Polizisteneinsatz Innenstadt
APA/Roland Schlager
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Chronik

Anschlag: Keine Anklage gegen Polizisten

Im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in der Innenstadt im November vor zwei Jahren hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen zwei Beamte des Wiener Verfassungsschutzes ermittelt. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch wurden aber eingestellt.

Die WKStA ermittelte seit Februar 2021 gegen die beiden Beamten. Es ging um den Vorwurf, dass die Staatsanwaltschaft Wien trotz eines Anfangsverdachts der Terrorunterstützung nicht informiert worden sei. Obwohl der spätere Attentäter in der Slowakei Munition kaufen wollte und amtsbekannte Salafisten getroffen hatte – mehr dazu in Anschlag: Ermittlungen gegen Polizisten.

„Das Ermittlungsverfahren wurde im September eingestellt“, bestätigte nun ein Sprecher der WKStA gegenüber wien.ORF.at. „Die Begehung einer Straftat war nicht nachweisbar.“ Der Auslöser für die Ermittlungen kam aus dem Innenministerium. Dieses führte nach dem Anschlag Untersuchungen im eigenen Ressort durch und brachte im Dezember 2020 eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wiener Staatsanwaltschaft ein und zeigte die zwei Beamten an.

Zerbes: „Abschieben der Verantwortung in unteren“ Etagen

Parallel dazu untersuchte auch die Zerbes-Kommission im Auftrag von Innen- und Justizministerium allfällige Versäumnisse im Zusammenhang mit dem behördlichen Umgang mit dem späteren Attentäter.

„Amtsmissbrauch ist echt ein hartes Delikt, das ist wissentlicher Missbrauch einer Befugnis und nicht Schlamperei. (…) Aber wissentlichen Missbrauch, den hat niemand begangen“, sagte Kommissionsleiterin Ingeborg Zerbes gegenüber Ö1 und Dossier. Die Verfassungsschützer hätten schlecht zusammengearbeitet. „Aber nicht jede Fehlentscheidung ist ein Amtsmissbrauch. Und ich halte diese Verfolgungen für ein Abschieben der Verantwortung in die unteren Etagen. Ganz eindeutig“, so Zerbes.

„Fehlverhalten“, aber „keine Person“ verantwortlich

Laut dem damaligen Kommissionsbericht hat sich am Ende gezeigt, dass es in Bezug auf den 20-jährigen Attentäter aufseiten des Staatsschutzes vor allem im operativen Bereich „Fehlverhalten“ gegeben habe. Es gebe allerdings „keine Person, auf die sich eine Verantwortung zugespitzt hätte“. Es sei kein individuell-schuldhaftes, in strafrechtlicher Hinsicht zu ahndendes Verhalten nachweisbar. Es lasse sich aber nach wie vor nicht sagen, dass eine bestimmte Maßnahme, die unterlassen wurde, den Anschlag hätte verhindern können – mehr dazu in Terrorbericht: Viele Mängel in BVT.

Offen blieb für Zerbes der Informationsfluss über den späteren Attentäter von den damit befassten Dienststellen zur Weisungsspitze, dem Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, „der offenbar nicht optimal war“. In diesem Zusammenhang bekräftigte die Kommissionsvorsitzende: „Die Meldepraxis an den Generaldirektor konnte nicht restlos aufgeklärt werden.“

IS-Sympathisant erschoss vier Menschen

Der Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte bei seinem neunminütigen Anschlag am 2. November in der Innenstadt 17 Menschen angeschossen, wovon 13 mit dem Leben davonkamen. Zehn weitere verletzten sich auf der Flucht oder durch Glassplitter. Der Attentäter wurde bei dem Anschlag von Einsatzkräften erschossen. Etliche Personen, die damals in der Innenstadt unterwegs waren und in Lokalen bzw. Gastgärten saßen – es war ein lauer und der letzte Abend vor einem weiteren coronavirusbedingten Lockdown – litten danach unter den psychischen Folgen jener Nacht und taten sich schwer, die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten.