Streikende Kindergartenpädagog*innen
APA/Helmut Fohringer
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Bildung

Streik im Sozialbereich für mehr Geld

Arbeitnehmende im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich sind am Dienstag auf Wiens Straße gegangen, um in den stockenden Kollektivvertragsverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten in der Sozialwirtschaft Druck zu machen. Laut Gewerkschaft GPA nahmen 3.000 Personen teil.

An 142 öffentlichen Volksschulen in Wien ist heute die Nachmittagsbetreuung ausgefallen, da etliche Freizeitpädagoginnen und -pädagogen für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld protestiert haben. Die Gewerkschaften GPA und vida fordern von den Arbeitgebern eine Gehaltserhöhung um 15 Prozent, diese hatte 7,5 geboten. Rund 3.000 Menschen haben laut GPA an einer Demonstration vom Westbahnhof zum Ballhausplatz teilgenommen.

Streiks rund um Sozialbereich

Nicht nur die Mitarbeitenden der Freizeitpädagogik haben ihre Arbeit niedergelegt. In der gesamten Sozialwirtschaft sind am Dienstagnachmittag vereinzelt Betriebsversammlungen abgehalten worden – etwa auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kindergärten, der Heimhilfe, der Pflege und auch von Psychologinnen und Psychologen sowie Flüchtlingsbetreuerinnen und -betreuern.

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen des Samariterbundes Wien im Bereich Wohnen und Soziale Dienste streikten am Dienstagnachmittag ebenfalls, konkret betraf das etwa Wohneinrichtungen für ehemals obdachlose Menschen.

Freizeitpädagogen protestieren

In Wien ist am Dienstag in 142 öffentlichen Volksschulen die Nachmittagsbetreuung ausgefallen. Grund dafür sind die Proteste der Freizeitpädagoginnen und Freizeitpädagogen, die auf die Straße gingen und bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld forderten.

„Wir haben uns mehr verdient“

Bereits spürbar wurden die gewerkschaftlichen Maßnahmen am Dienstag in den Wiener Ganztagsvolksschulen: Die Nachmittagsbetreuung entfiel wegen Betriebsversammlungen der städtischen Freizeitpädagoginnen und -pädagogen, an Einrichtungen mit verschränktem Angebot endete die Schule um 14.00 Uhr.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozialbereich hätten sich „einfach eine Gehalts- und Lohnerhöhung verdient“, sagte Eva Scherz, Chefverhandlerin der Gewerkschaft GPA. „Sie sind besonders von der Teuerung betroffen, wir haben einen hohen Frauenanteil mit einem extrem hohen Teilzeitanteil und viele Kolleginnen kommen einfach nicht mehr aus mit ihrem Einkommen. Ich denke jetzt an jemanden, der im mobilen Bereich ist und von Klient zu Klient fährt – die Spritpreise sind gestiegen, es stellt sich wirklich die Frage ‚kann ich mir meinen Job noch leisten?‘“, sagte Scherz gegenüber „Wien heute“.

In sensiblen Bereichen wie der Pflege und den Kindergärten blieb der Betrieb am Dienstag allerdings aufrecht, und auch Klienten bzw. Patientinnen hätten davon nichts zu spüren bekommen, wurde bereits im Vorfeld von der Gewerkschaft GPA versichert. Vor allem jene, die in der Pflege beschäftigt sind, sind seit drei Jahren im Dauerkriseneinsatz, sagte Bettina Billiani, Diplomierte Krankenschwester. „Ich liebe meinen Job, und mein Arbeitgeber ist jetzt auch nicht schlecht, aber ich bin trotzdem für eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und mehr Urlaubstage, weil in der Pflege geht es seit Jahren bergab“, betonte Billiani.

Kein Nachmittagsunterricht in Ganztagsschulen

Rund 35.000 Personen sind laut Gewerkschaft GPA in Wien in der Sozialwirtschaft bei privaten Betreibern beschäftigt. Bei Bildung im Mittelpunkt, der stadteigenen Gesellschaft, die für die Nachmittagsbetreuung an den öffentlichen Schulen zuständig ist, seien rund 2.000 Freizeitpädagoginnen und -pädagogen beschäftigt.

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An offenen Ganztagsschulen fiel deshalb die Nachmittagsbetreuung aus#. An verschränkten Ganztagsschulen, wo sich Unterricht, Lern- und Freizeit normalerweise abwechseln, wurden Bildungsblöcke zusammengezogen, und die Schule endete um 14.00 Uhr.

Verhandlungsrunde ohne Ergebnis

Die dritte Verhandlungsrunde zum Kollektivvertrag zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern der Sozialwirtschaft war Mitte Oktober ergebnislos unterbrochen worden. Die Arbeitnehmer hatten eine Gehaltserhöhung von plus 15 Prozent gefordert, die Arbeitgeber 7,5 Prozent geboten.

Die Arbeitnehmerseite fordert außerdem eine Arbeitszeitreduktion bei vollem Gehalt, die Anrechnung von Vordienstzeiten und die Erhöhung des Kilometergelds. Die Gehaltsverhandlungen der Sozialwirtschaft werden Mitte November fortgesetzt.

Sollte die nächste Verhandlungsrunde am 17. November kein Ergebnis „weit über 7,5 Prozent“ bringen, werde weiter gestreikt, hieß es von der GPA. „Wir sind streikbereit“, so die Rufe der Demoteilnehmenden.

Druck auch aus privatem Gesundheitsbereich

In den Ordensspitälern (mit rund 10.000 Mitarbeitern österreichweit) wurden mit gewerkschaftlichem Druck vorgezogene Sonder-KV-Verhandlungen erreicht. Die Gewerkschaft vida fordert 500 Euro brutto monatlich bzw. 2.000 Euro Mindestlohn. Nachdruck verliehen wird dieser Forderung mit einer Befragung zu gewerkschaftlichen Maßnahmen, die in den Wiener Leitbetrieben noch bis 10. November läuft, Betriebsversammlungen und dem Antrag auf vorsorgliche Streikfreigabe.

Im Krankenhaus Speising fand die Befragung bereits am Freitag statt, und es zeichnete sich nach Gewerkschaftsangaben eine hohe Streikbereitschaft ab. In den ersten Stunden hätten sich 95 Prozent der bei einer Betriebsversammlung anwesenden Belegschaft dafür ausgesprochen, so vida. Die Verhandlungen mit den Arbeitgebern gehen hier am 11. November weiter.

Arbeitgeber sehen „keinen Grund für Aufregung“

Die Arbeitgeberseite sieht am Dienstag angesichts der Demonstrationen „keinen Grund für Aufregung“. Laut dem Verhandlungsführer Walter Marschitz laufe „alles plangemäß“. Dass man in dieser Phase mit den Vorstellungen für eine Gehaltserhöhung noch weit auseinanderliege, sei nicht ungewöhnlich, so der Geschäftsführer des Sozialwirtschaft-Österreich-Verbandes. Er gibt sich optimistisch: Man habe sich immer noch gefunden. Am 16. November werden die Verhandlungen fortgesetzt.