Christoph Chorherr
APA/Roland Schlager
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Gericht

Freisprüche im Chorherr-Prozess

Im Prozess gegen den früheren Planungssprecher Christoph Chorherr (Grüne) sind alle Angeklagten freigesprochen worden. Der Vorwurf lautete auf Amtsmissbrauch und Bestechlichkeit bzw. Bestimmung zum Amtsmissbrauch und Bestechung. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Anklagebehörde wird gegen die Freisprüche für Chorherr und die Mitangeklagten – darunter Investor Rene Benko, der Industrielle Michael Tojner und die Immobilienentwickler Erwin Soravia und Günter Kerbler – Nichtigkeitsbeschwerde einlegen. Das teilte man nach der Urteilsverkündung mit.

Freisprüche im Chorherr-Prozess

Im Prozess gegen den früheren Planungssprecher Christoph Chorherr (Grüne) sind alle Angeklagten am Montag freigesprochen worden.

Richter sah keinen „Missbrauch in irgendeiner Form“

Der Vorsitzende des Schöffensenats, Richter Michael Tolstiuk, begründete die Freisprüche damit, dass kein „Missbrauch in irgendeiner Form“ festgestellt werden konnte. Chorherr habe seine Befugnisse nicht missbraucht. Und, so hob der Senatsvorsitzende hervor, es seien zwar Gelder geflossen, aber eben an den Verein s2arch. Dieser habe die Mittel an das Projekt Ithuba weitergeleitet. Chorherrs Tätigkeit in dem Verein sei „fast gegen null“ gegangen.

Christoph Chorherr
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Chorherr wies wie die anderen Angeklagten die Vorwürfe zurück

Hinweise auf kriminelle Handlungen habe es jedenfalls nicht gegeben. Für die Unternehmen sei die Spendentätigkeit im Vordergrund gestanden. Ein Zusammenhang mit Widmungen sei nicht zu erkennen.

Weitere Entscheidung zu Verbänden

Chorherr war bis 2019 Planungssprecher der grünen Rathausfraktion in Wien. Dem früheren Mandatar war vorgeworfen worden, von mitangeklagten namhaften Immobilienunternehmen Zahlungen für einen von ihm initiierten gemeinnützigen Verein gefordert bzw. angenommen zu haben. Dieser unterstützt Kinder- bzw. Schulprojekte in Afrika. Die Spender sollen sich im Gegenzug Vorteile bei Widmungsverfahren versprochen haben.

Der Prozess nahm insgesamt elf Verhandlungstage in Anspruch. Die Verfahren gegen mitangeklagte Verbände wurden am Montag vorerst ausgeschieden, nach der Verkündung der Freisprüche aber wieder aufgenommen. Die Anträge auf Verhängung einer Geldbuße wurde nach einer kurzen Beratung abgewiesen. Auch hier kündigte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel an.

Chorherr „erleichtert und froh“

„Erleichtert und froh“ zeigte sich Chorherr nach dem Freispruch. Für ein umfassendes Statement sei er emotional zu aufgewühlt, sagte er beim Verlassen des Gerichtssaals. Nur so viel: „Wir freuen uns sehr und gehen jetzt feiern. Hawidere!“

Etwas ausführlicher äußerte sich Soravia. „Wir haben ein faires und korrektes Verfahren erlebt, in der die erhobenen Vorwürfe sachlich aufgeklärt werden konnten. Deshalb hat das Gericht heute auch unsere Rechtsansicht bestätigt“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. „Mit dem eindeutigen Freispruch ist alles gesagt“, meinte Benko ebenfalls schriftlich. „Die Anklage hatte keinerlei Substanz, die Vorwürfe waren von Beginn an falsch und haltlos. Das Gericht hat ein sehr faires Beweisverfahren durchgeführt und die Dinge umfassend geklärt. Damit ist das Thema für mich erledigt.“

Tojners Rechtsanwalt Karl Liebenwein hielt in einer Stellungnahme fest, dass sein Mandant „erleichtert“ sei. „Das jahrelange Ermittlungs- und das mehrmonatige Gerichtsverfahren waren eine große Belastung für ihn persönlich, die Familie und auch die Unternehmensgruppe.“ Nunmehr habe das Gericht klargestellt, dass es keinerlei Beeinflussung im fünfjährigen Flächenwidmungsverfahren des Projektes „Heumarkt neu“ gegeben habe. „Es kann und darf nicht sein, dass soziales Engagement von wirtschaftlich erfolgreichen Menschen ohne jeden Beweis kriminalisiert wird.“

Zeuge: „Deal war fair“

Am letzten Verhandlungstag war am Vormittag noch ein Zeuge geladen, Peter Schaider, Besitzer des Auhof Centers in Penzing. Als dieses erweitert werden sollte, wurde ihm von der Stadt beschieden, er könne den Ausbau umfangreicher bewerkstelligen, wenn er Wohnungen auf dem Gebäude errichte. „Das war ganz einfach der Deal, er war fair und nachvollziehbar“, versicherte der Zeuge. Man habe das Projekt „wunderbar hingebracht“.

Im Dezember wurden im Prozess prominente Zeuginnen befragt, wie NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und die frühere Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne). Meinl-Reisinger wurde unter anderem zu ihrem Wissen über das umstrittene Heumarkt-Projekt befragt – mehr dazu in Prominente Aussagen im Chorherr-Prozess.

Maria Vassilakou beim Chorherr-Prozess
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Die frühere Planungsstadträtin Maria Vassilakou sagte bereits im Dezember aus

Die frühere Planungsstadträtin Vassilakou galt als wichtigste Zeugin in dem Prozess. „Die zentrale Figur, ob ein Projekt dem Gemeinderat vorgelegt wird, ist die Planungsstadträtin, in diesem Fall ich.“ Sie habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, ein Projekt zurückzuziehen. Dass Projektwerber für ihr Vorhaben um Unterstützung werben, sei normal, beteuerte Vassilakou. Dass Chorherr in einem karitativen Verein tätig war, habe sie gewusst. Sie habe auch bei einem Geburtstagsfest Chorherrs ein Bild für den guten Zweck ersteigert, wie Vassilakou erläuterte.