Judith Pühringer bei Interview mit Oliver Ortner im Wien heute Studio
ORF
ORF
POLITIK

Pühringer: Soziales Netz in Wien „löchrig“

Seit Oktober 2021 bildet Judith Pühringer mit Peter Kraus die Doppelspitze der Wiener Grünen. Pühringer sieht darin im „Wien heute“-Jahreswechselinterview einen neuen Stil in der Politik und konstatiert ein teilweise „löchriges soziales Netz“ in Wien.

Umfragen zufolge liegen die Grünen in Wien derzeit bei etwa neun Prozent und damit deutlich unter dem Ergebnis der letzten Gemeinderatswahl 2020. An der Doppelspitze liegt das laut Pühringer nicht: „Das ist ein Modell, wie man zusammen auch zu guten Lösungen kommen kann, wie man gemeinsam besser entscheidet, wie man sich auch ein bisschen verabschiedet von diesem alten Stil der Politik, von dieser One Man Show. Ich glaube, dass die Herausforderungen unserer Zeit, die Herausforderungen für Wien, massiv sind. Und ich glaube, da auf Kooperation zu setzen, ist der richtige Weg.“

Pühringer im Jahreswechsel-Interview (Langfassung)

Pühringer sieht derzeit eine schwierige politische Sitation mit Coronavirus-Pandemie, Ukraine-Krieg und Teuerung. Auch wenn sich das in den Umfragen nicht zeigt, sieht Pühringer die Grünen als die Partei, die die Themen vorgibt: „Das beginnt natürlich beim Thema Teuerungen. Da haben wir sozusagen schon im Frühjahr einen Schutzschirm gegen die Teuerungen präsentiert. Wir haben einen Energiesparplan für Wien vorgelegt und wir haben ganz klar aufgezeigt beim Thema Personalmangel. Das ist unsere Aufgabe als Oppositionspartei – diese Themen, die ganz viele Menschen beschäftigen, anzugehen und vor allem auch Lösungen aufzuzeigen.“

Sozialleistungen: „Wien erfüllt Hausaufgaben nicht“

In der Bundesregierung sind die Grünen seit 2020 vertreten, Kritik am weiterhin fehlenden Klimaschutzgesetz weist Pühringer zurück: „Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir das Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. Da gibt es noch ein paar Hürden, die zu nehmen sind. Aber das haben wir bei vielen Maßnahmen auch im Bund bewiesen, dass wir diese Hürden gut nehmen können.“

Pühringer verweist da auf die Abschaffung der kalten Progession mit Jahresbeginn 2023 und auf die Valorisierung der Sozialleistungen. Dazu kommt auch Kritik an der Wiener Stadtregierung: „In Wien haben wir jetzt gesehen, dass sowohl bei der Wohnbeihilfe als auch beim Gratisessen im Kindergarten Wien nicht nachzieht. In Wien fällt eine Alleinerzieherin zum Beispiel mit zwei Kindern um dieses Gratisessen im Kindergarten um. Im Bund wird das gerade gemacht. Wien erfüllt diese Hausaufgaben nicht. Insofern sehen wir gerade, dass das soziale Netz in Wien eigentlich löchrig wird und dass viele Maßnahmen, die im Bund auf den Weg gebracht werden, in Wien gar nicht umgesetzt werden. Und das kritisieren wir.“

„100 Prozent“ bei Wien Energie-Kommission

Bei der Wien Energie-Untersuchungskommission sind in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem ÖVP und FPÖ mit ihrer Arbeit präsent. Pühringer sieht aber „100 Prozent“ Unterstützung der Grünen: „Wir bringen uns mit, wir haben Expertinnen benannt, wir sind da mit allen wirklich mit dabei und wir wollen Aufklärung haben. Wir wollen wissen, warum bei der Wien Energie so viel eigentlich verzögert wurde, warum die Krisenkommunikation gelaufen ist, wie sie gelaufen ist und auch das Risikomanagement. Die große Frage ist: Warum hat der Bürgermeister nicht viel früher kommuniziert, dass es da einen massiven Milliardenschweren Finanzbedarf bei der Wien Energie gibt?“

Die Austritte von einigen Abgeordneten der Grünen in Bezirken sieht Pühringer eine „normale Dynamik“, die auch in anderen Parteien „so stattfindet“. Ziel der politischen Arbeit sei auch in den Bezirken keine „Fundamentalopposition“, die Strategie sei „in möglichst vielen Bezirken zeigen, welche Veränderung grüne Politik bedeutet und in möglichst vielen Bezirken erste zu werden und auch zu zeigen, warum Grün in der Regierung, aber auch in den Bezirken ganz klar fehlt.“