Schuleingang mit Schild Sportmittelschule
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Chronik

Missbrauch: Justiz fordert Bericht ein

Im Missbrauchsfall um einen Sportlehrer, der bis zu seinem Suizid an einer Wiener Mittelschule zumindest 40 unmündige Buben missbraucht haben soll, ist das Justizministerium tätig geworden. Es fordert von der Staatsanwaltschaft in Wiener Neustadt einen Informationsbericht ein.

Eine Prüfung wurde eingeleitet. Zentrale Frage ist, wie eine erste Anzeige gegen den Pädagogen „versanden“ konnte. Opferanwältin Herta Bauer, die in dem Fall mehrere von Missbrauch Betroffene vertritt, hatte Mitte November von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) unter anderem Aufklärung darüber verlangt, was mit einer bereits im Jahr 2013 gegen den Sportlehrer eingebrachten Anzeige geschah. Nun forderte das Justizministerium im Weg der Fachaufsicht einen Informationsbericht der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt an.

Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer sprach sich am Montag für die Einführung einer österreichweit einheitlichen rechtlichen Grundlage für eine „Meldekette“ bei Missbrauchsverdachtsfällen aus. Das müsse man sich „im Detail ganz genau anschauen und uns überlegen, was wir tun können“, sagte dazu Justizministerin Zadic am Dienstag. Was im Zusammenhang mit dem schulischen Missbrauchsfall ans Tageslicht gekommen sei, „ist unglaublich“, sagte sie. „Wir müssen alles daran setzten, dass wir solche Sachen verhindern.“

Anzeige versandete in Niederösterreich

Ein ehemaliger Teilnehmer eines Feriencamps am Wolfgangsee hatte seinerzeit den Lehrer, der in den Sommermonaten in dem Camp als Betreuer tätig war, wegen sexuellen Missbrauchs – dieser soll im Zuge einer Massage erfolgt sein – auf einer Polizeidienststelle in Niederösterreich zur Anzeige gebracht. Dem niederösterreichischen Landeskriminalamt zufolge wurde die Sachverhaltsdarstellung dann den örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörden übermittelt – bis zum heutigen Tag aber offenkundig von keiner Staatsanwaltschaft aufgegriffen.

Wäre die Anzeige dem Gesetz entsprechend bearbeitet und der Wiener Lehrer allenfalls wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt worden, hätte er mutmaßlich nicht bis zum Mai 2019 an der Wiener Mittel- sowie einer angrenzenden Volksschule weiter unterrichten und im schulischen Bereich seiner pädokriminellen Neigung nachgehen können.

Ermittlungen gegen unbekannt

Strafrechtliche Ermittlungen gegen den Pädagogen kamen erst ins Rollen, als ihn im April 2019 ein Ex-Schüler anzeigte. Nach dem Suizid des Lehrers Ende Mai desselben Jahres wurde das Ermittlungsverfahren gegen den an seiner Schule beliebten Sportlehrer seitens der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt. Zum mysteriösen Verschwinden der 2013 gelegten Anzeige wird mittlerweile von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegen unbekannte Täter ermittelt, wie der „Standard“ zuerst berichtet hatte.