Ein Therapiezimmer
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Chronik

Lange Therapie-Warteliste für Kriegsopfer

Der Tag der Menschenrechte soll Bewusstsein für die Verletzung von Menschenrechten bringen. Der Wiener Verein Hemayat betreut täglich Menschen, die Krieg und Gewalt erfahren mussten. Aktuell warten jedoch 400 Menschen auf einen Therapieplatz.

Im Jahr 2022 hat der Verein Hemayat knapp 1.400 Personen aus 50 unterschiedlichen Ländern betreut. Laut der Geschäftsführerin von Hemayat, Cecilia Heiss, gebe es immer einen engen Zusammenhang zwischen den globalen Fluchtbewegungen und der Betreuungssituation des Vereins. Als am stärksten präsent nennt sie gegenüber Radio Wien etwa Menschen aus Afghanistan, Iran, Irak oder Somalia.

Noch wenige Anfragen von Ukraine-Vertriebenen

Die Zahl der Kriegsvertriebenen aus der Ukraine halte sich hingegen derzeit noch in Grenzen. 50 Menschen nehmen momentan bei Hemayat Hilfe in Anspruch. Der Grund dafür sei, dass es dauere, bis die Traumata realisiert werden. „Die Menschen sind zuerst einmal damit beschäftigt, ein Dach über dem Kopf zu bekommen“, so Heiss. Die große Herausforderung war zu Beginn des Ukraine-Kriegs die Betreuung der Re-Traumatisierung von Geflüchteten anderer Länder.

Die Hauptthemen von Hemayat sind Krieg und Folter. Diese schweren Gewalterfahrungen haben verheerende psychische Auswirkungen, so Heiss. „Wir sehen auch, dass das an die nächste Generation weitergegeben wird. Wir haben auch stark traumatisierte Kinder in Behandlung.“ Eine große Rolle für das Trauma der Kinder spiele die Angst und Erregung der Eltern. Sie gehe auf die Kinder über.

Eine Frau kniet über gemalten Bildern
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Der Verein Hemayat bietet auch Kunsttherapie an

Wartezeit bis zu zwei Jahren

Die Nachfrage ist laut Heiss schon seit der Gründung des Vereins weit größer, als das, was angeboten werden kann. Derzeit stehen 400 Menschen auf der Warteliste. Nach einem ersten Gespräch werde entschieden, ob der Verein zuständig ist und wenn ja, ob die Menschen das freiwillige Angebot in Anspruch nehmen wollen.

Dabei sei die Selbst- oder Fremdgefährdung das wichtigste Entscheidungskriterium dafür, wie schnell man einen Platz bekommt. Die Frage, ob jeder, der den Platz sehr dringend benötigt, diesen auch bekommt, verneint die Leiterin. Es ist „eine Rangreihung zwischen schlimmen Fällen, irrsinnig schlimmen Fällen und wahnsinnig schlimmen Fällen“, so Heiss. Die Wartezeit könne bis zu zwei Jahren dauern. Finanziert wird der Verein durch öffentliche Förderungen sowie durch private Spenden.

Hemayat: Kunsttherapie für Kriegsopfer

Der Tag der Menschenrechte soll Bewusstsein für die Verletzung von Menschenrechten bringen. Der Wiener Verein Hemayat betreut täglich Menschen, die Krieg und Gewalt erfahren mussten. Aktuell warten jedoch 400 Menschen auf einen Therapieplatz.

Besondere Therapieform: Bewegungs- und Kunsttherapie

Wenn Vertriebene ihr Erlebtes nicht in Sprache ausdrücken können, bietet der Verein auch unter anderem Bewegungs- und Kunsttherapien an. „Wenn einem Furchtbares widerfahren ist, dann zeigt sich das in den Bildern – ob das jetzt die Ukraine oder der Iran ist“, so Kunsttherapeutin Edita Lintl gegenüber „Wien heute“. Manchmal auch mit einem hoffnungsvollen Aspekt: Etwa bei einem Klienten, der eine Form gezeichnet habe und diese ÖBB nannte. „Er hat gesagt: Das ist der Zug, der ihn wieder in die Heimat bringt, zu seiner Familie nach Syrien“, erzählt Lintl.

Alle Angebote des Vereins gibt es auch dolmetsch-gestützt. So können Menschen mit traumatischen Erfahrungen in ihrer Muttersprache über das Erlebte sprechen.