Letzter Tag im Prozess um Tod der 13-jährigen Leonie am Landesgericht für Strafsachen Wien
APA/Eva Manhart
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Chronik

Lange Haftstrafen im Leonie-Prozess

Der Prozess um den Tod der 13-jährigen Leonie im Juni 2021 ist am Freitag mit Schuldsprüchen für die Angeklagten zu Ende gegangen. Alle drei Männer wurden wegen Mordes und Vergewaltigung verurteilt. Sie erhielten lange Haftstrafen.

Das Urteil gegen den Hauptangeklagten lautete auf vorsätzlichen Mord. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Die beiden anderen Angeklagten wurden wegen Mordes durch Unterlassung und Vergewaltigung verurteilt. Das Strafmaß für sie betrug 20 bzw. 19 Jahre. Lediglich der Angeklagte, der angab, Leonies Freund gewesen zu sein, erhielt nicht die Höchststrafe. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Der Erstangeklagte erbat sich drei Tage Bedenkzeit. Der Zweitangeklagte nahm das Urteil an, und der Drittangeklagte meldete Strafberufung an. Die Männer hätten das Mädchen „wie ein Objekt“ behandelt und eine „auffällige Gleichgültigkeit“ für das Leben des Mädchens an den Tag gelegt, sagte die Vorsitzende des Schwurgerichts, Anna Marchart, bei der Urteilsverkündung. Der Familie der getöteten Leonie wurde zudem Schmerzensgeld zugesprochen. Den Eltern stehen je 30.000 Euro zu, den vier Geschwistern je 20.000 Euro.

Letzte Stunden akribisch aufgerollt

In den sieben Prozesstagen waren die letzten Stunden im Leben des Mädchens akribisch aufgerollt worden. Die Angeklagten, zahlreiche Zeugen und auch sechs Gutachter kamen zu Wort. Die gegen einen Baum gelehnte Leiche der 13-Jährigen war am frühen Morgen des 26. Juni 2021 von Passanten auf einem Grünstreifen vor einer Wohnhausanlage in der Donaustadt entdeckt worden. Recht schnell kam die Polizei auf die Verdächtigen, die sich zuvor mit dem Mädchen in der Nähe in einer Wohnung aufgehalten hatten.

Lange Haftstrafen im Leonie-Prozess

Der Prozess um den Tod der 13-jährigen Leonie im Juni 2021 ist am Freitag mit Schuldsprüchen für die Angeklagten zu Ende gegangen. Alle drei Männer wurden wegen Mordes und Vergewaltigung verurteilt. Sie erhielten lange Haftstrafen.

Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass die Angeklagten – Männer afghanischer Abstammung im Alter von 19 bis 24 Jahren – das Mädchen in der Wohnung in Missbrauchsabsicht unter Drogen gesetzt und die 13-Jährige dann vergewaltigt hatten. Das Mädchen überlebte den Drogencocktail nicht. Das Obduktionsgutachten ergab, dass die 13-Jährige infolge der Suchtmittelvergiftung und Ersticken eines gewaltsamen Todes starb. Bis zum Schluss blieb unklar, wer dem Mädchen die Drogen verabreicht hatte. Die Angeklagten beschuldigten sich gegenseitig.

Staatsanwältin sah Widersprüche

Jeder der drei Angeklagten stelle die Tatbeteiligung in Abrede, meinte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Jeder habe Angst vor den Konsequenzen und „würde sich vom sinkenden Schiff retten“, so die Anklägerin. So wie sie die gemeinschaftliche Tat begangen hätten, würden sie versuchen, diese gemeinschaftlich zu vertuschen. „Widersprüche hat es in dem Verfahren zahlreiche gegeben“, sagte die Staatsanwältin.

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Die drei Angeklagten gaben an, mit dem Mädchen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehabt und von der Verabreichung der Drogen nichts mitbekommen zu haben. Als sie bemerkten, dass es der 13-Jährigen schlechter ging, wollen alle drei Erste Hilfe geleistet haben. Infolge der Überdosis setzte bei der 13-Jährigen plötzlich die Atmung aus, worauf die Männer in Panik geraten sein dürften. Sie versuchten, dem Mädchen andere Getränke einzuflößen bzw. duschten die Bewusstlose mit kaltem Wasser ab. Weil sich die 13-Jährige nicht mehr regte, trugen sie sie vor die Tür und lehnten sie an einen Baum. Dann erst holten sie die Rettung. Zu dem Zeitpunkt war die Niederösterreicherin bereits tot.

Brief von Leonies Vater verlesen

Der Anwalt der Familie, Johannes Öhlböck, ging in seinem Plädoyer am letzten Verhandlungstag zunächst allgemein auf die Zahl der Morde an Frauen in Österreich ein. 2021 seien 63 Frauen ermordet worden, „jeden sechsten Tag musste eine Frau sterben“. „Die Tötung von Leonie am 26.6.2021 erfasst die Statistik nicht. Leonie war noch keine Frau. Sie war 13 Jahre alt: ein Mädchen, ein Kind, eine Schwester, eine Schulkollegin in der Neuen Mittelschule in Tulln. Sie ging dort in die dritte Klasse. Heuer hätte Leonie ihren 15. Geburtstag gefeiert.“

Der Vater Leonies habe ihm Fotos und einen Brief übergeben, mit der Bitte, vor Gericht die Fotos zu zeigen und den Brief zu verlesen, „was ich jetzt aus Respekt vor ihm und der Opferfamilie mache“ – mehr dazu in Brief von Leonies Vater.

Fall Leonie: Livebericht vom Straflandesgericht

Die Opferanwälte überlegen eine Amtshaftungsklage gegen die Republik, weil die Verurteilten aus Afghanistan einen Abschiebebescheid hatten. Wie es hier weitergeht, berichtet ORF-Reporterin Katharina Weinmann live vom Straflandesgericht.

Verteidiger: Nicht von Emotionen treiben lassen

Die Verteidiger der drei Angeklagten, Wolfgang Haas, Thomas Nirk, Andreas Schweitzer und Sebastian Lesigang plädierten am Endes des Verfahrens noch an die Geschworenen, sich in ihrer Entscheidung nicht von Emotionen treiben zu lassen. Der Verteidiger des Drittangeklagten, Andreas Schweitzer, machte darauf aufmerksam, dass der Fall in den Medien breitgetreten wurde. „Hier wird versucht, eine ganze Gruppe zu kriminalisieren.“ Die Geschworenen müssten aber objektiv entscheiden. „Das ist ein bisschen schwer, hier nicht mit Emotionen vorzugehen“, so Schweitzer.