Kellnerin mit Drinks in Restaurant
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Wirtschaft

Arbeiterkammer kritisiert Lehrausbildung

Die Arbeiterkammer (AK) Wien und die Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) üben Kritik an der Lehrausbildung im Tourismus und im Handel. Eine Sonderauswertung des Lehrlingsmonitors habe ergeben, dass damit nur ein Drittel der Lehrlinge zufrieden ist.

Gut schneiden die Metall- und Elektroindustrie ab. Ob Jugendliche mit ihrer Lehrstelle zufrieden sind, hängt stark von der gewählten Branche ab. Darauf machte am Dienstag die AK aufmerksam. Sie sieht in der Qualität der Lehrausbildung auch den Grund für den Personalmangel in bestimmten Branchen. Besondere Unzufriedenheit herrscht laut AK bei den Lehrlingen im Tourismus und Handel. Hier würden viele Lehrlinge nach dem Lehrabschluss weg wollen.

36 Prozent der Handelslehrlinge wollen Branche wechseln

Die AK Wien präsentierte gemeinsam mit der Gewerkschaftsjugend eine Sonderauswertung des vierten Lehrlingsmonitors, durchgeführt vom Institut für Berufsbildungsforschung ÖIBF. Demzufolge ist nur ein Drittel der Lehrlinge im Tourismus und Handel mit den Ausbildungsbedingungen sehr zufrieden. Im Tourismus möchten 28 Prozent und im Handel 36 Prozent nach der Lehre den Beruf oder die Branche wechseln.

Im Tourismus und Handel haben 54 Prozent daran gedacht, die Ausbildung abzubrechen, bei Metall und Elektro sind es nur 37 Prozent. Auch unter den angehenden Maurerinnen und Maurern haben nur 36 Prozent daran gedacht hinzuschmeißen.

Arbeiterkammer warnt vor Arbeitskräftemangel

Richard Tiefenbacher, Vorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend, sieht Handlungsbedarf im Tourismus und Handel: „Junge Menschen wollen nicht in Branchen arbeiten, wo sie bereits beim Berufseinstieg mit einer schlechten Ausbildungsqualität konfrontiert werden. Solange hier kein Umdenken stattfindet und Verbesserungen eingeführt werden, würde ich keinem jungen Menschen empfehlen, in entsprechenden Branchen eine Lehre zu beginnen.“

Die Bereichsleiterin Bildung in der AK Wien, Ilkim Erdost, erwartet, das der Arbeitskräftemangel im Handel und Tourismus schlimmer werden wird. Man sehe derzeit nur die Vorboten von zukünftigen Lücken. „Die Unternehmen kommen mit ihrer unterdurchschnittlichen Performance in der Lehrausbildung so nicht mehr weiter“, so Erdost. Die Lösung wäre, bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Vorbild: Bau-, Metall- und Elektrobranche

Die AK rät den Unternehmen in Gastronomie, Tourismus und Handel, sich die Branchen Bau, Metall und Elektro als Vorbild zu nehmen. Hohes Lehrlingseinkommen – am Bau 1.629 Euro brutto im Monat ab dem zweiten Lehrjahr – kombiniert mit qualitativ hochwertiger Ausbildung unter anderem in Lehrwerkstätten würde für entsprechend hohe Beliebtheit und Zufriedenheit bei den Jugendlichen sorgen. Insbesondere im Tourismus stehe dagegen oft der Einsatz der Lehrlinge als Hilfskräfte im Vordergrund, kritisierte die AK.

Die Wirtschaftskammer gab am Dienstag ein deutliches Plus bei den Lehranfängern bekannt. Bis Ende Oktober haben demzufolge heuer um 7,8 Prozent mehr vornehmlich junge Menschen eine Lehre begonnen als 2021. Nach den schwierigen Coronavirus-Jahren erfreue sich die Lehre wieder hoher Attraktivität, so die Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer verweist auf eine eigene Umfrage von Market, wonach 80 Prozent der Lehrlinge zufrieden sind. 76 Prozent würden sich jederzeit wieder für eine Lehre entscheiden.