Chronik

Höchststrafen im Terrorprozess gefordert

Finale des Terrorprozesses am Wiener Straflandesgericht gegen sechs mutmaßliche Helfer des Wien-Attentäters: Staatsanwältin und Rechtsvertreter hielten am Dienstag ihre Schlussplädoyers. Die Urteile sind für Mittwoch geplant.

„Ich glaube den sechs Angeklagten kein Wort“, sagte die Staatsanwältin. Während die Verteidiger für Freisprüche von den zentralen inkriminierten Vorwürfen eintraten, verlangte sie sinngemäß die Höchststrafen. Sie sei überzeugt, dass die Beweise zu sämtlichen Anklagepunkten erbracht wurden. Alle insgesamt 28 Hauptfragen, die die Geschworenen am Ende ihrer Beratungen zu beantworten haben, seien zu bejahen. In ihrem Plädoyer nahm die Staatsanwältin dann noch zum Strafrahmen Stellung.

Für die erwachsenen Angeklagten sei ein Strafrahmen von zehn bis 20 Jahren oder lebenslang, für den Zweit- und den Sechstangeklagten als junge Erwachsene zehn bis 20 Jahren vorgesehen. Alle sechs Angeklagten hätten den von der Polizei erschossenen Attentäter unterstützt: „Auf derart hinterhältige Angriffe auf unsere Werte und die Demokratie steht zurecht die Höchststrafe“, hielt sie fest. Es müsse klar zum Ausdruck gebracht werden, dass für „derart hinterhältige terroristische Angriffe in einem friedlichen Land“ kein Platz sei.

Beweislage reiche für Schuldsprüche nicht aus

Danach kamen der Reihe nach die Anwälte der Angeklagten zu Wort. David Jodlbauer, der Verteidiger des Erstangeklagten, dem vor allem vorgeworfen wird, mit dem Attentäter zwecks Munitionskauf in die Slowakei gefahren zu sein, betonte, sein Mandant sei „kein Extremist“. Dieser habe nicht gewusst, dass es einen Anschlag geben wird und er habe den Attentäter auch nicht unterstützt. Die Beweislage sei „dünn“, sein Mandant freizusprechen.

Terrorprozess: Schlussplädoyers der Anwälte

Am Wiener Straflandes-gericht in Wien ist heute der Terror-prozess in die letzte Runde gegangen. Vor Gericht stehen sechs junge Männer, die den Atten-täter von Wien im Vor-feld des verheerenden An-schlags im November 2020 auf unterschiedliche Art unter-stützt haben sollen. Nach drei Monaten müssen die Geschworenen jetzt ihr Urteil fällen

„Die Beihilfe zu einem Attentat ist nicht haltbar“, meinte Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger für den Zweitangeklagten. Es gebe „keinen einzigen Beweis“ für die Behauptung der Staatsanwaltschaft, dass der Zweit- und der Drittangeklagte kurz vor dem Anschlag in der Wohnung des Attentäters waren. „Recht muss Recht bleiben. Auch wenn ein derart arger Anschlag passiert“, gab Arbacher-Stöger zu bedenken. Die Beweislage reiche nicht, "um einen jungen Menschen so lange ins Gefängnis zu bringen.

Anwalt Rudolf Mayer, der den Drittangeklagten vertritt, räumte ein, dass dieser mit dem Attentäter gut bekannt und befreundet gewesen sei: „Aber so weit ist die Freundschaft nicht gegangen, dass er ihm geholfen hat.“ Mayer räumte auch ein, sein Mandant habe Propagandamaterial der radikal-islamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) besessen und verbreitet. Mit dem Anschlag habe er jedoch nichts zu tun gehabt. Diesbezüglich fehle jeglicher Schuldbeweis.

Anwälte sprechen von „dünner Bweislage“

Die Rechtsvertreter der übrigen Angeklagten sprachen ebenfalls von einer „dünnen“ Beweislage. Sie gingen für einzelne Angeklagte davon aus, dass die Beihilfe zu einem Attentat nicht haltbar sei. So hieß es etwa bezüglich eines Angeklagten, der am Tag vor dem Anschlag in der Wohnung des Attentäters gewesen sein soll, dass Handydaten nicht ausreichen würden, um ihm dies nachzuweisen.

Ein weiterer Angeklagter hat laut seinem Anwalt nur das Pech, in der Wohnung des Attentäters geschlafen zu haben. Hätte er das nicht getan, stünde er nun nicht vor Gericht. Seine DNA an Waffen, Munition und anderen Gegenständen sei infolge Sekundärübertragung dorthin gekommen – was im Gegensatz zu einem Sachverständigen-Gutachten steht. Die Anwälte appellierten an die Geschworenen, nicht auf den Zweifelsgrundsatz zu vergessen: „Wenn sie sich zu 99 Prozent sicher sind, dass er schuldig ist, müssen sie ihn freisprechen“.

Urteile für Mittwoch erwartet

Die Geschworenen nehmen am Mittwochvormittag ihre Beratungen über die Schuldfrage auf. Zuvor kommen noch die sechs Angeklagten kurz zu Wort. Wie lange die Beratungen der Laienrichter dauern werden, ist offen, mit mehreren Stunden ist jedenfalls zu rechnen. Im Anschluss müssen die Geschworenen im Fall von Schuldsprüchen gemeinsam mit den drei Berufsrichtern das Strafausmaß für jeden einzelnen Angeklagten festlegen. Mit der Urteilsverkündung ist demnach frühestens am Nachmittag zu rechnen.

Bei dem Anschlag in der Wiener Innenstadt sind am 2. November 2020 23 Menschen verletzt worden und vier ums Leben gekommen. Die Hinterbliebenen haben sich als Privatbeteiligte dem Prozess angeschlossen.