesetzeslage: „Es braucht harte Strafen sowie eine Zwangsvorführung beim Amtsarzt aufgrund von Selbst- und Fremdgefährdung.“