Und zwar langfristig und nicht nur an dem Standort, sondern in ganz Österreich. „Mit großer Sorge sehen wir die dramatische Entwicklung in der kindermedizinischen Versorgung in Österreich, die sich bereits seit Jahren abzeichnet und vor der die Kinderliga bereits mehrfach gewarnt hat. Das System ist total am Kippen. Leidtragende sind die Kinder und Jugendlichen“, sagte Caroline Culen, Geschäftsführerin der Österreichischen Kinderliga, am Dienstag in einer Aussendung.
Immer weniger Kassenärzte
Sowohl im Spitalsbereich als auch im niedergelassenen Kassenbereich bestehe dringender Handlungsbedarf. Denn im Kinder- und Jugendbereich gebe es in Österreich eine „rasche Entwicklung“ hin zu mehr Wahlärztinnen und Privatärzten. Berechnungen auf Grundlage des Richtwertes für die pädiatrische Versorgung des Österreichischen Strukturplans für Gesundheit 2017 zeigen eine akute Unterversorgung durch kassenfinanzierte Kinderärztinnen.
Mit Ausnahme von Vorarlberg kommen in allen Bundesländern auf 1.000 Kinder 0,09 Kassenärzte, hieß es in der Aussendung weiter. Das bedeute, dass eine Kassenordination mehr als 10.000 Kinder betreuen müsste. Vertraglich geregelte Arbeitszeiten mit Mindestöffnungszeiten, dafür aber geringe finanzielle Abgeltung durch die Sozialversicherungen, viele Patientinnen und wenig Ressourcen für Behandlung machen die Arbeit als Kassenarzt oder Kassenärztin zunehmend unattraktiv", so Culen weiter.
In Wien stehen viele Pensionierungen an
In Wien haben etwa noch 42 Prozent der Kinderärztinnen und -ärzte einen Kassenvertrag, von diesen sind 71 Prozent über 50 Jahre alt und 26 Prozent über 60 Jahre alt. Das bedeute, dass allein in Wien in den nächsten fünf Jahren die Versorgung durch Kassenärzte nicht mehr möglich sein wird.
Gerade für Mehrkindfamilien, Alleinerzieherinnen und vor allem für Familien in der Mindestsicherung und Familien mit Fluchtgeschichte sind eine Privatversicherung und ein Wahlarztbesuch allerdings schwer bzw. nicht finanzierbar. Auch Kinder mit einer Vorerkrankung seien von einer Privatversicherung meist ausgeschlossen. „Das Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung im Sinne der Chancengleichheit muss für alle Kinder und Jugendliche in ganz Österreich garantiert sein, unabhängig von ihrem sozioökonomischen Status“, sagte Christoph Hackspiel, Präsident der Österreichischen Kinderliga.
„An einem Strang ziehen“
Um das zu erreichen, brauche es dringend „konkrete gesundheitspolitische Maßnahmen, die dem Gefühl der Hilflosigkeit, der Frustration und der zunehmenden Erschöpfung des Personals in der Pädiatrie entgegenwirken“. Es gingen sonst dem Gesundheitssystem auch dringend notwendige Ausbildner für Jungmediziner verloren.
„Nach vielen Jahren der Diskussion müssen Politik, Sozialversicherung und Ärztekammer an einem Strang ziehen, um zu raschen Lösungen für eine stabile, flächendeckende, kostenfreie kindermedizinische Versorgung zu finden. Die gesundheitspolitischen Divergenzen dürfen nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen werden“, appellierte Culen.