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Chronik

Missbrauch: Betroffener will Schadenersatz

Ein Missbrauchsopfer eines Sportlehrers, der bis zu seinem Suizid 2019 an einer Wiener Mittelschule über 40 Buben im Alter von neun bis 14 Jahren missbraucht haben dürfte, fordert nun von der Republik Österreich Schadenersatz – insgesamt 790.000 Euro.

In einem an die Finanzprokuratur gerichteten Schreiben verlangt der ehemalige Schüler eine zumindest finanzielle Wiedergutmachung für die erlittenen seelisch-psychischen Schäden und eine daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit als Profisportler.

Ende der Fußballkarriere

Der traumatische Übergriff habe die Träume des Burschen von einer Karriere als Fußballprofi zerstört. Er hatte die betreffende Mittelschule vor allem deshalb besucht, weil diese damals einen Kooperationsvertrag mit FK Austria Wien hatte. Der Bursch galt als hochtalentiert – er hatte bereits einen Jungprofivertrag bei einem heimischen Erstliga-Verein in der Tasche.

Hilfe für Betroffene

Unter meldestelle@interpol.at nimmt eine eigene Meldestelle des Bundeskriminalamts Hinweise auf Missbrauchsdarstellungen entgegen.

Dort trainierte er gemeinsam mit prominenten Kickern und träumte von einem Engagement im Ausland. „Aber ich habe meine Fußballerkarriere aufgrund der psychischen Belastung nach dem Missbrauch beenden müssen“, wie der junge Mann schilderte.

Medikamente und Behandlung

Bis zum heutigen Tag ist ihm nur eingeschränkt die Ausübung eines Berufes möglich. Er benötigt Medikamente und steht in andauernder psychiatrischer Behandlung. Für das ihm Widerfahrene macht er nun 50.000 Euro Schmerzengeld und 740.000 Euro an Verdienstentgang für die ihm genommene Karriere im Profisportbereich geltend.

Kritik an Schulleitung und Bildungsdirektion

Der junge Mann war seinerzeit während einer Lesenacht im Turnsaal der Mittelschule von seinem Sportlehrer – einem Serientäter – missbraucht worden. Der Übergriff führte zu einer Traumatisierung, der Betroffene konnte erst viele Jahre später – nach dem Suizid des Täters – über den Missbrauch sprechen. Er brachte diesen auch zur Anzeige. Im Laufe der Zeit entwickelten sich bei dem jungen Mann mehrere fachärztlich festgestellte ausgeprägte psychische Leiden.

Seine Rechtsvertreterin Herta Bauer gibt in ihrem Schreiben an die Finanzprokuratur zu bedenken, dass der Missbrauch in der Schule stattfand und die Schulleitung sowie die Bildungsdirektion aufgrund anderer, zeitlich zurückliegender Missbrauchshandlungen des Lehrers diesen längst aus dem Verkehr hätten ziehen müssen.

Die Institutionen hätten „von der realen und unmittelbaren Gefahr“ für die Schüler wissen müssen, es aber verabsäumt, dagegen geeignete Maßnahmen zu setzen. Nach Bauers Ansicht sind die Kriterien erfüllt, die eine Haftung nach dem Amtshaftungsgesetz begründen.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Österreichweit gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.