Unter dem Titel „Wiener Salondame? Ein Albtraum!“ geht es in sieben Zimmern um die Karriere von Lotte Tobisch-Labotýn (1926-2019), ihr Privatleben und die Organisation des Opernballs. Besucherinnen und Besucher können anhand von knapp 300 Exponaten sowie Audio- und Filmaufnahmen an Stationen ihres Lebens teilhaben. So organisierte Tobisch ab 1981 für 16 Jahre die wichtigste gesellschaftliche Veranstaltung Österreichs, den Wiener Opernball in der Staatsoper.
„Die Ausstellung versucht die Vielfältigkeit von Lotte Tobisch’ Leben, aber auch ihr Wirken abzubilden“, betonten die Kuratorinnen Kyra Waldner und Tanja Gausterer. Es sei das Anliegen gewesen, diese Vielfältigkeit zwischen ihrer Schauspielkarriere und ihrem karitativen Engagement vor allem anhand von Nachlassdokumenten, aber auch Leihgaben aus Privatbesitz zu zeigen und „entlang der Materialien die Geschichte zu erzählen.“
„Hundefreundschaft“ mit Bruno Kreisky
Die Schau ist räumlich in sieben stilisierte Wohnräume gegliedert. Die Idee dahinter ist, auch die private Seite von Lotte Tobisch zu zeigen. Im „Vorzimmer“ etwa wird Besuchern der familiäre Hintergrund und die Kindheit von Lotte Tobisch anhand von Fotos, Briefen, Babytagebucheinträgen der Mutter etc. erläutert. Ein anderer Abschnitt ist der Beziehung von Tobisch mit dem 37 Jahre älteren Erhard Buschbeck gewidmet. Tagebucheintragungen dokumentieren zwölf glückliche gemeinsame Jahre.
Zahlreiche Zeugnisse beleuchten ihr privates und berufliches Netzwerk, darunter ihren intensiven Austausch mit dem deutschen Philosophen Theodor W. Adorno oder ihre Kontakte zu namhaften Zeitgenossen wie Ludwig von Ficker, Bruno Kreisky (eine „Hundefreundschaft“) oder Christine Lavant. Man erfährt auch weniger Bekanntes, etwa dass Tobisch „viel genäht und gebastelt hat“ (Waldner), sie als Rezensentin und „im Kleinen“ als Schriftstellerin tätig war und für Maggi-Werbungen vor der Kamera stand.
Familiengeschichte reicht bis 1229 zurück
Tobisch war Nachfahrin einer österreichischen k.u.k Patrizierfamilie, deren Wurzeln sich bis in das Jahr 1229 zurückverfolgen lassen. Ihre Ausbildung erhielt sie im Internat Schloss Marquartstein in Oberbayern und im Wiener Sacre Coeur. Ihre Leidenschaft zur Schauspielkunst führte sie nach Wien ins Konservatorium Horak. Noch bevor sie ihre Ausbildung abgeschlossen hatte, schaffte Tobisch den Sprung ans Burgtheater.
Ausstellungshinweis
"Wiener Salondame? Ein Albtraum! Lotte Tobisch – Charme, Engagement, Courage“, 30.11. 2022 bis 31.3.2023, Wienbibliothek im Rathaus, Mo bis Fr, 9.00 bis 19.00 Uhr, Eintritt frei.
Wenngleich der große Durchbruch ausblieb, wirkte sie jahrzehntelang am Theater, in Film und Fernsehen. Dankesschreiben, Filmplakate und Standfotos verdeutlichen diesen Teil ihres Lebens. In den letzten „Zimmern“ lernt man ihren zweiten Lebensmenschen Michael Simon kennen. Und natürlich stößt man auf zahlreiche Exponate in Sachen Opernball, etwa Modeskizzen von Fred Adlmüller oder den Abschiedsblumenstrauß, den Tobisch an Ende ihrer Tätigkeit erhielt.
„Passt in keine Schublade“
Der Nachlass zeige, dass sich Tobisch „nicht in eine Schublade stecken lässt“, wie Wienbibliothek-Direktorin Anita Eichinger betonte. „Sie war im künstlerisch-intellektuellen Milieu genauso zuhause wie auf der Bühne des Opernballs. Lotte Tobisch scheute auch nicht davor zurück, offen ihre Meinung kund zu tun.“ Tobisch habe ihre verschiedenen Rollen sehr bewusst gewählt.