Chronik

Missbrauchsfall um Lehrer: Neue Vorwürfe

Im Missbrauchsfall um einen Wiener Sportlehrer gibt es neue Vorwürfe gegen die Bildungsdirektion. Eine Pädagogin hatte am Dienstag in der ZIB1 anonym berichtet, Schulpsychologen hätten das Lehrpersonal zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Der Sportlehrer soll – bis zu seinem Suizid im Mai 2019 – an einer Wiener Mittelschule über 15 Jahre hinweg zumindest 40 unmündige Buben missbraucht und fotografiert bzw. gefilmt haben. „Die von der Bildungsdirektion entsandten Schulpsychologen haben das Lehrpersonal zur Verschwiegenheit gegenüber Eltern und Medien verpflichtet, aus Angst vor einer Veröffentlichung“, schildert eine Pädagogin anonym gegenüber der ZIB1. Zudem hätte niemand ein Interesse gehabt, wie es den Schülerinnen und Schülern gehe oder ob es weitere Opfer gebe.

Missbrauch in Wien: Justiz fordert Bericht ein

Im Missbrauchsfall um einen Wiener Sportlehrer, der zumindest 40 Buben missbraucht und fotografiert haben dürfte, schaltet sich jetzt auch das Justizministerium ein. Man prüft eine Anzeige, die es gegen den Lehrer gab, der dann aber nicht weiter nachgegangen wurde.

Bildungsdirektion: „Lückenlos aufklären“

Die Bildungsdirektion betonte dazu am Mittwoch gegenüber der APA, man nehme die Vorwürfe „gegen die Schulpsychologie sehr ernst“ und setze weiterhin alles daran, „lückenlos aufzuklären“. Außerdem wurde betont, dass die Schulpsychologie Beratung und Unterstützung biete und niemals dazu auffordere, etwas zu verschweigen. „Strafbare Handlungen sind immer an Polizei oder Staatsanwaltschaft sowie von Schulleitungen an die Bildungsdirektion zu melden“, unterstrich die Bildungsdirektion.

Scharfe Kritik von ÖVP und FPÖ

Die FPÖ zeigte sich am Mittwoch in einer Aussendung „fassungslos“ über die „weiteren Enthüllungen“. Der Wiener FPÖ-Chef, Stadtrat Dominik Nepp, forderte via Aussendung SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig, aber auch NEOS-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr auf, diese Causa zur Chefsache zu machen und für sofortige lückenlose Aufklärung zu sorgen.

Ähnliches verlangte auch die Wiener ÖVP. „Bildungsdirektor Heinrich Himmer muss sich nun erklären und hier für umfassende Aufklärung sorgen“, meinte ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß. Denn in seinem von der Bildungsdirektion veröffentlichen Kommissionsbericht werde auf Seite 22 lediglich von „unpräzisen Angaben“ eines Elternteils bezüglich Kritik gegenüber der Schulpsychologie der Bildungsdirektion berichtet.

Aufgrund der „nicht vorhandenen Dokumentation innerhalb der Bildungsdirektion“ konnte demnach seitens der Kommission der vorliegende Vorwurf nicht geklärt werden. „Wenn alle Vorwürfe von Eltern seitens der von Heinrich Himmer eingesetzten Kommission derartig behandelt werden, ist natürlich klar, in welche Richtung dieser Kommissionsbericht geht“, meinte der ÖVP-Bildungssprecher. Die Bildungsdirektion betonte dazu, dass der nunmehrige Vorwurf nicht Teil des Berichts der Kommission sei.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.

Grüne: „Mehr ums Vertuschen gegangen“

Kritik kommt auch von den Wiener Grünen. „Die aktuellen Aussagen einer Pädagogin zur Missbrauchscausa in einer Wiener Mittelschule offenbaren, dass es der Bildungsdirektion mehr ums Vertuschen als um Aufarbeitung gegangen ist“, erklären die grüne Bildungssprecherin und der grüne Bildungssprecher, Julia Malle und Felix Stadler, in einer Stellungnahme. "Diese und alle anderen Vorwürfe müssten nun „endlich offen und transparent“ kommuniziert werden, fordern sie.

Bildungsdirektion verweist auf Information im Herbst 2019

Die Bildungsdirektion gab in ihrer Stellungnahme bekannt, dass die Schulpsychologie nach dem Suizid des Pädagogen im Mai 2019 sowie nach Bekanntwerden des Vorwurfs des sexuellen Übergriffs im Oktober 2019 in der Schule aktiv war. „Entgegen dem Vorwurf wurden im Herbst 2019 alle Schülerinnen und Schüler, Eltern und Erziehungsberechtigten sowie Pädagoginnen und Pädagogen an der Schule durch den pädagogischen Dienst und die Schulpsychologie der Bildungsdirektion in enger Abstimmung mit externen Fachleuten des Vereins Selbstlaut, Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, im Sinne der Transparenz informiert“, meinte die Bildungsdirektion. Auch aktuell wird in der betroffenen Schule durch die Schulpsychologie Unterstützung angeboten.