Ein Obdachloser Bettler sitzt auf der Mariahilfer Straße
ORF.at/Dominique Hammer
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Soziales

Aus für Wiener Bettellobby

Die Wiener Bettellobby hat sich für die Interessen und Rechte von Bettlerinnen und Bettler eingesetzt. Doch der Verein wurde aus Ressourcengründen aufgelöst. Damit gibt es kein vergleichbares Angebot mehr für bettelnde Menschen in der Stadt.

Die Bettellobby Wien wurde Ende 2008 gegründet, weil nach der EU-Osterweiterung im Jahr 2007 sehr viele von Armut betroffene Menschen nach Wien gekommen sind. Damit wurde auch das Betteln verstärkt Thema. Der Verein, bestehend aus rund zehn ehrenamtlichen Personen, wurde zu einer Art Interessensvertretung für bettelnde Menschen.

Einmal pro Monat organisierte die Bettellobby im Amerlinghaus in Neubau eine Rechtsberatung für Bettlerinnen und Bettler. Sie half beim Einspruch gegen Anzeigen und Strafen wegen Bettelei. Betteln ist seit einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus dem Jahr 2012 prinzipiell erlaubt. Je nach Bundesland gibt es jedoch Einschränkungen: Fast überall, so auch in Wien, darf nicht aggressiv, nicht gewerbsmäßig und nicht als Beteiligter organisierter Gruppen gebettelt werden.

Bettellobby wird aufgelöst

Die Wiener Bettellobby wird aufgelöst, wie jetzt bekannt geworden ist. Sie hat sich für die Rechte von Bettlerinnen und Bettler in der Stadt eingesetzt.

„Bis zu 400 Fälle“ pro Jahr beraten

„Ich schätze einmal pro Jahr werden wir doch so bis zu 400 Fälle gehabt haben, die wir bearbeitet haben“, sagte Annika Rauchberger von der Bettellobby Wien. Es sei sehr viel Beziehungsarbeit notwendig gewesen, weil die Gerichtstermine oft ein halbes Jahr oder Jahr später stattgefunden haben, und man mit den Bettlerinnen und Bettlern bis dahin Kontakt halten musste.

Die Erfolgsquote bei den Einsprüchen lag laut Rauchberger bei mehr als 80 Prozent. „Wir hatten Strafverfügungen, wo zehn Leute denselben Text hatten. Der Polizeibeamte hat dann nur den Namen ausgetauscht. Da haben Leute Strafen bekommen vor einer Hofer-Filiale im neunten Bezirk, aber waren ganz woanders“, so Rauchberger.

„Hätten einfach mehr Nachwuchs gebraucht“

Vor Kurzem wurde die Bettellobby Wien aufgelöst, „weil wir einfach nicht mehr die Ressourcen gehabt haben, das weiterzuführen. Wir hätten einfach mehr Nachwuchs gebraucht. Engagierte Leute, die ehrenamtlich bei uns mitwirken. Aber offensichtlich ist das Thema Betteln nicht prestigeträchtig genug, dass es Leute anzieht“, so Rauchberger.

Außerdem habe auch die CoV-Pandemie die Arbeit und den persönlichen Kontakt wesentlich erschwert, weshalb es „schon in den vergangenen zwei Jahren keine Rechtsberatung“ vor Ort mehr gegeben hat, sagte Rauchberger.

Mit dem Ende der Bettellobby gibt es kein vergleichbares Angebot mehr in Wien. Das bestätigen auch Caritas, Diakonie und Volkshilfe. Einzig die Straßenzeitung Augustin bietet noch Rechtsberatung bei Bettelstrafen, allerdings nur für „unsere Verkäuferinnen und Verkäufer“, wie es auf Anfrage hieß.