chronik

Anklage nach Sex-Dates geändert

Zuerst wegen Verdachts auf Doppelmord festgenommen wird sich ein 52-Jähriger unter anderem wegen Vergewaltigung mit Todesfolge in Wien vor Gericht verantworten müssen. Der Mann sitzt seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft, der Prozess soll Anfang 2023 starten.

Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst angenommen, dass der Verdächtige zwei Männer im Zuge von Sex-Dates vorsätzlich getötet und einen dritten betäubt und ausgeraubt haben könnte. Ursprünglich wurde daher wegen Doppelmord-Verdachts ermittelt. Die jetzt vorliegende Anklage lautet nun aber auf Vergewaltigung mit Todesfolge, Missbrauch einer wehrlosen Person und schweren Raub.

Wie die Sprecherin der Wiener Anklagebehörde, Nina Bussek, auf APA-Anfrage erläuterte, reichten am Ende die Beweislage und die eingeholten Gutachten nicht aus, um eine Mordanklage beim Landesgericht für Strafsachen einzubringen. Für den Strafrahmen hat das allerdings insofern keine Bedeutung, als das Tötungsdelikt, das dem Mann nun vorgeworfen wird, ebenfalls mit zehn bis 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist. Die Anklage ist aber noch nicht rechtskräftig.

Staatsanwaltschaft für Unterbringung in Anstalt

Zusätzlich beantragte die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Mannes in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist der Verdächtige zwar zurechnungsfähig, weist aber eine hochgradige Persönlichkeitsstörung auf, die ihn äußerst gefährlich macht. Ohne die im Maßnahmenvollzug vorgesehenen haftbegleitenden therapeutischen Behandlungen wären laut Staatsanwaltschaft zukünftig wieder Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten.

Der Prozess soll vermutlich Anfang 2023 vor einem Schwurgericht verhandelt werden. Es ist in jedem Fall eine außergewöhnliche Strafsache. Ins Rollen gebracht wurde sie eigentlich durch Nachbarn, die in Penzing aus der Wohnung des Verdächtigen kommenden Verwesungsgeruch wahrnahmen. Der Polizei fiel aber nichts Verdächtiges auf. Schlussendlich meldete sich der 52-Jährige selbst bei der Polizei und gab an, dass in seiner Wohnung ein Toter liege.

Sex-Partner Liquid Ecstasy verabreicht

Laut Anklage soll der Tote rund drei Wochen in der Wohnung gelegen haben. Gestorben sei er an einer Überdosis Liquid Ecstasy, das ihm der Verdächtige intravenös in den linken Arm verabreichte. Danach soll er den Mann vergewaltigt haben. Er starb danach ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Der 52-Jährige hatte sich mit dem Mann über eine Datingplattform für Schwule verabredet.

Er bestreitet dem Vernehmen nach weiterhin, ein strafbares Verhalten gesetzt zu haben. Nach seiner Festnahme hatte er erklärt, er und der 43-Jährige hätten „Slamming“ betrieben, also zwecks zusätzlichem Lustgewinn intravenös psychoaktive Substanzen konsumiert. Er habe versucht, beim 43-Jährigen mit dessen Einvernehmen „eine Vene zu finden“.

Die Staatsanwaltschaft nimmt dem Mann diese Behauptung nicht ab. Seine Angaben seien mit den gutachterlichen Feststellungen nicht in Einklang zu bringen, hieß es seitens der Behörde. Die Staatsanwaltschaft glaubt nachweisen zu können, dass er den 43-Jährigen zunächst mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt und danach weiter missbraucht habe, nachdem dieser infolge des Liquid Ecstasy in einem wehrlosen Zustand war.

Zweiter Fall nicht eindeutig nachweisbar

Anders sieht das bei einem zweiten Toten aus, der ein halbes Jahr davor im Mai 2021 in der Wohnung des 52-Jährigen entdeckt worden war. Auch mit diesem Mann hatte sich der Angeklagte ein Sex-Treffen ausgemacht. Die Leiche wies ebenso eine Einstichstelle am linken Ellenbogen auf, bei einer toxikologischen Untersuchung war man ebenso auf Spuren von Ecstasy gestoßen, und zwar in einer Menge, dass von einer Vergiftung auszugehen war. Kausal für das Ableben dieses Mannes war eine dadurch bewirkte Sauerstoffunterversorgung.

Obwohl Parallelen zwischen den beiden Todesfällen unübersehbar sind, hat die Staatsanwaltschaft den zeitlich gesehen ersten Fall nicht als Tötungsdelikt zur Anklage gebracht. Mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit hätten sich die Angaben des 51-Jährigen zum Geschehen im Mai nicht widerlegen lassen, sagte Mediensprecherin Nina Bussek. Dieser behauptet, sein Sex-Partner sei bereits mit Liquid Ecstasy im Körper bei ihm erschienen, weil man sich zuvor auf Chem-Sex geeinigt gehabt hätte.

Raub als dritter Anklagepunkt

Dafür umfasst die Anklage auch noch einen Raub. Im Juni 2021 hatte sich ein dritter Mann mit dem 51-Jährigen zu einem Sex-Date getroffen. Dieser fand den 51-Jährigen aber nicht sonderlich sympathisch und lehnte daher laut Anklageschrift einen intimen Kontakt ab. Der 51-Jährige überredete ihn zu einem Abschiedsgetränk, bei dem er ihm Ecstasy ins Getränk gemischt und ihn betäubt haben soll. Nachdem er den Mann außer Gefecht gesetzt hatte, soll er ihm Bargeld und Wertsachen für insgesamt 18.000 Euro abgenommen haben.

Der Angeklagte weist bereits 13 Vorstrafen auf. Ein Indiz für seine laut psychiatrischem Gutachten abartige Persönlichkeitsstruktur könnte eine mehr als 30 Jahre zurückliegende Verurteilung sein. In jungen Jahren war der Mann wegen Tierquälerei verurteilt worden, nachdem er 13 Katzen und einige Zebrafinken massakriert hatte.