Blick in Zimmer
ORF
ORF
Gesundheit

Spitalsärzte beklagen hohe Arbeitsbelastung

Drei Viertel der Wiener Spitalsärzte beklagen eine hohe Arbeitsbelastung. Zumeist seien Personalmangel und Bürokratie schuld daran. Das ist ein weiteres Ergebnis einer Umfrage der Ärztekammer Wien. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ortet eine „Kampagne gegen die Wiener Spitäler“.

75 Prozent der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte in Wien klagen über hohe oder sehr hohe Arbeitsbelastung. „Drei Viertel sind dauerbelastet“, sagte der Wiener-Ärztekammer-Vizepräsident Stefan Ferenci am Dienstag zu der aktuellen Umfrage. Größter Faktor ist der Personalmangel in der Pflege, gefolgt von bürokratischen Tätigkeiten. Die Ärztekammer forderte von der Wiener Politik bessere Rahmenbedingungen. Wenn ein Mediziner übermüdet ist, steige die Fehleranfälligkeit, warnte Ferenci.

Im Auftrag der Wiener Ärztekammer wurden zwischen September und Oktober knapp 1.900 angestellte Ärztinnen und Ärzte in Wien befragt. Ende November wurden bereits erste Ergebnisse bekanntgegeben. Nun folgten diese weiteren Informationen daraus.

Spitalsärzte beklagen hohe Arbeitsbelastung

Drei Viertel der Wiener Spitalsärzte beklagen eine hohe Arbeitsbelastung. Zumeist seien Personalmangel und Bürokratie schuld daran. Das ist ein weiteres Ergebnis einer Umfrage der Ärztekammer Wien.

Es fehle Zeit für Patienten und Patientinnen

Die Ergebnisse seien „auch aus Sicht des Sozialforschers alles andere als erfreulich“, betonte Peter Hajek vom Institut Public Opinion Strategies, bei dem die Umfrage in Auftrag gegeben wurde. Unter den 41 Prozent der Wiener Spitalsärzte, die ihre Arbeitsbelastung als sehr hoch einstufen, waren besonders 40- bis 49-Jährige und Vollzeitbeschäftigte, berichtete er.

54 Prozent geben den Personalmangel bei den Pflegekräften als sehr belastenden Aspekt im Arbeitsalltag an, 44 Prozent organisatorische oder bürokratische Tätigkeiten. Erst an dritter Stelle knapp dahinter wurde der Personalmangel bei Medizinern genannt. Diese drei Punkte zusammengezählt ergeben „natürlich nur begrenzte Zeit für die Patientinnen und Patienten“, erläuterte Hajek, was wiederum der am viertmeisten genannte Faktor für die Arbeitsbelastung in der Umfrage war, gefolgt von den Auswirkungen der CoV-Pandemie.

Unzufriedenheit nimmt zu

Die hohe Belastung führe laut Wiener Ärztekammer zu einer hohen Unzufriedenheit im Beruf sowie zu gesundheitlichen Problemen wie Burnout. Deshalb würden sich auch Medizinerinnen und Mediziner nach anderen Arbeitsstellen umschauen. Kritisiert werden vor allem die vielen bürokratischen Tätigkeiten, die übernommen werden müssten.

Während der Auslastung mit bürokratischen Tätigkeiten werde die „Schlange der Patienten größer und größer“, kritisierte Ferenci. Es gehe dabei um „Wartezeiten nicht von zwei Stunden, nicht von drei Stunden, sondern von bis zu sieben Stunden“, berichtete er. „Die Alarmglocken in den Spitälern läuten schriller als die Pummerin zu Silvester“, meinte Ferenci.

Die Krankenhausmediziner seien nicht am Limit, sondern teils „schon darüber“, und das, obwohl die Umfrage von Ende September bis Anfang Oktober durchgeführt wurde, also „nach dem Sommer, wo das Personal normalerweise am erholtesten ist“, erläuterte er. Hinzu kommen laut Hajek besorgniserregende Umfrageergebnisse zu Überstunden der Spitalsärzte, von denen rund 50 Prozent auch ihre gesetzlichen Ruhezeiten „nicht recht einhalten“ könnten.

Gefordert werden Maßnahmen der Politik

Laut Ärztekammer braucht es eine tiefgreifende Strukturreform und Sofortmaßnahmen, um die Missstände zu beheben. Aushelfen könnte ein Pool an Freiberuflern. Die könnten einspringen, wenn es erhöhten Personalbedarf durch eine Viruswelle oder Krankenstände gibt.

Aus dem ersten Teil der Ergebnisse der Umfrage hatte die Ärztekammer bereits Ende November berichtet, dass 84 Prozent der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte in Wien anhaltende und nachhaltige Qualitätsverluste in der Patientenversorgung orten.

Hacker (SPÖ) zu Belastungen in Spitälern

Peter Hacker (SPÖ), Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport, spricht über die Arbeitsbelastungen in den Spitälern.

Hacker: „Kampagne gegen Wiener Spitäler“

Der Wiener Gesundheitsstadtrat, Peter Hacker (SPÖ), sprach in „Wien heute“ von einer „Kampagne gegen die Wiener Spitäler“. Es sei nicht so, dass alles problemlos laufe im Gesundheitssystem, die Ärztekammer würde jedoch nicht für Verhandlungen zur Verfügung stehen. Vorschläge der Ärztekammer, wonach man gewisse Aufgaben in den niedergelassenen Bereich zu verlagern, begrüßte Hacker im Interview. „Ich habe diese Vorschläge auch gleich der Österreichischen Gesundheitskasse weitergeleitet, denn die verhandelt gerade mit der Ärztekammer den Gesamtvertrag.“

Auch, dass Fachärzte in den Spitalsstationen aushelfen bei schwierigen Personalsituationen sei gut. Eine Privatisierung der Ärzte in den Spitälern „kommt auf gar keinen Fall in Frage“. Außerdem sei es verwunderlich, dass dieses Angebot kommt, wo es doch derzeit schwierig sei, in Ordinationen von niedergelassenen Ärzten einen Termin zu bekommen.

660.000 Patientinnen und Patienten würden jedes Jahr ambulant im Spital behandelt. „Also das Reservoir von Patienten im Spital, die im niedergelassenen Bereich gut aufgehoben wären, ist riesengroß“, so Hacker.