Leere Sitzreihen im Theater
APA/BARBARA GINDL
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Kultur

Theaternacht gegen Publikumsschwund

Pandemie-Vorgaben gibt es keine mehr, die Teuerung und ein verändertes Publikumsverhalten machen der Kulturszene aber zu schaffen. In den Theatern bleiben oft viele Plätze leer. Eine Antwort will auch die Europäische Theaternacht am Samstag bieten.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen können am 19. November heuer unter dem Titel „Was die wieder aufführen!“ in ganz Österreich 50 Programmpunkte nach dem „pay as you wish“-Prinzip besucht werden. Es gibt neben Vorstellungen und Lesungen auch Workshops und Backstageführungen.

Rund die Hälfte der Theaternacht-Veranstaltungen findet in Wien statt – beispielsweise im Schauspielhaus, im Dschungel Wien, im WUK, im Werk X und im Schubert Theater. Das Kosmos Theater zeigt seine jüngste Produktion „Aberland“, die Brunnenpassage widmet sich mit der Performance „Hibernating Further“ dem Thema Plastik und auf dem Badeschiff gestalten Forumtheater, Kollektivtheater und das Theater der Unterdrückten mehrmals am Tag ein Programm.

Studie zu Gründen für Publikumsrückgang

Im Vorfeld der Theaternacht widmet sich schon am Donnerstag (17. November) sich ein Webtalk dem Thema „Corona und Publikum – Was ist zu tun?“. Dabei werden die Ergebnisse einer Studie des Londoner Forschungsinstituts Audience Agency zur Publikumsentwicklung nach der Pandemie präsentiert und Strategien zur Rückgewinnung des Publikums diskutiert. Auch in Österreich wird gerade an einer Studie im Auftrag des Kunststaatssekretariats gearbeitet, die Gründe für den in vielen Häusern spürbaren Publikumsrückgang erheben soll.

Die Europäische Theaternacht wurde 2008 in Kroatien ins Leben gerufen, um die Bindung zwischen Theater und Publikum zu stärken. Neben Österreich beteiligen sich heuer Kultureinrichtungen in Bulgarien, Tschechien, Kroatien und der Slowakei an der Theaternacht.

Theaternacht gegen Publikumsschwund

Pandemie-Vorgaben gibt es keine mehr, die Teuerung und ein verändertes Publikumsverhalten machen der Kulturszene aber zu schaffen. In den Theatern bleiben oft viele Plätze leer. Eine Antwort will auch die Europäische Theaternacht am Samstag bieten.

Vier Millionen Tickets nicht verkauft

Um den Ticketverkauf anzukurbeln, stellte der größte Kartenvertrieb Oeticket kürzlich sein Online-Portal neu auf. „Wir sehen, dass im Kulturbereich 20 bis 60 Prozent der Besucher ausbleiben“, schildert Christoph Klinger, Chef der Oeticket-Mutter CTS-Eventim-Austria. „Das sind 20 bis 60 Prozent leere Plätze, und das ist natürlich kein schöner Anblick, weder für den Künstler auf der Bühne, noch für den Besucher, noch für den Eigentümer, wenn er dann die Abrechnungen sieht“, so Klinger im „Wien heute“-Interview.

Rund vier Millionen Tickets wurden heuer nicht verkauft – eine Zahl, die kommendes Jahr noch steigen dürfte. Vor allem der Vorverkauf stockt. Die Menschen entscheiden sich eher spontan und kaufen an der Abendkassa, wird beobachtet. Vor der Pandemie habe man viel mehr im Internet verkauft, erzählt WUK-Musikchef Hannes Cistota: „Jetzt ist es so, dass wir 30 Prozent mehr an der Abendkasse verkaufen.“ Cistota vermutet als Grund unter anderem die Sorge vor Absagen.

Sendungshinweis:

„Wien heute“, 14. November 2022, 19.00 Uhr, ORF 2

„Bei Kultur sparen Menschen als erstes“

Und tatsächlich häufen sich die Absagen wegen des schwachen Vorverkaufs. So verschob zum Beispiel die deutsche Band Tocotronic ihre Tour verschoben, der der österreichische Musiker Mavi Phoenix sagte sie ganz ab.

„Bei der Kultur sparen die Menschen als erstes, weil sie meinen, das ist ja nur aufgeschoben, und das hole ich dann später nach“, erklärt Peter Zellmann vom Institut für Freizeitforschung. Laut einer aktuellen SORA-Umfrage ist in Österreich bereits jede zweite Person zu Einsparungen gezwungen. „Von denen, die jetzt nicht ins Theater gehen oder Kultur genießen, obwohl sie grundsätzlich zu diesem Kreis gehören, haben etwa zwei Drittel finanzielle Gründe, das für die Zeit jetzt einmal sein zu lassen“, so Zellmann. Geht die Teuerung wieder zurück, könnten die Theater also wieder voller werden.