Mann in Handschellen
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Chronik

Krebskranke Frau erwürgt: Sieben Jahre Haft

In Wien ist ein 55 Jahre alter Mann wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte seine krebskranke Frau erwürgt. Sein Suizid danach konnte verhindert werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Geschworenen verwarfen die Mordanklage und befanden den bisher unbescholtenen Mann des Totschlags für schuldig. Sie folgten damit der Argumentation der Verteidigerin Astrid Wagner, der Mann habe sich in einer allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung zu der Tat hinreißen lassen.

Bei einem Strafrahmen von fünf bis zehn Jahren erschienen dem Gericht sieben Jahre tat- und schuldangemessen, wobei generalpräventive Gründe gegen eine gelindere Sanktion gesprochen hätten, wie die vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung erläuterte. Der 55-Jährige nahm das Urteil an, die Staatsanwältin gab demgegenüber vorerst keine Erklärung ab.

Krebskranke Frau erwürgt: Sieben Jahre Haft

Wegen Mordes an seiner schwer krebskranken Ehefrau ist ein 55-Jähriger vor Gericht gestanden. Der Angeklagte soll im Februar seine Gattin in der gemeinsamen Wohnung in Hietzing erwürgt haben. Entschieden haben die Geschworenen allerdings überraschend auf Totschlag.

Staatsanwältin: Frau hatte noch Hoffnung

Im Ehebett neben der Frau liegend, habe ihn am Morgen ein Gedanke erfasst, als sie im Aufwachen begriffen war, sagte der Mann während des Prozesses: „Mir war in dem Moment klar, das ist die Lösung für uns beide, dass wir uns im Jenseits wieder sehen. Dann hab’ ich zugedrückt.“ Immer wieder kamen dem 55-Jährigen in seiner Einvernahme die Tränen. „Das war keine rationale Entscheidung. Es war eine Gefühlsexplosion, ausgelöst durch monatelange Überforderung“, meinte die Anwältin Astrid Wagner.

Staatsanwältin Julia Kalmar sah das in ihrem Schlussplädoyer anders. Die 55 Jahre alte Frau sei zwar schwer krank gewesen, „aber sie hatte mit dem Leben noch nicht abgeschlossen. Sie hatte Hoffnung, den Krebs noch besiegen zu können.“ Die Ehefrau habe sich vor allem auf den Besuch ihrer in Salzburg wohnhaften Tochter und der eben ersten zur Welt gekommenen Enkeltochter gefreut.

Angeklagter: „Mit Situation überfordert“

Das Paar war seit 1991 standesamtlich verheiratet, 1992 kam die gemeinsame Tochter auf die Welt. Im Sommer 2021 klagte die Ehefrau erstmals über Bauch- und Magenschmerzen und nach etlichen Untersuchungen wurde im Dezember 2021 Bauchspeicheldrüsenkrebs mit multiplen Metastasen in der Leber und in der Lunge diagnostiziert und sofort mit der Chemotherapie begonnen. Der 55-Jährige hatte laut Anklageschrift im Dezember 2021 das erste Mal Suizidgedanken, erzählte davon aber nichts seiner immer schwächer werdenden Frau.

Er sei an sich „ein Problemlöser“, mit der neuen Situation aber überfordert und hilflos gewesen, so der Angeklagte. Seine Frau habe die Palliativ-Chemotherapie „nicht gepackt. Es war entsetzlich für sie“. Ihre Schmerzen seien „brutalst“ gewesen. Er selbst habe sich infolge eines Erschöpfungssyndroms in den Krankenstand begeben müssen.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.

Nachdem sich das Paar noch kirchlich trauen hatte lassen, sagte sich die Tochter auf einen zweiwöchigen Besuch mit der Enkelin an. „Der Druck, der auf dem Mann gelastet hat, ist dadurch immer stärker geworden“, meinte die Verteidigerin. Der 55-Jährige konnte sich nicht vorstellen, wie sich das Leben zu viert in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung gestalten sollte. Er habe nicht mehr gewusst, „was ich tun soll“, räumte der Angeklagte ein. Im Rückblick würde er „alles anders machen. Ich würde mir Hilfe holen, ich würde mit Psychologen, mit Freunden reden“.

Mann laut Gutachten zurechnungsfähig

Die Frau starb laut Gutachten in Folge eines Angriffs gegen den Hals durch Würgen an Atem- und Hirnlähmung eines gewaltsamen Todes. Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt zwar depressiv, seine Zurechnungsfähigkeit sei jedoch immer gegeben gewesen. Bei seiner Einvernahme durch die Polizei verantwortete sich der Mann tatsachengeständig.