Alles gurgelt Röhrchen
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CHRONIK

Lifebrain gewinnt gegen Ärztekammer

Die Laborgruppe Lifebrain kann sich auch in der letzten Instanz gegen die Ärztekammer Wien durchsetzen. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat eine von der Ärztekammer eingebrachte außerordentliche Revision zurückgewiesen. Die Kammer hatte auf unlauteren Wettbewerb geklagt.

Die Laborgruppe Lifebrain teilte in einer Aussendung mit, dass der Rechtsstreit mit der Ärztekammer Wien entschieden sei. Somit sei vom VwGH klargestellt, dass die Bewilligung für den Laborbetrieb rechtens und eine Bedarfsprüfung zu keinem Zeitpunkt erforderlich gewesen wäre. Die Kammer hat die Bewilligung des Labors zur Durchführung von CoV-Tests und zum Betrieb mehrerer Teststationen in Wien infrage gestellt. Die Gurgeltests des von der Stadt Wien beauftragten Labors waren deutlich günstiger, als die der niedergelassenen Praxen.

VwGH bestätigt: Ärztekammer-Beschwerde war unzulässig

Zufrieden damit zeigte sich am Dienstag Lifebrain-Gründer und -Geschäftsführer Michael Havel im Rahmen eines Pressegesprächs in Wien. Die Ärztekammer habe ihn „mit archaischem Hass verfolgt“ und „vom ersten Tag an mit Klagen eingedeckt“, um „mit allen Mitteln die Pfründe ihrer Mitglieder zu schützen“, wie Havel formulierte.

Der Verwaltungsgerichtshof habe im Urteil auf die besonderen Umstände im Laborbetrieb verwiesen: Die PCR-Tests stellen keine Krankenbehandlungen dar, sie würden deswegen auch nicht aus den Sozialversicherungsbeiträgen, sondern aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds des Bundes finanziert werden. Daher sei eine Bedarfsprüfung nie notwendig gewesen. Die Ärztekammer Wien hätte die Beschwerde nie einbringen dürfen, da keine Parteistellung gegeben sei.

Lifebrain-Tests günstiger als bei niedergelassenen Praxen

Niedergelassene Ärzte hätten zu Beginn der Pandemie Corona-Tests um 130 bis 160 Euro pro Stück angeboten, Lifebrain sei mit 6,20 Euro signifikant darunter gelegen, so Geschäftsführer Havel. Aktuell koste ein Lifebrain-PCR-Test 5,20 Euro. Bis zu 800.000 Corona-Tests könnten im eigens aufgebauten Großlabor in Wien-Penzing täglich durchgeführt werden. „Das wollte man mutwillig zerstören.“

Mit der VwGH-Entscheidung hätten sich „die wesentlichen Vorwürfe der Kämmerer in Luft aufgelöst“, hielt Harald Strahberger, Counsel bei Wolf Theiss Rechtsanwälte, fest. Die Kanzlei vertritt die Lifebrain-Gruppe in rechtlichen Angelegenheiten. Der Status des Lifebrain-Labors als selbstständiges Ambulatorium sei somit rechtskräftig abgesichert, betonte Strahberger.

Laborbetrieb wohl bis Juni 2023 gesichert

Derzeit werden dort werktags 30.000 bis 40.000 Corona-PCR-Tests ausgewertet, an Montagen sind es laut Havel bis zu 70.000. 700 Mitarbeiter sind als Vollzeitbeschäftigte im Einsatz, in der Hochphase der Corona-Krise waren es 1.700. Den gegenwärtigen Mitarbeiter-Stand will Havel bei- und einen Drei-Schicht-Betrieb aufrecht erhalten: „Die Frage ist, wie lang der Bund der Stadt Wien die Kosten refundieren wird.“ Auf Basis einer Aussage von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gehe er davon aus, dass dies jedenfalls bis Juni 2023 gesichert ist. Was den Zeitraum danach betrifft, warte man auf „Signale aus der Politik“, meinte der Lifebrain-Geschäftsführer.

Fragen nach Umsatz und Gewinn der Lifebrain-Gruppe im Zusammenhang mit den Corona-Tests wollte Havel auch auf mehrmaliges Nachfragen von Journalisten nicht beantworten: „Unsere Firmenpolitik besagt, wir geben zu Umsatzzahlen keine Auskunft.“ Milliarden habe man jedenfalls nicht verdient – zuletzt war bekannt geworden, dass die Corona-Tests hierzulande bisher vier Milliarden Euro gekostet haben.

Testbetrieb könne jederzeit wieder hochgefahren werden

Havel verwies darauf, dass Lifebrain in den Aufbau der Infrastruktur zur Abwicklung der Corona-Tests über 65 Millionen Euro investiert habe. Sollten die Corona-Zahlen und einhergehend damit die Nachfrage nach PCR-Tests wieder steigen, könnte man binnen drei bis vier Tagen in technischer Hinsicht wieder in den Vollbetrieb gehen („Derzeit haben wir einen Pavillon eingesommert“). Die dafür erforderlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stünden „in zehn bis 14 Tagen“ wieder zu Verfügung, sagte Havel.

Sollte es im Winter eine Corona-Welle mit hochinfektiösen Varianten oder Sub-Varianten geben, könnte Lifebrain die Test-Kapazitäten auf bis zu 100.000 Auswertungen pro Tag erhöhen. Die dafür benötigten Materialien stünden insoweit bereit, als entsprechende Vorräte für drei Monate eingelagert sind.

Klage gegen Wiener FPÖ-Obmann: „Rote Test-Mafia“

Indes hat Lifebrain gegen den Wiener FPÖ-Wien-Obmann Dominik Nepp eine Klage wegen Rufschädigung eingebracht. Dieser hatte die Vergabe von PCR-Lutschertests an Lifebrain kritisiert und in einer Presseaussendung wörtlich behauptet, der „roten Testmafia in Wien“ würden „Hunderttausende Euro zugeschanzt, ohne vorher eine Ausschreibung durchzuführen“. „Obwohl ich nicht SPÖ-Mitglied bin, lasse ich mich ungern als rote Test-Mafia bezeichnen“, stellte Havel fest.

Die FPÖ Wien verkündete in einer Aussendung, dass sie der angekündigten Klage „sehr gelassen“ entgegensehe. Die Partei lasse sich „mit diesen SLAPP-Methoden jedenfalls nicht mundtot machen“ und will „dubiose Vergabevorgänge seitens der Stadt Wien an die Firma Lifebrain weiter thematisieren.“ Lifebrain sei ein finanzieller Krisengewinner, das Labor habe stark von der Auftragsvergabepraxis der Stadt Wien profitiert. Diesbezüglich wolle die FPÖ eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch gegen Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) einbringen, die gerade von Juristen geprüft werde.