Whistleblower-Plattform Stadt Wien
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Politik

323 Meldungen auf Whistleblower-Plattform

Bei der von der Wiener Stadtregierung vor knapp zwei Jahren eingerichteten Whistleblower-Plattform sind bis Ende Dezember 323 Meldungen eingegangen. In 16 Fällen wurden Verstöße festgestellt. Es gab noch keine strafrechtlich relevanten Ergebnisse.

Auf der Plattform können Hinweise gemeldet werden, wenn der Verdacht besteht, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt nicht korrekt verhalten. Die Stadt will so Korruption, Wirtschaftsdelikten, Bestechlichkeit, Steuerverschwendung und auch Compliance-Verstößen auf die Spur kommen.

Stadt hat 189 Fälle geprüft

Das online erreichbare System ist im Februar 2021 gestartet. Wie das Büro des zuständigen Stadtrats Christoph Wiederkehr (NEOS) Radio Wien mitteilte, sind auf der Plattform bis Ende Jänner 323 Meldungen eingetragen worden. Allerdings betrafen 122 Fälle Bundesbehörden und ausgegliederte Rechtsträger der Stadt wie etwa die Wiener Stadtwerke. Bei zwölf Meldungen handelte es sich offenbar um „Testmeldungen“ ohne Inhalt.

Von jenen 201 Meldungen, die sich auf den Einflussbereich des Magistrats bezogen, wurden 189 erledigt. Und dabei wurden in 16 Fällen Compliance-Verstöße festgestellt. Laut einem Sprecher von Wiederkehr ist zwar noch nichts strafrechtlich Relevantes darunter gewesen, aber es habe in allen 16 Fällen Konsequenzen gegeben.

So sei es etwa zu dienstrechtlichen Maßnahmen wie zur Verwarnung bzw. Versetzung von Mitarbeitern gekommen. Ein Vergabeverfahren wurde einer Nachprüfung unterzogen, und es kam zu einer Nachschulung. Details zu den Fällen gibt die Stadt aus Datenschutzgründen nicht bekannt.

Experte: „Meldungen auch an andere Einrichtungen“

Der Antikorruptionsexperte Martin Kreutner lobte die Einrichtung der Plattform, zur Zahl der aufgedeckten Verstöße sagte er: „Es ist relativ wenig. Ich gehe davon aus, dass es natürlich allfällige Meldungen auch an andere Einrichtungen gegeben hat. Wir wissen ja, dass auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Finanzmarktaufsicht und andere öffentliche Einrichtungen derartige Plattformen haben. Und es kann durchaus sein, dass bei schweren Verstößen allfällig dort gemeldet worden ist.“

Für Wiederkehr ist die Plattform jedenfalls von Bedeutung. „Wien wird dadurch transparenter und fairer. Bereits innerhalb der ersten zwei Jahre hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass Informationen über Missstände anonym, freiwillig und einfach gemeldet werden können“, so der Vizebürgermeister.

Nationalrat hat Schutz von Whistleblowern beschlossen

Was die Stadt Wien schon knapp zwei Jahre hat, soll nun auch auf Bundesebene kommen. Der Nationalrat hat am 1. Februar – mit der Regierungsmehrheit – eine neue gesetzliche Regelung zum besseren Schutz von Whistleblowern (Hinweisgebern) beschlossen. Basierend auf EU-Vorgaben, sieht es die Einrichtung von internen und externen Meldestellen für Hinweisgeber im öffentlichen Sektor sowie in jedem Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten vor.

Die Meldestellen sollen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten und Missstände nachgehen, beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung des Datenschutzes und bezüglich Verstößen im öffentlichen Auftragswesen.

Der private Sektor erhält auch eine externe, betriebsunabhängige Meldestelle, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll. Personen, die internen bzw. externen Stellen (mutmaßliche) Rechtsverletzungen melden, werden unter anderem vor Kündigung, Disziplinarmaßnahmen, Gehaltskürzungen und anderen Repressalien wie Einschüchterung und Mobbing geschützt und können gegebenenfalls Schadenersatz einklagen.