Ein Mann sitzt vor einem Computer und sieht sich mutmaßlich Bilder von Kindesmissbrauch an
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Pädophilie: Hohe Kosten für Prävention

Die aktuelle Diskussion über Kindesmissbrauch hat zu schärferen Strafen geführt. Experten sind sich aber einig, dass auch bei der Prävention angesetzt werden muss. Es gibt zwar therapeutische Angebote, die Kosten werden aber nur bei unbedingten Verurteilungen übernommen.

Viele Straftäter, die wegen Besitz von Kindesmissbrauchsbildern verurteilt werden, bekommen nur eine bedingte Haftstrafe. Das Gericht erteilt ihnen jedoch die Weisung, dass sie eine Therapie machen müssen. Bezahlt wird die aber nicht, sagt Alexander Haydn, Sprecher der Männerberatung Wien, im Ö1-Morgenjournal. „Oft ist es aber so, dass die Täter die Therapiekosten nicht selbst aufbringen können. Was nun passiert ist, dass entweder die Therapiefrequenz reduziert und ausgedünnt wird, obwohl das in vielen Fällen Rückfall prognostisch ungünstig ist.“

Programm hilft nicht straffälligen Pädophilen

Die Alternative sei „und das ist die weitaus problematischere Situation, dass diese Weisung zur Therapie nach einem Einwand des Klienten bei Gericht vom Gericht aufgehoben, also ersatzlos gestrichen wird“, sagt Haydn, der am Donnerstag zu dem Thema im Justizministerium war. Dabei hat er über konkrete Fälle berichtet, wo die ursprünglich vorgesehene Therapie tatsächlich gestrichen wurde.

Es gibt auch ein Therapieprogramm der Männerberatung Wien, das sich „Nicht Täter werden“ nennt. 50 Pädophile, die eben kein Täter werden wollen, nutzen es in Wien. Am Freitag hatte ein Mann im Ö1-Mittagsjournal über seine Erfahrungen berichtet. Er muss die 90 bis 100 Euro pro wöchentlicher Therapieeinheit selbst bezahlen. Ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Es gibt keine staatliche Unterstützung, sagt Alex Seppelt, Vizeobmann der Männerberatung: „Es gab mal über drei, vier Jahre anonyme Wirtschaftstreibende, die gespendet haben. Das gibt es jetzt nicht mehr. Das war die einzige Quelle, die extern diese Behandlungen gefördert hat.“

Krankenkasse zahlt bei Diagnose

Die Krankenkasse zahlt 28 Euro pro Einheit, sofern die Betroffenen eine Diagnose erstellen lassen. Laut Schätzungen sind ungefähr 0,2 Prozent aller Männer, das wären in Österreich rund 9.000, kernpädophil – fühlen sich also ausschließlich von Kindern erotisch angezogen. Rund 45.000 haben eine pädophile Neigung oder eine hebephile also Richtung Jugendliche.

Voll finanziert wird aber nur Therapie für Täter, die zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilt und dann vorzeitig mit Therapieweisung aus der Haft entlassen werden. Nach den jüngsten Gesprächen zeigt sich Haydn aber optimistisch: „Ich denke, dass zumindest für ‚Nicht Täter werden‘-Programme es Finanzierungen geben wird, wie es auch in anderen Ländern schon ist. In Deutschland sind diese Programme kostenfrei für Täter, in der Schweiz analog.“ Das Justizministerium bestätigt die positiven Gespräche. Die Justiz selbst sei aber nur zuständig für Therapien nach Verurteilung.

Vorbereitung auf möglichen Ansturm

Dafür werde es nach dem jüngsten Ministerratsbeschluss zusätzlich eine Million Euro Budget geben – allerdings eben nur für bedingt Verurteilte. Alex Seppelt sagt: „Wir müssen abseits der finanziellen Möglichkeiten auch bei den personellen Möglichkeiten viel tun. Wenn jetzt ein Run kommen würde, würden wir das bei den Ressourcen gar nicht schaffen.“ Intern startet die Männerberatung eine Fortbildung für die Arbeit mit mehr Gewalttätern und Pädophilen.