Michael Strebl
APA/Roland Schlager
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Politik

Wien Energie: Chefetage in U-Kommission

In Wien ist am Montag die Untersuchungskommission zur Wien Energie fortgesetzt worden. Geladen waren zwei prominente Zeugen: der Geschäftsführer der Wien Energie, Michael Strebl, und der stellvertretende Direktor der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt.

Die Befragung der beiden Manager sorgte bereits im Vorfeld für Diskussionen und Spekulationen – da die Gebarung ausgegliederter Unternehmen selbst nicht von dem Gremium geprüft werden kann. Das verbietet die Stadtverfassung. Der Vorsitzende der Kommission, der Richter Martin Pühringer, erläuterte zum Auftakt, dass es möglich sei, dass er so manche Frage aus diesem Grund nicht zulassen werde. Das sei aber im Einzelfall jeweils zu prüfen, betonte er.

Weinelt, so erklärte der Vorsitzende, könne sich zudem entschlagen, wenn er Geschäftsgeheimnisse preisgeben müsse. Der Stadtwerke-Direktor skizzierte zunächst kurz die Situation der Märkte im Vorjahr. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sei es hier zu großen Veränderungen – mit teils tausendprozentigen Preisanstiegen – gekommen. Damals seien auch erstmals ein physikalischer Lieferengpass und nicht nur hohe Preise im Raum gestanden, so Weinelt. Das sei vorher nie der Fall gewesen.

Generaldirektor-Stellvertreter der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt
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Peter Weinelt gab an, die Stadt über die Situation informiert zu haben

Erstmals dramatisch wurde die Situation laut Weinelt im Juli 2022, als die Gasprom ankündigte, dass die Gaspipeline „Nord Stream 1“ nach der Wartung möglicherweise nicht mehr in Betrieb geht. „Da war für mich äußerster Handlungsbedarf.“ Bei Jours fixes mit Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) sei über die Situation gesprochen worden. Man habe ihn laufend über die Märkte informiert. Auch Unterlagen habe man dem Stadtrat übergeben.

„Erster Hilferuf“ an Hanke im Juli

Es habe sich dabei etwa um Charts über die Entwicklung der Energiesituation gehandelt. Der Vorsitzende wollte konkret wissen, wann es den „ersten Hilferuf“ an die Stadt gegeben habe. Weinelt berichtete hier etwa von einem Telefonat mit Hanke im Juli, wobei er das genaue Datum nicht mehr wisse, wie er erläuterte. Generell habe es jedoch zahlreiche Gespräche mit verschiedenen Personen in der Stadt oder den Stadtwerken gegeben. Man habe sich auch mit der Magistratsabteilung 5 (Finanz) beraten.

Jedenfalls seien hohe Sicherheitsleistungen benötigt worden, da große Verwerfungen befürchtet wurden. Ende August sei das kulminiert, es sei zu einem „enormen Preisauftrieb“ gekommen. Bei normalen Börsen hätte man in den Handel eingegriffen, zeigte er sich überzeugt. Die Wien Energie benötige aber Gas, um Fernwärme erzeugen zu können, erläuterte Weinelt.

Wien Energie: Strebl vor U-Kommission

In Wien ist am Montag im Rathaus die Untersuchungskommission zur Wien Energie fortgesetzt worden. Geladen sind zwei prominente Zeugen: der Geschäftsführer der Wien Energie, Michael Strebl, und der stellvertretende Direktor der Wiener Stadtwerke, Peter Weinelt.

Kein Gespräch mit Ludwig vor erstem Darlehen

Man habe darum entsprechend vorsorgen müssen. Der Stadtrat habe die Stadtwerke unterstützt. Mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat Weinelt laut eigenen Angaben nicht über das Thema gesprochen. „Wie genau die Anträge an den Herrn Bürgermeister ausgesehen haben, kann ich Ihnen nicht beantworten.“ Über die 700 Mio. Euro – also die erste in Notkompetenz erteilte Kredittranche – habe er im Vorfeld nicht mit ihm geredet.

In finanziellen Belangen war jedoch die Chefetage der Stadtwerke sein Ansprechpartner, erklärte Wien-Energie-Geschäftsführer Strebl. Denn auch die Finanzierung laufe jeweils über den Konzern. Gebe es Bedarf an Liquidität, wende man sich an die Stadtwerke. Dort würden dann etwa Mittel aus dem Konzern (Cash-Pooling) herangezogen oder Kredite in die Wege geleitet.

Michael Strebl
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Strebl verteidigte den Handel an der Energiebörse

Handel an Energiebörse „alternativlos“

Der Handel an der Energiebörse in Leipzig ist laut Strebl wiederum die einzige Möglichkeit, ohne Ausfallrisiken zu agieren. Direkt bei Erzeugern zu kaufen sei viel riskanter. „Das ist für uns alternativlos.“ Dafür müssten Kautionen, also Sicherheitsleistungen hinterlegt werden – ähnlich wie Wohnungsmieter das tun müssten. Spekuliert werde an der Energiebörse nicht, das sei im Unternehmen verboten.

Nach dem Angriff auf die Ukraine seien die Preise massiv angestiegen. Allerdings sei man zunächst noch mit der eigenen Liquidität ausgekommen. Als schließlich die Möglichkeit zu erkennen war, dass Russland die Gaslieferverträge nicht mehr einhält, habe sich die Situation jedoch geändert. Ein Lieferstopp sei über Jahrzehnte unvorstellbar gewesen, so der Zeuge.

Liquidität ist „Aufgabe des Eigentümers“

Auf die „energiewirtschaftliche Bombe“ im Juli folgte laut Strebl ein Stresstest, der das Risiko beleuchten sollte, vor dem das Unternehmen stünde. Auch der Liquiditätsbedarf wurde beziffert – mit bis zu 1,4 Mrd. Euro. „Das hätte unseren Berechnungen zufolge auch ein Sofortbedarf sein können.“ Man sei jedenfalls „heilfroh“ gewesen, diese Mittel zu erhalten. Die Stadt zahlte in zwei Tranchen.

Dann kamen jene denkwürdigen Tage im August. Für Strebl stellte die damalige Entwicklung einen „schwarzen Schwan“ dar, also eine nicht vorhersehbare Entwicklung. Der Preisanstieg sei dramatisch gewesen, etwa so als ob das Benzin an Tankstellen innerhalb weniger Tage plötzlich 30 Euro pro Liter koste. Man habe umgehend die Stadtwerke informiert. Denn: „Es ist Aufgabe der Eigentümer, die notwendige Liquidität zu besorgen. Da hat es intensive Gespräche gegeben.“

Reporterin aus dem Wiener Rathaus

Zentrales Thema und Kritikpunkt ist die Notkompetenz des Bürgermeisters – die er innerhalb kürzester Zeit gezogen hat. Was sagte Wien-Energie-Chef Strebl dazu vor der U-Kommission? „Wien heute“-Reporterin Barbara Piontek berichtet.

Allerdings habe er keinen direkten Kontakt mit Hanke und Ludwig gehabt. Strebl berichtete lediglich von einer Sitzung mit dem Magistratsdirektor unmittelbar vor dem Treffen mit dem Bund. Dass dieser – oder die EU – keinen „Schutzschirm“ über die Energiewirtschaft gespannt habe, wurde von den beiden Managern am Montag beklagt. Andere Staaten hätten das getan, betonten sie.

Kritik von ÖVP und FPÖ

Die Initiatoren der Kommission – ÖVP und FPÖ – zeigten sich unter anderem erstaunt, nämlich über die Art der Kommunikation der städtischen Betriebe mit dem Rathaus. ÖVP- Klubchef Markus Wölbitsch kritisierte, dass die Gewährung der Darlehen von jeweils 700 Mio. Euro erfolgt sei, ohne dass Ludwig mit den Verantwortlichen direkt gesprochen habe. Auch das Berichtswesen gegenüber dem Eigentümer erschöpfe sich offensichtlich in einem monatlichen Jour fixe gemeinsam mit dem Finanzstadtrat, bekrittelte Wölbitsch.

Die FPÖ stieß ins selbe Horn. „Es ist ein Skandal, dass Bürgermeister Ludwig 1,4 Mrd. Euro offenbar im Blindflug und ohne genaue Kenntnis des Tatsachensubstrates vergibt“, befand Klubobmann Maximilian Krauss: „Es liegt in der Verantwortung des Bürgermeisters, sich allumfassend zu informieren.“ Er dürfe sich nicht nur auf das Wort seines Stadtrats verlassen. ÖVP und FPÖ zeigten sich nach den Befragungen auch überzeugt, dass genug Zeit gewesen wäre die Gremien im Rathaus zu befassen. Ludwig hätte nicht mittels Notkompetenz handeln müssen.