Der Hauptangeklagte Harald Himmer
APA/Roland Schlager
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Chronik

Diversion für ÖVP-Bundesrat Himmer

Unerwartet rasch ist am Montag in Wien der Untreueprozess gegen den Wiener ÖVP-Bundesrat und Ex-Alcatel-Vorstand Harald Himmer zu Ende gegangen. Der 57-Jährige übernahm die Verantwortung für die ihm vorgeworfenen Taten, damit war eine Diversion möglich.

Himmer erklärte sich nach Belehrung von Richterin Marion Hohenecker zur Zahlung einer Geldbuße von 11.500 Euro bereit. Im Gegenzug wird die gegen ihn gerichtete Anzeige vorerst zurückgelegt. Sobald die Geldbuße am Konto der Justiz eingelangt ist, wäre im Fall der Rechtskraft die Strafsache für den ÖVP-Politiker endgültig erledigt. Himmer würde damit weiterhin als nicht vorbestraft gelten.

Staatsanwalt bot Diversion an

Staatsanwalt Bernhard Löw war mit dieser Vorgangsweise einverstanden – der Anklagevertreter selbst hatte ihr den Weg geebnet, indem er Himmer schon in seinem Eröffnungsvortrag eine Diversion schmackhaft gemacht hatte. „Sollte Himmer Verantwortung übernehmen, wäre das aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein klassischer Fall für eine Diversion“, hatte Löw zu Beginn des Verhandlungstags erklärt. Der zur Anklage gebrachte Sachverhalt sei 15 Jahre her, Himmer habe sich seither wohl verhalten und sei gerichtlich unbescholten. Eine Diversion „würde die Sache vereinfachen. Aber es soll niemand etwas gestehen, was er nicht gemacht hat“, sagte Löw.

Rechtskräftig ist die Diversion noch nicht. Da die Sache berichtspflichtig ist, benötigt die Staatsanwaltschaft Wien als weisungsgebundene Behörde formal noch die Zustimmung der übergeordneten Stellen. Es ist allerdings wohl davon auszugehen, dass der zuständige Staatsanwalt sein Vorgehen mit den übergeordneten Behörden akkordiert haben dürfte.

Freispruch für Fischer, Hochegger verurteilt

Wegen Beteiligung an der Untreue mitangeklagt waren der Ex-Lobbyist Peter Hochegger und der frühere Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer. Fischer wurde freigesprochen. Hochegger wurde zwar im Sinne der Anklage verurteilt, bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren nahm der Schöffensenat aber von der Verhängung einer Zusatzstrafe Abstand.

Bei Hochegger war zu berücksichtigen, dass er 2016 im Zusammenhang mit über „Scheinrechnungen“ verschleierte Zahlungen der Telekom ans BZÖ zu zwei Jahren teilbedingt verurteilt worden war. Die sechsjährige Freiheitsstrafe, die er vor knapp zwei Jahren im BUWOG-Prozess ausgefasst hatte, ist ebenso wie sämtliche Entscheidungen vom Montag nicht rechtskräftig. Zum Freispruch für Fischer und zum Hochegger-Urteil gab Löw vorerst keine Erklärung ab. Hocheggers Verteidiger Leonhard Kregcjk erbat Bedenkzeit.

Der Hauptangeklagte Harald Himmer, Peter Hochegger und Rudolf Fischer
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Neben Himmer sind auch Peter Hochegger und Rudolf Fischer angeklagt

Laut Anklage Treffen in Wiener Hotel

Laut Anklage hatten sich Hochegger und Fischer Ende 2007 mit Himmer im Wiener Hotel Intercontinental getroffen, wobei Himmer als Vorstandsvorsitzender der Alcatel-Lucent zunächst auf die jahrelange Zusammenarbeit mit der Telekom Austria AG beim Breitbandausbau und ein entsprechendes gemeinsames Budget für Marketingmaßnahmen verwiesen haben soll. Alcatel war für die Telekom als Zulieferer für Lösungen im Bereich der XDSL-Technologie eingebunden.

Von Himmer soll laut Anklage der Vorschlag gekommen sein, Hocheggers Firma Valora AG könne „Scheinrechnungen“ über angeblich erbrachte Leistungen legen, die aus dem vorhandenen Budget für Schulungen, Seminare und Studien zu Produktneuentwicklungen bezahlt würden.

Tatsächlich erstellte die Valora in weiterer Folge eine „Studie zur Ausleuchtung des Marktumfelds der Telekom Austria“ sowie eine „Studie Verbesserungspotenziale Investitionsklima im Festnetzbereich“, die der Anklage zufolge nicht werthaltig waren. Alcatel bezahlte allerdings für die erste Studie am 28. Dezember 2007 127.200 Euro, für die zweite am 12. Juni 2008 117.600 Euro.

Hochegger bekräftigte Geständnis

Hochegger bekräftigte in seiner Beschuldigteneinvernahme sein Geständnis, auf dem die Anklage fußt, und belastete vor allem Himmer. „Die beiden Studien waren nicht werthaltig. Ich würde es (ihren Wert, Anm.) zwischen 5.000 und 7.000 Euro einordnen.“ Die Causa sei „eigentlich ein Vorgang, der nicht in Ordnung ist“ gewesen. Die Studien hätten nichts mit seiner Lobbyingtätigkeit zu tun gehabt. „Meine Annahme war, dass Himmer mich günstig stimmen wollte, dass ich nicht zu sehr für Huawei interveniere“, sagte Hochegger.

„Ich habe Geld für etwas entgegengenommen, das nicht werthaltig war“, betonte Hochegger. Von der Summe, die ihm Alcatel für die erste Studie überwiesen hatte, habe er „Bargeldauszahlungen“ an Himmer und Fischer vorgenommen. Er habe Himmer im Mai 2008 im Hotel Intercontinental in einem Briefkuvert Bargeld übergeben. Himmer und Fischer haben das stets entschieden bestritten.

Fischer bekannte sich „nicht schuldig“

Fischer bekannte sich „nicht schuldig“. Die verfahrensgegenständlichen Studien habe Alcatel im Rahmen der Kooperation mit der Telekom für gemeinsames Marketing beauftragt, er habe diese „nicht abgenommen und kontrolliert“. Ihm sei es gar nicht „um die Papiere“ gegangen, „ich weiß nicht einmal, ob ich sie angeschaut habe“, gab Fischer an. Vielmehr hätten die Studien dazu dienen sollen, Hochegger mit einem längerfristigen Lobbyingauftrag an Alcatel und Telekom zu binden, um deren Interessen in puncto Glasfaserausbau voranzubringen bzw. durchzusetzen. Das Verfahren ist ein Nebenstrang der 2010 aufgeflogenen Telekom- bzw. Blaulichtfunkaffäre.