Geburtenstation St Josef Spital, Bild mit fliegendem Storch
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Gesundheit

Streit über Geburtsversorgung

Die Wiener Ärztekammer warnt vor einer Reduktion der Spitalsplätze für Geburten. In den Krankenhäusern Hietzing und Landstraße sollen bald keine Geburten mehr stattfinden. Die Vorwürfe seien „unseriös“, kontert die Stadt.

Eigentlich arbeite man derzeit gemeinsam mit der Ärztekammer an Reformplänen – bisher ohne Beschwerden von Ärzteseite, sagte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Sonntagnachmittag. Geplant ist laut Ärztekammer, die gynäkologischen Abteilungen in den Kliniken Hietzing und Landstraße in sogenannte Terminambulanzen umzuwandeln.

Das bedeute, dass dort keine Geburten mehr stattfinden könnten, hieß es. Derzeit zeichnen beide Kliniken laut Ärztekammer für insgesamt rund 2.700 Geburten jährlich verantwortlich. In der Verordnung zum „Regionalen Strukturplan Gesundheit Wien 2025“ seien entsprechende Schritte vorgesehen. Die Verordnung liege derzeit zur Begutachtung vor, teilte die Ärztekammer in einer Aussendung am Sonntag weiter mit.

Kliniken Ottakring und Favoriten sollen übernehmen

Die Stadt bestätigt die Pläne grundsätzlich. Allerdings seien sie Teil einer größeren Reform: Künftig soll nicht mehr jedes Spital alles machen, stattdessen werde es Schwerpunktzentren geben. In diesem Fall sollen unter anderem die Kliniken Ottakring und Favoriten die Geburten übernehmen, hieß es aus dem Hacker-Büro gegenüber ORF Wien.

„Die Vorwürfe sind unseriös.“ Sie seien ein Beispiel für den Zustand der Ärztekammer, „wo die eine Hand offensichtlich nicht weiß, was die andere tut“. Denn den Strukturplan diskutiere man seit einem Jahr mit der Ärztekammer. Von der Ärztekammer sei im Mai 2022 sogar schriftlich Zustimmung geäußert worden. „Da war keine Rede von irgendwelchen Problemen.“

„Geburtsversorgung in Wien gewährleistet“

Selbstverständlich, so beteuerte der Sprecher, sei die Geburtsversorgung in Wien gewährleistet. Man habe kein Verständnis dafür, dass die Kammer nun jungen Familien Angst mache. Im Hacker-Büro verwies man auch auf die zentrale Geburtsanmeldung, die auch private Spitäler beinhalte.

Das sieht die Ärztekammer anders: „Selbst bei einer optimistischen Rechnung, in der man davon ausgeht, dass andere Kliniken wie Floridsdorf oder das St. Josef Krankenhaus einen Teil dieser Geburten übernehmen können, würden laut unseren Schätzungen ab 2025 noch mindestens zwischen 1.000 und 1.500 Frauen in Wien ohne Geburtsbetten dastehen“, sagte Tanaz Modarressy-Onghaie, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Klinik Hietzing und stellvertretende Obfrau der Sektion der zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Ärzte der Ärztekammer für Wien.

„Spardruck auf dem Rücken Schwangerer“

Grundlage für die Entscheidung, die Geburtsbetten in den Kliniken Hietzing und Landstraße abzubauen, sei ein prognostiziertes Sinken der Geburtenrate. Gleichzeitig berechne die stadteigene Statistikabteilung bis 2028 eine steigende Geburtenrate, zeigte man sich in der Ärztekammer verwundert.

„Dass hier offensichtlich ein politischer Spardruck auf dem Rücken schwangerer Frauen ausgetragen wird, finde ich unverantwortlich. Sollen 1.000 Frauen ab 2025 alle zuhause entbinden? Gerade die Covid-19-Pandemie sollte doch gezeigt haben, dass es gefährlich ist, wider besseren Wissens Vorhaltekapazitäten in den Krankenhäusern zu reduzieren“, kritisierte Stefan Ferenci, Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, die Pläne.