Politik

Terrorprozess: DNA-Spuren auf Tatwaffe

Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien wurde am Mittwoch mit einer DNA-Sachverständigen fortgesetzt. Auf Tatwaffe und Munition wurden DNA-Spuren mehrerer Angeklagter festgestellt.

Christina Stein legte ihre Erkenntnisse zur Spurenlage hinsichtlich der beim Attentat verwendeten Waffen, Patronen und sonstigen Utensilien dar. Bei dem Attentat am 2. November 2020 in der Innenstadt waren vier Passanten getötet und 23 Menschen verletzt worden.

Von jenem 32-Jährigen, der dem späteren Attentäter das bei der Tat verwendete Sturmgewehr besorgt haben soll, wurden DNA-Spuren auf mehreren Patronen gefunden – einerseits bei Patronen, die am Tatort gefunden wurden, andererseits auf „zumindest einer“ Patrone in dem Magazin der Pistole der Marke Tokarew, die der Täter mitführte.

Zeitpunkt der DNA-Übertragung nicht feststellbar

Dazu merkte die Sachverständige an, dass DNA-Spuren im Wesentlichen so lange auf Gegenständen bleiben, bis sie „anderwertig manipuliert“, sprich verwischt oder mit anderen Spuren überdeckt werden. Den Zeitpunkt, zu dem die DNA-Übertragung erfolgte, könne man daher nicht feststellen.

Dem 22-jährigen Zweitangeklagten, der als guter Freund des Attentäters gilt und die Stunden vor dem Anschlag mit ihm verbracht haben soll, wurden DNA-Spuren sowohl auf einem blauen Taschenmesser, auf einem daran befestigtem Klebeband sowie auf einem Anhänger, den der Attentäter bei sich trug, nachgewiesen.

Angeklagter sieht „Sekundärübertragung“

Den größten Teil an DNA-Spuren fand man jedoch vom 28-jährigen Viertangeklagten, der in den Wochen vor dem Anschlag in der Wohnung des Attentäters gelebt haben soll. In eben jener Wohnung, aber auch auf einem Klebebandstück der Maschinenpistole, auf der Schulterstütze, im Magazin der Pistole und an der vom Attentäter mitgeführten Machete wurde sein DNA-Profil nachgewiesen.

Ebenso wurden Spuren an Munition sowohl neben der Leiche des Attentäters als auch in dessen Umhängetasche gefunden. Auch auf der vom Attentäter getragenen Wollhaube, seinem Siegelring und auf den von ihm mitgeführten Kabelbindern und Patronen war die DNA des Viertangeklagten nachweisbar vorhanden. Das erklärte sich dieser durch eine „Sekundärübertragung“, also etwa das Einrollen des Gewehrs in ein von ihm verwendetes Tuch oder das Ablegen auf einem von ihm berührten Tisch.

Gutachten schließt Sekundärübertragung teils aus

Entsprechend den Erkenntnissen aus dem Gutachten könne aber bei einigen DNA-Spuren eine solche Sekundärübertragung ausgeschlossen werden. Ebenfalls schließt das Gutachten aus, dass männliche Familienmitglieder des Viertangeklagten als Spurenverursacher infrage kommen.

Kurz vor Ende des Prozesstages stellte der Verteidiger des Viertangeklagten einen Beweisantrag auf Einvernahme des Privatsachverständigen Cornelius Courts, Professor am Institut für Rechtswissenschaften der Universität Köln, da sich die Beweislage bei seinem Mandanten zu „80 oder 90 Prozent“ auf dieses Gutachten stütze.

Kritik an Gutachten von Verteidiger

Courts zufolge wurden in der Erstellung des Gutachtens nicht die geltenden Maßstäbe eingehalten. Er habe im Auftrag der Verteidigung ein eigenes Gutachten erstellt, durfte sich zu dessen Inhalt aber nicht äußern, da er nicht der gerichtlich beauftragte Gutachter ist. Er stieß sich vor allem an Formulierungen in dem Gutachten von Christina Stein wie „ist als … zu werten“ oder „spricht für“.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dürften sich bei dieser Art von Gutachten grundsätzlich nicht dazu äußern, welche Art des Transfers die wahrscheinlichste sei. Die aus dem Gutachten gezogenen Schlüsse seien aufgrund dieser fehlenden Standards nicht als Beweis gültig, meinte der Verteidiger.

Der Umstand, dass von dem Viertangeklagten keine Fingerabdrücke an Waffen, Munition oder anderen Gegenständen nachweisbar sei, reiche nicht aus, dessen Beitragstäterschaft in Zweifel zu ziehen bzw. zu widerlegen, heißt es in der Anklage. Darauf konnten nämlich auch keine verwertbaren Fingerabdruckspuren des Attentäters selbst – der diese Waffen nachweislich verwendete – gesichert werden.

Fortsetzung mit Videokonferenz in Slowakei

Die Sachverständige legte auch dar, dass sich auf dem beim Anschlag verwendeten Maschinengewehr Spuren einer weiblichen Verwandten des mutmaßlichen slowenischen Waffenhändlers befanden. Dabei dürfte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um seine Tochter handeln, sagte Stein.

Fortgesetzt wird die Verhandlung am Donnerstag mit einer Videokonferenz mit der Slowakei, die Auskunft zum gescheiterten Munitionskauf des Attentäters wenige Monate vor dem Anschlag geben soll. Am 19. Jänner hätte dann der Vater des Attentäters als Zeuge geladen werden sollen. Der Verteidiger des Viertangeklagten gab heute jedoch bekannt, darauf zu verzichten, den Vater zu laden.