Das Sujet zur Produktion „Effi Briest“.
Philine Hofmann
Philine Hofmann
Kultur

Wiener Mittelbühnen im Aufschwung

Nach krisenreichen Jahren geht es in der Kulturbranche bergauf. Kleinere Theater, die Mittelbühnen Wiens, haben sich erholt und verzeichnen wieder eine hohe Auslastung. Wienerinnen und Wiener dürfen sich heuer auf Programmhighlights von Shakespeare bis Goethe freuen.

„Jetzt fühlt es sich so an wie früher. Die Leute kommen zurück, das Haus ist wieder voll, die Begeisterung ist wieder da, der Spaß auch“, freute sich Julia Edtmeier, Mitbegründerin und künstlerische Leiterin des Bronski & Grünberg. Was sich laut ihr verändert habe, sei ein ganz konkretes Nachdenken darüber, was und wie man produziert und wofür die Leute gerne ins Theater gehen. Man hinterfragte genauer, wie man sich als Theater positioniert. Das empfand Edtmeier sogar als positive Folge von der Pandemie.

Das Sujet zur Produktion „Mein Fall“ nach dem Buch von Josef Haslinger, vom WERK X.
Alex Gotter
Die neue Eigenproduktion „Mein Fall“ nach dem Buch von Josef Haslinger vom WERK X

Eine starke Positionierung war auch für das WERK X relevant. „Der Zuschauer hat nach Corona gelernt, dass es ohne Theater gehen könnte. Da ist das Wiederanknüpfen an vorige Erfolge natürlich eine Herausforderung“, so Ali M. Abdullah, der den Betrieb mit Harald Posch begründete. Die neuen Produktionen laufen jedoch sehr gut. Das von Kritikerinnen und Kritikern beschriebene „Theater in der Vollkrise“ empfindet er nicht so. Man müsse die Leute gezielter ansprechen und es sich „nicht zu bequem machen“.

Auch Gernot Plass, künstlerischer Leiter des TAG, stimmte hier mit ein: „Das, was wir machen können, ist gutes Theater, das dem Publikum gefällt.“ Als zusätzlichen Vorteil des TAG hob er zudem hervor, dass dieses kein Abonnententheater ist, sondern eher von Laufkundschaft lebt und der Betrieb auch dadurch gut durch die Krise kam. „Wir hatten nun nach der Pandemie schon wieder sehr erfolgreiche Produktionen“, erklärte er.

Gerald Pichowetz und Andreas Steppan in „Sunny Boys“, eine Komödie von Neil Simon.
Gloria Theater
Gerald Pichowetz und Andreas Steppan in „Sunny Boys“ von Neil Simon, eine Komödie des Gloria Theaters in dieser Saison

Subventionen und Berichterstattung als Stütze

Für das Theater Nestroyhof / Hamakom waren die Subventionen essenziell, erklärte Ingrid Lang, Gesamtleiterin des Hauses. „Je kleiner das Haus, desto weniger Subvention man bekommt, desto schwieriger ist es. Natürlich kommen die Leute zurück ins Theater, aber sie überlegen sich ganz genau, wie sie ihr Geld ausgeben“, erklärte sie. Auch Julia Schafranek, Leiterin des Vienna’s English Theatre sagte: „Wir haben die Krise zwar gut überstanden, aber hatten natürlich Sorgen und Ängste, durch die Subventionen aber Sicherheit.“

In Zeiten der Krise, beziehungsweise danach, waren die Kunstschaffenden nicht nur auf die Kulturförderungen angewiesen, sondern auch auf die Berichterstattung von Medien, meinte Gerald Pichowetz, Direktor des Gloria Theater. „Wenn sich jemand meldet, dann bin ich da. Die Pressearbeit ist ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit und hat einen hohen Wert für uns“, erläuterte er.

Appell zum Live-Erlebnis Theater

Letztes Jahr führte das Vienna’s English Theatre ein Sherlock Holmes Stück auf – mit großem Erfolg, die Aufführungen waren komplett ausverkauft. Julia Schafranek fürchtet zwar, dass die Menschen nicht so schnell wieder regelmäßig ins Theater gehen werden, aber „ich habe Hoffnung, dass das Publikum zurück zu dem Live-Erlebnis findet, zu dem, was Theater ausmacht.“ Das Holmes Stück habe ihr gezeigt: Wenn die Menschen überzeugt sind, dass sie gut unterhalten werden, dann werden sie auch wieder kommen.

Vor allem als Direktor eines Theaters in der Vorstadt sieht Gerald Pichowetz es als maßgeblich, den Leuten die Wichtigkeit des Theatermachens zu vermitteln. „Schaltet doch euer Fernsehkastl einmal aus und schaut euch Livecharakter an!’“, bekräftigte er.

Das Sujet zur Produktion „BENT“.
Apollonia Theresa Bitzan
Das Sujet zur Produktion „BENT“, das derzeit im Theater Nestroyhof / Hamakom aufgeführt wird

Programm-Highlights 2023

Diese Saison führt das Bronski & Grünberg unter anderem die Kriminalkomödie „Cäsars Büro“ (frei nach Shakespeare) oder „Effi Briest“, eine Liebeserklärung an starke Frauen, von Moritz Franz Beichl auf. Im TAG dürfen sich die Besucherinnen und Besucher heuer auf Überschreibungen von Goethes „Iphigenie“, in welchem es um das Weglegen der Opferrolle der Frau geht, oder Shakespeares „Heinrich V.“, das von einem Angriffskrieg handelt (angelehnt an die Ukraine-Ereignisse), freuen.

Ein wichtiger Programmpunkt des Theater Nestroyhof / Hamakom ist beispielsweise die Produktion „BENT“ von Martin Sherman, welche die Verfolgung und Tötung Homosexueller im Nationalsozialismus thematisiert. Als eines der Highlights im WERK X strahlt die Eigenproduktion "Mein Fall“, welche von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche handelt. Außerdem werden die beliebtesten Aufführungen der Jahre 2014 bis 2023 zum Besten gebracht, da die Ära Abdullah/Posch diese Saison endet.

Pro Jahr hat das Gloria Theater circa sechs Produktionen im Repertoire. Heuer unter anderem das Krimistück „Scherz beiseite – ein neuer Fall für Miss Marple“ von Agatha Christie, „eine verworrene Geschichte mit vielen witzigen Momenten“. Hier übernimmt Pichowetz die weibliche Hauptrolle der Miss Marple. Das Vienna’s English Theatre bietet zum Beispiel die Shakespeare-Stücke „Ein Sommernachtstraum“ oder „Macbeth“, die Abschlussaufführung der hauseigenen Schauspielakademie.